Auto als Waffe – Verfahren in Leipzig eingestellt

Wie durch einen neuen Artikel im Stadtmagazin kreuzer bekannt wurde, ist das Verfahren gegen den rechten Altenburger Gebhard Berger wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung und Nötigung eingestellt worden. Gebhard Berger beteiligte sich am 26. November 2022 an der “Ami go Home”-Demonstration des “Compact-Magazins” in Leipzig und fuhr mit seinem auffälligen Auto wiederholt in antifaschistische Gegenproteste.

Pikant: Bei all diesen Taten von Berger war laut Zeug*innen die Polizei vor Ort. Somit waren die Ermittlungen nicht auf Aussagen von direkt Betroffenen angewiesen. Mögliche Zeug*innen der Tat mussten von Beginn an mit Gegenanzeigen und Ermittlungen rechnen, wie Berger gegenüber der LVZ deutlich machte. Ob Verfahren gegen Antifaschist*innen ebenfalls eingestellt wurden oder noch laufen, geht aus dem Beitrag im kreuzer nicht hervor. Dass Polizei und Justiz rechten Tätern oftmals jegliche politische Motivation absprechen, hat das Urteil im Dezember 2023 im Henstedt-Ulzburg-Verfahren erneut gezeigt.

Am 21. Januar 2024 fuhr erneut ein bisher Unbekannter mit einem Pick-Up in die Demonstration gegen Rechts in Leipzig. Hierzu sollen laut Leipziger Staatsanwaltschaft noch Ermittlungen laufen. Diese werden sicherlich ohne eindeutige Beweise, wie z.B. Video-Aufnahmen der Tat, ebenso eingestellt werden wie das Verfahren gegen den Augenoptiker Gebhard Berger aus Altenburg.


Text zugesandt von: anonym

Dörk Lange: Nazi in Leipzig-Connewitz unterwegs

Dörk Lange 2012 auf einer NPD-Kundgebung in Leipzig. Foto: indymedia linksunten.

In den vergangenen Wochen, zu Beginn des Jahres 2024, wurde der Neonazi Dörk Lange mehrfach im links geprägten Leipziger Stadtteil Connewitz gesehen. Das nehmen wir zum Anlass, über Dörk Lange zu informieren und vor ihm zu warnen.

Dörk Lange fällt seit mindestens 15 Jahren als regelmäßiger Teilnehmer an neonazistischen Veranstaltungen auf. Er nahm an zahlreichen Aufmärschen teil, etwa am 14. Mai 2011 in Berlin-Kreuzberg (Bild 49), im Jahr 2012 an NPD-Kundgebungen in Leipzig und seit 2020 an verschwörungsideologischen Versammlungen im Rahmen der Corona-Pandemie. Lange besucht auch Nazikonzerte, etwa das “Rock für Deutschland” in Gera im Jahr 2013.

Auch bei rechten Kampfsportveranstaltungen ist Dörk Lange anzutreffen. Fotos zeigen ihn etwa am 3. April 2011 inmitten einer größeren Gruppe neonazistischer Lok-Leipzig-Fußballfans bei der “Pride and Glory Freefight Championship” in Köthen. Erst vor einem Jahr, am 5. Februar 2023, besuchte er die von rechten Türsteherkreisen organisierte Veranstaltung “Ostdeutschland kämpft” im SAX Dölzig. Im Jahr 2016 war Dörk Lange Teil einer bewaffneten Gruppe aus rund 40 Lok-Leipzig-Hooligans, die nach Gera reisen wollte, um dort antifaschistische Fußballfans anzugreifen. Ein Rechercheartikel dazu beschreibt Dörk Lange als aggressiven und gewalttätigen Neonazi, der auch AntifaschistInnen auskundschafte.

Oft begleitet Dörk Lange auch andere Neonazis zu Gerichtsverhandlungen, wenn diese sich beispielsweise wegen rassistischer Übergriffe oder dem Angriff auf Connewitz am 11. Januar 2016 verantworten müssen. Auch als im Jahr 2015 eine Reichsbürger-Gruppe zum Besuch einer Gerichtsverhandlung in Leipzig aufrief, waren Dörk Lange und weitere Neonazis unter den Anwesenden.

