Die neon­azis­tis­che Szene in Südniedersachsen

Die Extreme Rechte ist seit eini­gen Jahrzehn­ten poli­tisch wie sozial in der Region Süd­nieder­sach­sen ver­ankert. Neben dem rechten Rand des Göt­tinger Verbindungswe­sens kön­nen dabei vor allem neon­azis­tis­che Struk­turen auf ein seit mehr als 30 Jahren aktives Net­zw­erk zurück­greifen, welches mancherorts fest im dör­flichen wie städtis­chen sozialen Leben inte­gri­ert ist. Für unsere antifaschis­tis­che Arbeit ger­ade im Umland Göt­tin­gens ist es von zen­traler Bedeu­tung, diese Struk­turen und ihre entschei­den­den Akteure zu ken­nen, um sie let­z­tendlich effek­tiv bekämpfen zu kön­nen. Mit diesem Artikel möchten wir einen Überblick über ihren derzeit­i­gen Stand aufzeigen.

Auch wenn es derzeit bezüglich neon­azis­tis­cher Aktiv­itäten in Süd­nieder­sachen ver­gle­ich­sweise ruhig zu sein scheint, sind ihre grundle­gen­den Struk­turen keineswegs im Schwinden begrif­fen. Das wichtig­ste regionale Net­zw­erk, welches vor allem die Jün­geren unter den Neon­azis organ­isatorisch an sich bindet, ist hier­bei die AG Rhumetal. Ihre haupt­säch­lichen Aktiv­itäten liegen in der Region um Northeim, Katlen­burg und Morin­gen. Gute Verbindun­gen beste­hen aber zu einer Vielzahl an Neon­azis in der gesamten Region. Von ihrem Auftreten her ori­en­tieren sich ihre Mit­glieder am ehesten an den seit den Beginn der 2000er Jahre auftre­tenden sog. „Autonomen Nation­al­is­ten“. Sie pfle­gen also einen an der linken Szene ori­en­tierten „mod­er­nen“ Lifestyle incl. sportlicher Klei­dung, Base­cap und musikalis­chem Miss­brauch an HipHop und Hardcore-​Punk, der sich vom früheren Nazi-​Skinhead-​Auftreten mit Springer­stiefeln und Bomber­jacken dezi­diert unterscheidet.

In der Öffentlichkeit fallen sie vor allem mit gemein­samen Besuchen bun­desweiter neon­azis­tis­cher Aufmärsche oder dem Durch­führen lokaler, vor allem spon­taner Kundge­bun­gen gegen antifaschis­tis­che Vorträge oder zum geschicht­sre­vi­sion­is­tis­chen Gedenken an die northeimer Opfer alli­ierter Bom­bardierun­gen im Zweiten Weltkrieg auf. Man half aber auch der NPD unter anderem bei ihrem Wahlkampf zur Europawahl im Früh­ling 2014. In ihrer Organ­i­sa­tions­form sind sie keine geschlossene Kader­gruppe, son­dern ein Net­zw­erk, dessen Kern ein erweit­erter Fre­un­deskreis darstellt. Den­noch gibt es ein­deutig Führungsfiguren.

Das Net­zw­erk der AG Rhumetal: Rel­e­vante Personen

Zu den Führungs­fig­uren der AG Rhumetal zählen vor allem Roland Ruste­berg und Fabian Zufall, beide aus Northeim. Erst­ge­nan­nter war bere­its Anmelder einer neon­azis­tis­chen Kundge­bung in Bad Nen­ndorf im Novem­ber 2013 und arbeitet als Leiter einer REWE-​Filiale in Northeim. In der Öffentlichkeit tritt jedoch zumin­d­est bei Neonazi-​Aufmärschen noch deut­licher Fabian Zufall als Führungsper­sön­lichkeit auf. Mit seiner im Ver­gle­ich zu seinen anderen „Kam­er­aden“ auf­fäl­li­gen Frisur, die am ehesten noch als rot gefärbter Iroke­sen­schnitt durchge­hen kön­nte, übern­immt er dort als Koor­dinierer und Anpeitscher mit Megaphon eine tra­gende Rolle für den Block aus Süd­nieder­sach­sen. Hier finden sich auf Aufmärschen weit­ere Per­so­nen des Net­zw­erkes, so – um einige Beispiel zu nen­nen – Pas­cal Zin­tarra, Malte Ahlbrecht, Rene Schnee­mann oder Salina Will, welche sich hin­ter dem seit Jahren genutzten Trans­par­ent der früheren Freien Kam­er­ad­schaft Northeim ein­rei­hen („Wo Recht zu Unrecht wird, wird Wider­stand zur Pflicht“).

