Highlights des 30C3

Besser als Youtube-Disco: Eine Auswahl der besten Vorträge vom Jahreskongress des Chaos Computer Clubs.

Ende vergangenen Jahres fand in Hamburg der 30. Kongress des Chaos Computer Club (CCC) statt. Die zahlreichen Vorträge und Workshops sind nicht nur für “Nerds” interessant, sondern im Zeitalter digitaler Überwachung und die der sie begünstigenden Selbstentblößung auch wertvoll für Menschen, die sich kritisch mit Repression und subversiven Gegenstrategien beschäftigen.

Was ist der CCC?

Beinahe programmatisch hat Joachim Scharloth über den CCC geschrieben:

  • “Die Community wird nicht nur über einen computerzentrierten Lebensstil zusammengehalten. Sie ist sich einig in der Forderung nach Einhaltung von Grundrechten, im Kampf für ein Recht auf Anonymität, um transparente staatliche Institutionen und ein freies Netz. Und die Community weiß, was zu tun ist: offene technische Lösungen für möglichst spurenarme und sichere Kommunikation entwickeln, konstruktiv auf demokratische Entscheidungsprozesse und gesellschaftliche Debatten einwirken und wo das nichts nützt, sich an Protesten zu beteiligen, auch aktionistisch.
     
    Der CCC ist nicht das revolutionäre Subjekt, von dem manche zu träumen scheinen. Er ist das organisatorische Rückgrat eine Community, die meistens still (und leider manchmal auch etwas unkoordiniert), aber beharrlich an ihren Projekten arbeitet. Er bezieht sein öffentliches Gewicht aus der technischen Kompetenz seiner Mitglieder und nicht daraus, dass er meinungsstark auf der Klaviatur der sozialen Medien spielt. Er ist keine straff organisierte NGO und schon gar keine Kaderorganisation.”

“Überwachen und Sprache”

Von Scharloth gibt es einen empfehlenswerten Vortrag über Textanalyse zur Erkennung “kritischer” Autor_innen. Er untersucht und vergleicht die Inhalte u.a. von indymedia, kreuz.net und eines FAZ-Blogs, um ein mögliches – oder angebliches – “Gefährderpotential” zu entdecken. Scharloths Schluss: Keine der staatlichen Institutionen, die solche Textanalysen anwenden, erklären bisher, anhand welcher Regeln sie ihre Bewertung vornehmen.

Die dunkle Seite

Anquatschversuche sind für politisch aktive Menschen nicht neu. In diesem Jahr wurden Teilnehmer_innen auf dem Kongress gezielt von Mitarbeiter_innen der Firma “Security Solutions Ltd.” angeworben. Dabei war erkennbar, dass diese Firma nicht für “die Guten” arbeitet, sondern im Überwachungsgeschäft tätig ist. Von den etwa 100 angesprochenen Personen kamen tatsächlich zwei mit ins “Hinterzimmer”, um dort erst einmal eine Vertraulichkeitserklärung zu unterschreiben.

Allerdings handelte es sich um eine Inszenierung: Die Mitarbeiter_innen waren Schauspieler_innen, die übrigens auch von einigen nichteingeweihten freiwilligen Helfer_innen vom Gelände geschmissen wurden. Der “stellvertretende Geschäftsführer” der Firma trug dann noch zum Abschlussvortrag bei, wurde hier aber nach einiger Zeit unter Buhrufen von der Bühne eskortiert. – Hier zu sehen ab ca. 9:11 min:

“We’re living in interesting times”

Ein wichtiger Protagonist unter den Überwachungsgegnern ist Jacob Appelbaum. Von ihm sind gleich mehrere Vorträge zu empfehlen. Beim Kongress sprach er über aktuelle Entwicklungen des Anonymisierungsnetzwerks Tor und den Argumentationsstrategien seiner Gegner:

In Appelbaums Vortrag “To protect and infect. Part II” enthüllte er bis dato unbekannte Überwachungstechniken und Hintertüren der NSA in zahlreichen Computersystemen, die in den Snowden-Dokumenten dokumentiert sind:

Im Gegensatz zu den meisten Hackern (und dem Rest der Welt) sieht Appelbaum sich und seine Handlungen als politisch. Er vergleicht die aktuelle Situtation der (Computer-) technisch versierten Menschen mit den frühen Kämpfen der Arbeiter_innen und spricht von einem Klassenkampf – genauer: von einem Kampf der Hacker_innen gegen die Überwacher und Unterdrücker.

Snowden nicht vergessen

Abschließend sei der Audiomitschnitt der Keynote des Guardian-Journalisten Glenn Grennwald empfohlen. Hier berichtet er, wie er noch vor einer Weile von Appelbaum belächelt wurde, als er stolz verkündete, sich nun mit dem Verschlüsselungsprogramm Truecrypt auszukennen. Seine Kongress-Rede ist ein Aufruf dazu, die eigenen Daten konsequent zu verschlüssseln. Außerdem erzählt er über die Rettung Edward Snowdens:

Es empfiehlt sich übrigens ein tieferer Blick in die Mediathek der Kongress-Vorträge. Neben vielen technischen Entwicklungen geht es dabei auch um gesellschaftliche Verhältnisse.


Text zuesandt von: anonym