Warum wir nicht mit der Bun­deswehr diskutieren

Die Zus­tim­mung zu kriegerischer Gewalt ist in Deutsch­land ein heik­les Thema. Die öffentliche Mei­n­ung muss medial bee­in­flusst wer­den, um Rück­halt für die Außen­poli­tik der Bun­desre­pub­lik zu schaf­fen. Mit­tler­weile haben die Kriegführen­den gel­ernt, die notwendige Stim­mung in der Bevölkerung zu erzeu­gen. Denn ein Krieg braucht Rück­halt an der „Heimat­front“, sonst kann er nicht beste­hen. Ein anti­mil­i­taris­tis­cher Stand­punkt muss an diesem Wis­sen anset­zen – und die Kriegspro­pa­ganda unmöglich machen.

Oft wird der Vor­wurf laut, die Ver­weigerung, mit der Bun­deswehr zu disku­tieren, sei irgend­wie undemokratisch, unfair und unwis­senschaftlich. Wis­senschaft bestünde aus Diskus­sion und Aus­tausch von Argu­menten. Wir hal­ten viel von Wis­senschaft, eine wis­senschaftliche Diskus­sion kann jedoch nur unter Gle­ichgestell­ten stat­tfinden. Der Job der Bun­deswehr ist es aber nicht, mit Leuten auf Augen­höhe zu disku­tieren. Die Bun­deswehr ist eine Insti­tu­tion der Gewalt. Ihre Meth­o­den der Auseinan­der­set­zung bewe­gen sich nicht auf einer wis­senschaftlichen Ebene mit Argu­menten – ihre Mit­tel sind Panzer und Bomben. Wis­senschaft kann nicht stat­tfinden, wenn hin­ter dem Rücken eines Diskus­sion­spart­ners eine bewaffnete und kriegführende Gewalt steht. Denn Wis­senschaft erfordert Kri­tik, Diskus­sion und Logik – sie wird unmöglich gemacht durch den Ein­satz von Kraft, Über­legen­heit und Bedrohung.

Natür­lich muss man sich an der Uni­ver­sität mit den Phänome­nen Krieg, Bun­deswehr und „Sicher­heit­spoli­tik“ auseinan­der­set­zen. Wir sind deshalb dafür, über die Bun­deswehr zu reden, aber nicht mit ihr. Die Bun­deswehr an sich ist keine poli­tis­che Insti­tu­tion, son­dern der Poli­tik unter­stellt. Es kann nicht ihre Auf­gabe sein, ihren eige­nen Ein­satz medial aufzuar­beiten, zu bewer­ben oder zu recht­fer­ti­gen. Genauso wie die Poli­tik vom Mil­itär getrennt ist, hat auch die Diskus­sion um Legit­im­ität und Sinn der Bun­deswehr nicht mit deren Befehlsempfängern abzu­laufen. Stattdessen muss ins­beson­dere bei der Anwen­dung von organ­isierter mil­itärischer Gewalt eine unab­hängige und kri­tis­che Öffentlichkeit den Diskurs prägen.

Wer sich ern­sthaft wis­senschaftlich mit der Rolle der Bun­deswehr auseinan­der­set­zen will, findet dafür ein aus­re­ichen­des Ange­bot vor, aus dem ins­beson­dere die Infor­ma­tion­sstelle Mil­i­tarisierung her­aussticht. Ein Ange­bot, das eine wis­senschaftliche Basis hat: Belege, Hin­ter­grund und Sach­lichkeit. Die 2013 an der Uni Göt­tin­gen durchge­führte Ver­anstal­tung mit Johannes Clair (Vgl. den Text: „Was ist der Arbeit­skreis Außen– und Sicher­heit­spoli­tik?“ in dieser Broschüre) zum Beispiel hatte nie das Ziel, eine wis­senschaftliche Auseinan­der­set­zung zu fördern. Sie diente lediglich dazu, ein Gefühl für die ver­flixte Lage der armen deutschen Sol­daten zu ver­mit­teln. Sie hat nicht Aufk­lärung und Analyse zum Ziel, son­dern emo­tionale Beeinflussung.