Pas­cal Zin­tarra, der wie Ruste­berg und Zufall in Northeim wohn­haft ist, war in jüng­ster Zeit beson­ders im Fokus antifaschis­tis­cher Aktiv­itäten. Zusam­men mit eini­gen Fre­un­den fuhr er in unregelmäßi­gen Abstän­den am Woch­enende nach Göt­tin­gen, wo er die (mitunter auch kör­per­liche) Auseinan­der­set­zung mit Men­schen suchte, die nicht in sein vom Gedanken der „Volks­ge­mein­schaft“ geprägtes Welt­bild passten. Diese Aus­flüge ende­ten jedoch nach mehrmals erfol­gter Gegen­wehr und nach seiner Verurteilung wegen Kör­per­ver­let­zung. Seit­dem muss er am Woch­enende Sozial­stun­den ableis­ten. Bei einem seiner Aus­flüge hatte er u.a. den Wirt einer Göt­tinger Kneipe mit den Worten bedacht, Men­schen wie er „müssten ins Gas geschickt werden“.

Malte Ahlbrecht aus Atzen­hausen als weit­ere, beson­ders bei Demon­stra­tio­nen präsente Per­son aus dem Net­zw­erk der AG Rhumetal, soll hier als Beispiel für die Ein­bindung extrem rechter Jugendlicher aus dem südlich von Göt­tin­gen gele­ge­nen Fried­land und der weit­eren Umge­bung dienen. Dort sind seit nicht allzu langer Zeit ver­mehrt neon­azis­tis­che Tags und Graf­fi­tis geschmiert wie auch Sticker verklebt wor­den. Zugle­ich hat sich eine rechte, männlich dominierte Jugend­clique gebildet, die in Verbindung zu den genan­nten Vor­fällen gebracht wer­den muss. Dass Einzelne aus diesem vor allem fre­und­schaftlich ver­bun­de­nen Kreis nun den Weg in die organ­isierte Neon­aziszene gefun­den haben, spricht dafür, den Raum Fried­land aus antifaschis­tis­cher Per­spek­tive zukün­ftig ver­stärkt in den Blick­punkt zu nehmen. Auch in Northeim war es vor ca. vier Jahren eine rechte, rel­a­tiv große Jugend­clique mit einem aus­geprägtem Hang zur Gewalt (so wurde unter anderem ein Besucher einer Kirmes in Boven­den von ihnen schwer ver­letzt) um den weit­er­hin mit bere­its genan­nten Neon­azis fre­und­schaftlich ver­bun­de­nen Ruben Iss­mer, welche das soziale Grundgerüst für das derzeit­ige Net­zw­erk der AG Rhumetal bildeten.

Dass nicht nur Kon­takte nach Fried­land, son­dern auch in das Eichs­feld beste­hen, zeigt die Per­son Rene Schnee­mann (Heili­gen­stadt). Er und sein lokales Umfeld treten regelmäßig gemein­sam mit Mit­gliedern der AG Rhumetal auf. So waren mehrere Neon­azis aus dem Eichs­feld wie aus den Regio­nen um Northeim und Fried­land auf einer Kundge­bung in Heili­gen­stadt anzutr­e­f­fen. Hier ver­suchten sie im Juni 2014 eher verge­blich, auf den kom­menden „Tag der Deutschen Zukunft“, einer jährlichen, bun­desweit organ­isierten Demon­stra­tion der sog. „Freien Kam­er­ad­schaften“ aufmerk­sam zu machen. Ob bei dieser Gele­gen­heit oder in Dort­mund, Magde­burg oder Bad Nen­ndorf, regelmäßig treten diese bei­den eher sozial getren­nten Grup­pierun­gen gemein­sam auf. Ein (kleiner) poli­tis­cher Unter­schied zu den Northeimer AG Rhumetal-​Beteiligten dürfte eine größere Nähe zur NPD sein. So halfen Eichs­felder Neon­azis um Schnee­mann nicht nur beim Wahlkampf zur Land­tagswahl in Thürin­gen, inzwis­chen hat es mit Matthias Fiedler auch einer aus ihren Rei­hen zum NPD-​Funktionär geschafft. Ferner traten mit Fiedler, Schnee­mann oder Mar­tin Lopotsch einige der sog. „Freien Kräfte“ des Eichs­felds als NPD-​Kandidaten zu den diesjähri­gen Kom­mu­nal­wahlen an.

