Unpolitischer Fußball? Derbytime in Leipzig

Anti-Antifa Zaunfahne bei einem Spiel von Lokomotive Leipzig

Am Sonntag, dem 13. November 2016, treffen zum ersten Mal nach mehreren Jahren die ersten Mannschaften der BSG Chemie Leipzig und des 1. FC Lokomotive Leipzig aufeinander. Das Spiel im Alfred-Kunze-Sportpark in Leipzig-Leutzsch ist kein normaler Wochenendkick, daher stellt sich die Frage: Wie von antifaschistischer und linker Seite damit umgehen?

Seit Jahren wird der aktive Kern der Fanszene von Lok Leipzig von Neonazis und rechten Strukturen dominiert. Die neonazistischen Strukturen sind ungebrochen und erleben in den letzten Monaten nicht nur in Leipzig einen stärkeren Aufwind.

Bisheriger Höhepunkt war der Angriff in Connewitz im Januar dieses Jahres, bei denen neben altbekannten Neonazis auch eine größere Anzahl neonazistischer Fußballfans beteiligt war.

Auf der anderen Seite stehen am Sonntag die Fans der BSG Chemie. Teile der Ultras und Fans verstehen sich als antirassistisch, antifaschistisch und links. Dennoch: Ebensowenig wie bei Lok Leipzig alle Fans im Stadion überzeugte Neonazis sind, finden sich bei Chemie nur AntifaschistInnen oder AntirassistInnen im Stadion. Auch bei Spielen der BSG Chemie kommt es manchmal zu rassistischen und neonazistischen Sprüchen und Liedern, die gerade von “älteren Fans” als Tradition oder “unpolitische Meinungsäußerung” abgetan werden. Im Gegensatz zu Lok Leipzig gibt es aber bei der BSG Chemie eine aktive Fanszene, die versucht zu intervenieren und so etwas zu unterbinden.

Wie als fußballuninteressierte Antifas mit dem Spiel umgehen?

Nicht nur für die rechten Akteure bei Lok Leipzig gelten die Fans der BSG Chemie in Gänze als “links” und “antifaschistisch”. Auch die Leipziger Polizei behandelt die Chemie-Fans entsprechend.

Klar ist, dass Neonazis, Hooligans und rechte Fans von Lok Leipzig nicht unterscheiden zwischen Ultras von Chemie und antifaschistischen Menschen in Leipzig, denen Fußball scheiß egal ist. Menschen die sie als “links” wahrnehmen und angreifen können, sind für sie ebenso angemessene “Gegner” wie Fans des Lokalrivalen BSG Chemie. Dies zeigte sich auch beim Angriff auf Connewitz, der anfangs von der Leipziger Polizei als Fußballauseinandersetzung zwischen Lok Leipzig und dem Roten Stern Leipzig (RSL) verharmlost wurde, da die Angriffe vor dem Fanlanden des RSL begannen.

Der aktive, überwiegend neonazistische Kern der “Fanszene Lok Leipzig”, rund 150 Personen, hat vom Ordnungsamt ein Aufenthaltsverbot für das Umfeld des Stadions erhalten. Dies ist eine repressive Maßnahme, die ebenso von linker Seite zu verurteilen ist. Sie unterscheidet sich kaum von Ausreiseverboten für sogenannte “Störer” anlässlich politischer Proteste in anderen Ländern oder innerhalb Deutschlands wie etwa bei Protesten in Frankfurt am Main im Jahre 2012.

Antifaschistischen Selbstschutz organisieren

Insbesondere an diesem Wochenende muss mit Übergriffen von Neonazis und “Hooligans” auf “Linke” und deren Projekte gerechnet werden. Auch ein Erscheinen größerer Gruppen in Connewitz ist nicht unwahrscheinlich. Für AntifaschistInnen in Leipzig bedeutet dies, sich zu schützen und auf Angriffe vorzubereiten. Damit sind linke Projekte ebenso gemeint wie übliche Treffpunkte.

Die Angreifer sind in der Regel dieselben Neonazis bzw. deren Strukturen, die seit Jahren in Leipzig AntifaschistInnen und linke Strukturen angreifen. Sie gilt es zurückzuschlagen. Es handelt sich beim Derby nicht nur um ein belangloses Fußballspiel zwischen zwei Vereinen in den Niederungen der Fußballwelt, sondern für Neonazis um den Kampf gegen “links”, den sie am Wochenende aktiv austragen wollen.

Für das Wochenende kommt hinzu, dass am Samstag der Berliner BFC Dynamo bei RB Leipzig II zu Gast ist. Der BFC wird seit vielen Jahren von Teilen der Berliner und Brandenburger Neonaziszene unterstützt. So griffen am 3. September 2016 rund 200 Neonazis und Anhänger der BFC nach einem Spiel im Mauerpark ein Fest eines Kulturvereins aus Kamerun an.

Unterstützt antifaschistische und antirassistische Strukturen in der Gesellschaft, auch wenn euch Fußball egal ist. Schützt linke und antifaschistische Strukturen in Leipzig und überall wo sie bedroht werden. Nicht nur an diesem Wochenende, sondern immer.


Text zugesandt von: anonym