Warum der NPD-Nachwuchs Szymanski abschießt

Es ist eine dürre Meldung, mit der die NPD gestern überraschend mitteilte, Holger Szymanski werde sich „mit sofortiger Wirkung von seinen Ämtern” zurückziehen. Bis dato war der 42-Jährige Bundesgeschäftsführer und sächsischer Vorsitzender. Erst vor gut drei Monaten war er erneut an die Spitze des Landesverbandes gewählt worden.

„Apfel 2.0“

Details nennt die NPD nicht, von „persönlichen Gründen“ ist die Rede. Doch das stimmt nur zum Teil. Die Hintergründe erinnern an eine Causa „Apfel 2.0“. Fast auf den Tag genau vor einem Jahr nahm sie ihren Anfang. Damals startete der Parteinachwuchs der „Jungen Nationaldemokraten“ im Freistaat eine Kampagne, die sich vorgeblich gegen Drogen richtete. Tatsächlich ging es darum, der taumelnden und kurz darauf bei der Landtagswahl scheiternden Partei mit Szymanski als Spitzenkandidat maximale Aufmerksamkeit zu bescheren. Dafür schlüpften JN-Mitglieder in ein Plüschkostüm („Der Platzhirsch“), gingen in Schulklassen und filmten sich dabei.

Für die Neonazis war es eine gelungene Propagandaaktion, die Wellen schlug. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz spricht aber von Hausfriedensbruch. Als der „Platzhirsch“ schließlich am Landtag in Dresden posierte, unter anderem für ein Foto mit Holger Szymanski, griff die Polizei ein. Unter dem Kostüm, das an ein braunes Schwein erinnert, steckte Daniel Speck, ehemals Student der HTWK Leipzig.

Verhängnisvolle Hausdurchsuchung

Dann, am 25. März diesen Jahres, folgten Hausdurchsuchungen bei mindestens sechs Beschuldigten. Darunter: der sächsische JN-Vorsitzende Paul Rzehaczek (25) aus Eilenburg und sein Stellvertreter Steffen Trautmann (28) aus Döbeln – sowie Holger Szymanski. In der Zwischenzeit sollen mehrere Beschuldigte Akteneinsicht genommen haben. Was sie zu sehen bekamen, lieferte reichlich Munition gegen den blassen Parteiführer.

Denn in den Unterlagen enthalten war eine datenforensische Auswertung der Festplatten, die BeamtInnen bei Szymanski beschlagnahmt hatten. Demnach hortete er pornografisches Material. Dessen strafrechtliche Relevanz steht zwar nicht fest. Doch liegen die Interessen des Dresdners offenbar jenseits der Parolen seiner eigenen Partei. Damit konfrontiert zog Szymanski die Reißleine.

NPD im Wiederholungszwang

Über personelle Änderungen, die sich aus seinem Rücktritt ergeben, will das Parteipräsidium am kommenden Dienstag befinden. Ein Déjà-vu ist da nicht ausgeschlossen. Denn es war Szymanski, der Anfang 2013 unter besonderen Umständen den Landesvorsitz übernommen hatte. Der Vorgänger hieß Mario Löffler, dessen Ausscheiden lapidar mit einer „privaten Situation“ erklärt worden war. Anfang 2014 ersetzte Szymanski dann den inzwischen geschassten Holger Apfel in der Landtagsfraktion.

Apfel war damals parteiintern vorgeworfen worden, übergriffig gegen einen jungen Kameraden geworden zu sein. Das Opfer war der spätere „Platzhirsch“-Darsteller Daniel Speck. Andere namhafte JN-Funktionäre waren nachher beteiligt an einer Konfrontation Apfels, die ihn zum Rücktritt zwang. Auch hier war zunächst fälschlich von persönlichen Gründen („burn out“) gesprochen worden.

Mit Szymanski büßt die NPD einen ohnehin umstrittenen Funktionär ein. Bereits kurz nach seiner Wahl zum Landesvorsitzenden war bekannt geworden, dass er zwischen 1998 und 2002 für das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen gearbeitet hatte. Szymanski dementierte das zwar. Zugleich lehnte er es dem Vernehmen nach bis zu Schluss ab, gegenüber Parteigremien eine eidesstattliche Versicherung abzugeben. Presseberichte verwiesen allerdings auf eine sogenannte Entpflichtungserklärung, die er 2002 unterschrieben haben soll und die seine V-Mann-Tätigkeit belegt.


Text zugesandt von: anonym.