Salina Will aus Scheden ist ein Beispiel für die Aktiv­itäten von Frauen im Net­zw­erk der AG Rhumetal. Sie nahm in der jün­geren Ver­gan­gen­heit an einer Vielzahl von neon­azis­tis­chen Kundge­bun­gen und Aufmärschen mit Beteili­gung der Neon­azis aus Süd­nieder­sach­sen teil. Sie gehört fest zum inneren Kern der neon­azis­tis­chen extremen Rechten in der Region, auch wenn sie nicht wie ihre größ­ten­teils männlichen Mit­stre­iter pro­vokant oder gewalt­tätig auftritt, son­dern sich bei öffentlichen Auftrit­ten eher zurück­hält. Sie bedi­ent damit in bes­timmten Punk­ten das klas­sis­che Geschlechter­bild in der extremen Rechten. Nach diesem wird Frauen eher eine pas­sive, küm­mernde Rolle zugeschrieben, sie sollen vor allem die sozialen oder gar famil­iären Belange als ihre Auf­gabe anse­hen und den poli­tis­chen Kampf den Män­nern über­lassen. Ander­er­seits bringt sie sich aktiv in das poli­tis­che Geschehen ein – einem in extrem rechten Kreisen immer noch hege­mo­ni­alen (seit eini­gen Jahren aber brüchi­gen) Ver­ständ­nis von „Frau“, welches Will am „Herd“ und nicht auf der Straße sieht, wird sie damit nicht gerecht.

Heise, Hoff­mann, Schu­bert und Co: Die wichtig­sten Per­so­nen der Gen­er­a­tion Ü30

Die Jung­nazis der AG Rhumetal kon­nten in ihrer Organ­isierung auf bere­its beste­hende Net­zw­erke älterer Neon­azis auf­bauen. Süd­nieder­sach­sen war ab den späten 1980er Jahren bis weit in die 1990er Jahre hinein eine Hochburg des organ­isierten und mil­i­tan­ten Neon­azis­mus. Die regionalen Struk­turen der Frei­heitlichen Arbeit­er­partei (FAP) bis zu ihrem Ver­bot 1995, die Kam­er­ad­schaft Northeim als das darauf­fol­gende Sam­mel­becken mil­i­tan­ter Neon­azis (war zeitweise die mit­glieder­stärk­ste und gewalt­tätig­ste Kam­er­ad­schaft bun­desweit) und die NPD nach ihrer Öff­nung für eben dieses Spek­trum der extremen Rechten ab Mitte der 1990er Jahre waren und sind Struk­turen, die für eine Kon­ti­nu­ität neon­azis­tis­cher Aktiv­itäten sorgten.

Mit all diesen genan­nten Organ­i­sa­tio­nen ist vor allem Thorsten Heise in Verbindung zu brin­gen. 1969 in Göt­tin­gen geboren, ist er seit über 25 Jahren eine der Führungs­fig­uren. Trat er in seinen Anfangs­jahren noch als Naziskin auf, der trotz mehrerer schw­erer Ver­brechen immer mit über­raschen milden Urteilen rech­nen kon­nte, gibt er sich heute die Fas­sade als „küm­mern­der“ NPD-​Kommunalpolitiker im thüringis­chen Teil des Eichs­felds, lei­der mit rel­a­tiv großem Erfolg. In seinem derzeit­i­gen Wohnort Fret­terode kon­nte der dank dem Ver­sand von Recht­srock und Nazi-​Merchandise Gut­si­tu­ierte bei den diesjähri­gen Kom­mu­nal­wahlen 19 Prozent der Stim­men ver­buchen. In sein Anwe­sen inmit­ten des Ortes lädt er aber nicht nur die lokale Dor­fju­gend ein. Regelmäßig finden dort Kam­er­ad­schaftsabende für Neon­azis aus Thürin­gen, Hes­sen und eben Süd­nieder­sach­sen statt. Heises Anwe­sen dient also nicht nur als sozialer Tre­ff­punkt, son­dern auch als Ort der ide­ol­o­gis­chen Schu­lung und der poli­tis­chen Vernetzung.

