Redebeitrag zur Refugee-Welcome-Demo am 17.10.

Vor dem Hintergrund von Armut, Krieg, Unterdrückung und Ausbeutung fliehen Millionen Menschen auf der Suche nach Schutz und menschenwürdigen Lebensbedingungen nach Europa. In den letzten Wochen gelang es tausenden Geflüchteten die östlichen EU-Grenzen zu überwinden und in die Bundesrepublik einzureisen. Gleichzeitig und in Reaktion formieren sich vor Ort Bündnisse, die Geflüchteten materielle Hilfe leisten und die Not zumindest lindern wollen. Sie verteilen Sachspenden und Essen und verbreiten ein wenig soziale Wärme.

Doch trotzdem wird die Situation in den Unterkünften und Aufnahmelagern immer prekärer. So müssen Geflüchtete in Friedland über Monate auf ihre Erst-Aufnahme im Lager warten. Die Kapazität des Lagers von 700 Plätzen ist bereits um das vierfache überschritten. Bei den Essensausgaben reichen die Portionen nicht mehr für alle und Krankheiten grassieren wegen der fehlenden medizinischen Untersuchungen. Nur durch Spenden von Privatpersonen wird der alltägliche Bedarf an Hygienemitteln und Kleidung gedeckt – unglaublich angesichts prall gefüllter Ladenregale in Deutschland.

Über Jahre hinweg wurden primär Luxussanierungen und der Bau von teurem Wohnraum vorangetrieben, während sich der Bestand an Sozialwohnungen drastisch verringert hat. Zur gleichen Zeit wird in großem Umfang der Leerstand von Wohnungen geduldet. Das dient ausschließlich der Spekulation und Steigerung privater Profite. Angesichts dieser bewussten Politik kommt man nicht umhin, die Überfüllung von Flüchtlingsunterkünften auch als Teil einer Inszenierung zu begreifen. Eine Inszenierung, durch die ein nicht zu bewältigender Notstand vorgetäuscht und eine weitere Verschärfung der Flüchtlingsspolitik durchgesetzt werden soll. In Dresden stehen 20000 Wohnungen leer, trotzdem wurde dort eine Zeltstadt aufgebaut. München verzeichnet jährlich über 13 Millionen touristische Übernachtungen. Dennoch mussten Geflüchtete dort auf dem Bahnhofsboden schlafen. Dass so etwas unumgänglich sein soll, mag glauben, wer will – wir glauben es nicht. Wir benennen es als die Farce, die es ist.

Die Antwort der Regierenden auf diese Zustände ist nicht etwa ein Plan zur schnellstmöglichen Abhilfe durch die Zurverfügungstellung der notwendigen Kapazitäten und Mittel. Ihre Antwort ist Abschottung, Entrechtung und Verelendung. Erst gestern wurde ein Gesetz verabschiedet, das durch massive Ausdehnung der Lagerunterbringung für Geflüchtete und Leistungskürzungen die bisherige Situation weiter verschärft. So müssen Geflüchtete doppelt solange in den schon jetzt überfüllten Erstaufnahmelagern bleiben und die Versorgung in diesen Lagern wird fast vollständig auf Sachleistungen reduziert. Für sogenannte vollziehbar Ausreisepflichtige, d.h. Personen, denen die Behörden jeglichen Anspruch auf ein Bleiberecht verweigern, sollen sogar die am gesetzlichen Existenzminimum liegenden Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes gestrichen werden. Lediglich ihre ‚physische Existenz‘ darf künftig gesichert werden. Dies gilt ebenso für Geflüchtete, die unter die Dublin-Regelungen fallen oder aufgrund anderer Abkommen anderen Mitgliedsstaaten zugewiesen werden sollen. Eine Ankündigung der Abschiebung soll in Zukunft bundesweit verboten werden. Bedrohte Menschen werden damit einer tagtäglichen Ungewissheit und Angst ausgesetzt. Durch die Einstufung von Kosovo, Albanien und Montenegro als sogenannte “sichere Herkunftsländer”,wird außerdem die Unterscheidung zwischen vermeintlich “guten” und “schlechten” Geflüchteten weiter verschärft. Es ist ekelhaft, wie diese zwei Gruppen permanent gegeneinander ausgespielt werden.

Anstatt solcher grausamer und unmenschlicher Gesetzesverschärfungen und der kollektiven Bestrafung einer ohnehin prekären Gruppe brauchen wir ein sofortiges Ende der Mangelverwaltung und Lagerunterbringung. Bereits vorhandener, leerstehender Wohnraum muss umgehend für Geflüchtete zugänglich gemacht werden. Der seit Jahren bekannte Mangel an günstigem Wohnraum muss auch langfristig durch kommunale Wohnungsbauprogramme beseitigt werden.

Wir fordern die Rücknahme dieser diskriminierenden Regelungen und die endgültige Abschaffung von Sachleistungen, Arbeitsverbot und Residenzpflicht.

Kein Krieg gegen Flüchtlinge! Fluchtwege öffnen, Flüchtlinge aufnehmen! Bleiberecht für Alle!