Heise ist auch der Organ­isator des jährlich stat­tfind­en­den „Heimattags“ in Leine­felde im Eichs­feld. Es ist das größte Neonazi-​Event in der Region, mit bekan­nten Recht­srock­bands, Red­nern extrem rechter Parteien wie dem Europaparlament-​Abgeordneten Udo Voigt (NPD), Bier und Bratwurst sowie Clowns und Hüpf­burg für die jüng­sten der Teil­nehmenden. Die Struk­tur des Heimattags wird von organ­isierten Neon­azis gestellt, alle bisher genan­nten Per­so­nen waren dort als Besucher_​innen oder als Teil der Organ­i­sa­tion­sstruk­tur. Der Ort des Events ist ein Sport­platz in dem Plat­ten­bauge­biet von Leine­felde. In diesem Vier­tel leben vor allem sozial Benachteiligte ohne große Möglichkeiten der Selb­stent­fal­tung. Mit der Präsen­ta­tion extrem rechter Ide­olo­gien und des dazuge­höri­gen Lebensstils will Thorsten Heise mit seinen Mitstreiter_​innen bewusst eine „System“-Alternative darstellen, mit welcher sich die eigene soziale Lage ins Pos­i­tive verän­dern würde. Lei­der hat er damit rel­a­tiv großen Erfolg, denn eine Vielzahl von Jugendlichen und Fam­i­lien besuchen den „Heimattag“ jährlich – auch wenn die Besucher_​innenzahlen wohl auf­grund der jährlichen antifaschis­tis­chen Gegen­proteste rück­läu­fig sind.

In Süd­nieder­sach­sen hat­ten ab den 2000er Jahren mit Michael Hahn, Patrick Kall­weit und zuletzt Marco Bor­rmann andere frühere Beteiligte der Kam­er­ad­schaft Northeim Heises Strate­gie über­nom­men, ein­er­seits als lokale NPD-„Kümmerer“ vor Ort aufzutreten, ander­er­seits als Verbindungs­glied zu den aktivis­tis­chen Neon­azis wie beispiel­sweise der AG Rhumetal zu wirken. Lokalpoli­tisch aktiv waren diese drei alle im Harz: Hahn in Bad Lauter­berg, Kall­weit in Goslar und Bor­rmann in Osterode/​Scharzfeld. Derzeit gibt es aber nie­man­den mehr in der Region, der diese Funk­tion aus­füllt. Hahn beschränkt sich auf eine Rolle als Hin­ter­bän­kler im Stad­trat und Kall­weit wurde abgewählt und ist ver­zo­gen. Marco Bor­rmann, welcher am offen­sichtlich­sten als Verbindungs­mann zu den jün­geren Neon­azis auf­trat und sich auch nicht scheute, auf Neonazi-​Demonstrationen den süd­nieder­säch­sis­chen Block offen zu koor­dinieren, zog trotz seines Sitzes im Osteroder Stad­trat im Früh­jahr 2014 nach Will­bring­shausen in Nordrhein-​Westfalen. Zwar wird er auf­grund einer nicht allzu großen Ent­fer­nung seines neuen Wohnortes weiter eine wichtige Rolle in den regionalen extrem rechten Struk­turen spie­len. Aber alleine wegen des Aus­bleibens seiner dauer­haften physis­chen Präsenz wird sie jene der Ver­gan­gen­heit nicht erre­ichen. Derzeit ist noch offen, wer seine Funk­tion zukün­ftig aus­füllen wird. Am ehesten wer­den aber wohl Führungs­fig­uren der AG Rhumetal nachfolgen.

Auch auf lokaler Ebene erfolgt die soziale wie poli­tis­che Ein­bindung jün­gerer Neon­azis durch die ältere Gen­er­a­tion. In und um Northeim ist dafür unter anderem Car­men Hoff­mann ver­ant­wortlich. Auf Tre­f­fen und gemein­samen Fahrten in die Natur mit etablierten wie neuen Gesichtern steht sie für die Inte­gra­tion der Let­zt­ge­nan­nten ein. Auch für Frauen in der regionalen Neon­aziszene ist sie eine Führungs­figur. Nach­dem in der NPD Mitte der 2000er Jahre der Ring Nationaler Frauen (RNF) mit dem Ziel, durch ein unverdächtiges und unver­fängliches Auftreten mit Frauen­the­men in der soge­nan­nten „Mitte“ der Gesellschaft zu punk­ten, gegrün­det wor­den war, war Hoff­mann die zen­trale Führungs­frau bei der Entste­hung der RNF-​Regionalgruppe Süd­nieder­sach­sen und hat diese Rolle bis heute inne.
In Harste/​Bovenden ist seit eini­gen Jahren der Sitz des Onli­neshops „Der Ver­sand“, welcher vor allem gängige Hooli­gan– und Streetwear-​Marken vertreibt. Der extrem rechte Hin­ter­grund des Ver­sandes wird durch den Besitzer von „Der Ver­sand“ deut­lich. Timo Schu­bert, der früher bei den Rechtsrock-​Bands „Agi­ta­tor“ und „Haup­tkampflinie“ am Schlagzeug saß, ver­steht sich auch heute noch prächtig mit einer Vielzahl der in der Region leben­den Neon­azis, auch wenn er sich öffentlich von rechten Posi­tio­nen dis­tanziert und auf den ersten Blick keine explizit rechten Klei­dungs­marken vertreibt. Auf eini­gen hau­seige­nen Ange­boten finden sich allerd­ings Codes der neon­azis­tis­chen Szene, zum Beispiel die Zahl 18 (Als Syn­onym für die Abkürzung AH=Adolf Hitler) auf einem Motor­rad für Kinder. Er ist zudem mit „KC Music Lim­ited“ der Rechte-​Inhaber des Mer­chan­dise der rechten Hooligan-​Band „Kat­e­gorie C“. Diese wohl bekan­nteste Rechtsrock-​Band in Deutsch­land heizte bei der „Hooli­gans gegen Salafisten“-Demonstration am 26.10. in Köln die Stim­mung des über 4000 Nazis und Hooli­gans zäh­len­den Mobs an. Der gle­ich­namige Song der Band und Hymne der HoGeSa-​Bewegung, welche ihren Ras­sis­mus offen auf der Straße zeigt, wird eben­falls von Schu­bert pro­duziert.
Die Funk­tion solcher Ver­sände für die Extreme Rechte, ob nun „Der Ver­sand“ von Schu­bert oder der „Witwe Bolte“-Versand von Heise, ist deren ide­ol­o­gis­che Unter­füt­terung. Hier erhal­ten Neon­azis nicht nur die wichtige Klei­dung für den passenden nazis­tis­chen Lifestyle. Vor allem Rechtsrock-​Musik wie Kat­e­gorie C oder die bei Heises W&B-Records unter Ver­trag ste­hen­den Bands sor­gen genau wie eben­falls im Ange­bot enthal­tene (neo-)nazistische Schriften für die Möglichkeit, sich stets im eige­nen Wahn der Volks­ge­mein­schaft ide­ol­o­gisch zu vergewissern.

Weit­ere bekan­ntere Neon­azis der älteren Gen­er­a­tion sind unter anderem Chris­t­ian Asche und seine Lebens­ge­fährtin Ricarda Reichert (wohn­haft in Hard­egsen), die regelmäßig Auf­gaben auf extrem rechten Ver­anstal­tun­gen übernehmen, Hoff­manns Lebenspart­ner Markus Menge oder Markus Gieseler aus Nörten-​Hardenberg. Sie haben für die neon­azis­tis­chen Struk­turen zwar nicht die Bedeu­tung wie die im Vor­feld genan­nten Per­so­nen, soll­ten als langjährig Aktive aber nicht unge­nannt bleiben.

Die neuesten Entwick­lun­gen: Schwedthelms Haus in Nes­sel­rö­den & Messer­schmidts Rückkehr

Im Früh­jahr diesen Jahres wurde öffentlich gemacht, dass Fabian Schwedthelm eine ehe­ma­lige Kneipe in Nes­sel­rö­den in der Nähe von Dud­er­stadt käu­flich erwor­ben hatte. Der auf Aufmärschen regelmäßig im Block der früheren Kam­er­ad­schaft Northeim und jet­zi­gen AG Rhumetal mit­marschierende Neon­azi ver­suchte bere­its vor eini­gen Jahren, einen Kam­er­ad­schaftsabend in Göt­tin­gen zu etablieren. Nach dem Scheit­ern dieses Ver­suchs besteht nun die Möglichkeit, dass die neon­azis­tis­chen Struk­turen der Region seine Immo­bilie für Tre­f­fen sozialer oder poli­tis­cher Natur oder für rechte Lieder­abende nutzen. Dies ist seit dem Früh­jahr bere­its einige Male geschehen, wenn auch nicht in dem zuvor erwarteten Aus­maß. Eine polizeiliche Unter­suchung des Gebäudes erfol­gte bere­its nach eini­gen Tagen der medi­alen Bekan­nt­machung von Schwedthelms Kauf, da er sich auf Face­book mit ver­fas­sungs­feindlichen Sym­bolen präsentierte.

Schwedthelms Immo­bilie sollte ver­stärkt im Fokus antifaschis­tis­cher Aktiv­itäten ste­hen. Häuser in der Hand von Neon­azis dienen nicht nur ihrer kom­mu­nalen Ver­ankerung vor Ort als „ganz nor­male Bürger”. Sie sind auch, wie das Beispiel Fret­terode zeigt, Dreh– und Angelpunkt extrem rechter Struk­turen, in denen zum einen die dazuge­hörige Weltan­schau­ung geformt und gefes­tigt wird, zum anderen die poli­tis­che Ver­net­zung neon­azis­tis­cher Organ­i­sa­tio­nen und Net­zw­erken stat­tfindet. Es gilt zu beobachten, inwieweit sich das Haus in Nes­sel­rö­den als Tre­ff­punkt dieser Struk­turen entwickelt.

Doch nicht nur die Entwick­lun­gen in Nes­sel­rö­den soll­ten aufmerk­sam begleitet wer­den. Auch die Aktiv­itäten von Mario Messer­schmidt seit seiner Haf­tent­las­sung Anfang diesen Jahres bere­iten Anlass zur Sorge. Zu Erin­nerung: Der besagte Neon­azi und frühere Frem­den­le­gionär wurde 2009 verurteilt, weil er in der Göt­tinger Moonlight-​Bar, einem Striplokal in den Hän­den der Hells Angels, während einer extrem rechten Geburt­stags­feier mit einer Pump­gun auf Anwe­sende schoss und im Anschluss daran mit via EC-​Karte bezahlten Tankstellen-​Benzin ver­suchte, das Lokal anzuzün­den. In der darauf­fol­gen­den polizeilichen Razzia fand man bei ihm Unmen­gen an Waffen.

Nach dem Absitzen seiner Haft­strafe, während derer er unter anderem Dro­hbriefe an die Göt­tinger Rote Hilfe ver­fasste, ver­suchte er schnell wieder Anschluss in der regionalen Neonazi-​Szene zu erre­ichen. Er lief bei neon­azis­tis­chen Aufmärschen im Block der AG Rhumetal mit und besuchte den „Heimattag“ in Leine­felde genauso wie das Haup­tquartier des inzwis­chen ver­bote­nen Chap­ters der Adeleb­ser Hells Angels. Hier suchte er skur­ril­er­weise den fre­und­schaftlichen Kon­takt aus­gerech­net zu den Per­so­nen, auf die er in der Moonlight-​Bar geschossen hatte. Hier ist vor allem Antonino Muce zu nen­nen, der inzwis­chen wegen schw­erer Erpres­sung inhaftierten Ex-​Chef des Hells Angels-​Chapters, welcher sich bere­its in den 1990er Jahren im Umfeld der FAP bewegte.

Eine poli­tis­che Heimat fand der momen­tan in Adeleb­sen wohnende Messer­schmidt in der neuen neon­azis­tis­chen Partei Die Rechte, für welche er mit 88 Prozent er in den Bun­desvor­stand gewählt wurde – also in einen keines­falls unbe­deu­ten­den Posten. Während der eher als narzis­stis­cher Einzelkämpfer bekan­nte Messer­schmidt in den regionalen etablierten Struk­turen nicht die von ihn gewün­schte Posi­tion fand, hat er nun die Möglichkeit, in einer im Ver­gle­ich zur NPD im Wach­sen begrif­f­e­nen Partei extrem rechte Poli­tik nach seinem Willen zu betreiben. Dass er dies zweifel­sohne auch in Süd­nieder­sach­sen ver­suchen wird, zeigt sich in Gün­ter­sen: Hier hat er für den 28. Feb­ruar eine Gedenkdemon­stra­tion für Horst Wes­sel angemeldet. Sollte diese dort oder an einem Alter­na­tivort tat­säch­lich stat­tfinden, müsste allen Antifaschist_​innen in Süd­nieder­sach­sen klar sein, dass man sich an diesem Tag Nazis in den Weg stellen sollte.