Dörk Langes letzter bekannter Wohnort liegt im Triftweg im Leipziger Stadtteil Marienbrunn, unweit von Connewitz. Da wir ihn für aggressiv und gewaltbereit halten, möchten wir hiermit vor ihm warnen.

Dörk Lange (3.v.l.) am Rand einer verschwörungsideologischen Kundgebung am 18.5.2020 in Leipzig. Links neben ihm wahrscheinlich Tobias Kayser. Foto: Pixelarchiv.


Text zugesandt von: anonym

Beginnt der Wahlkampf in Sachsen mit Silvester in Leipzig?

Überwachung auf dem Dach der HTWK, Quelle https://twitter.com/StreeNewsLE/status/1476594549640290308

Silvester in Deutschland hat sich für Politik und Medien in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Termin entwickelt, um Gesetzesverschärfungen zu fordern und voran zu treiben, aber auch für mediale Hetze gegen deklassierte „Deutsche“ und „Migrant*innen“. Wochenlang schäumte der rechte Mob aus Politik und Presse nach dem letzten Jahreswechsel in Berlin in Vorbereitung der Landtagswahl in der Stadt. Ähnliches scheint auch für Sachsen nicht ausgeschlossen, wird doch am 1. September 2024 gewählt, zumal Silvester in Leipzig seit jeher als Politikum gilt.

War Silvester 2022/2023 nicht entspannt?

Die Polizei war wie in den vergangenen Jahren in Connewitz stark präsent, hielt aber im Vergleich zu den Jahren davor wieder mehr Distanz zu den Menschen am Connewitzer Kreuz. Sie stand also nicht mit BFE-Truppen an jeder Ecke zwischen den Menschen, sondern etwas Abseits in den Seitenstraßen, um dann später doch mit Wasserwerfer und Hundertschaften gegen die Menschen auf der Kreuzung vor zu gehen. Begründet wurde dies wegen Feuern aus „Unrat“, welche nur mit Wasserwerfer gelöscht werden können. Einzelner Bewurf gegen die Wasserwerfer von den noch wenigen verbliebenen Menschen am Kreuz, wurde zu „Sachbeschädigung an Polizeifahrzeugen“ erklärt, es kam zu Festnahmen.

Während sich die Pressemitteilung der Polizei recht harmlos liest und der mediale Fokus fast ausschließlich auf Berlin lag, steigerte die Polizei Leipzig abermals fast unbemerkt die Statistik für „politisch motivierte Kriminalität-links“. 15 Einträge listet die Bundesregierung in einer Antwort auf eine AfD-Anfrage für den 01.01.2023 in Leipzig auf, hinzu kommen 8 Eintragungen für den 02.01.2023, die sich auch als Nachmeldungen interpretieren lassen. Zum Vergleich, für Berlin finden sich vom 01.01.2023 – 03.01.2023 nur vier Einträge.

Bereits für den 13. Dezember 2023 steigerte die Polizei Leipzig die Repression gegen die Bewohner*innen von Connewitz. Den ganzen Tag kreisten BFE-Einheiten durch den Stadtteil, auf dem Wiedebach-Spielplatz wurde ein Flutlicht aufgestellt und in der Nacht wahllos Menschen auf die Wache verschleppt oder auf den Straßen mit „Maßnahmen“ traktiert.

Es ist auch für dieses Jahr damit zu rechnen, dass jede Rakete oder Böller in Richtung der Polizei in Connewitz als „politisch motivierte Kriminalität – links“ gezählt wird. Schließlich braucht die CDU Sachsen, die Soko LinX und der Innenminister Armin Schuster den Stadtteil für den Wahlkampf gegen „Linksextremismus“.

In den Medien wurde bereits vorgelegt, der MDR behauptet:

“Besonders in Leipzig – und da vor allem rund um das Connewitzer Kreuz – wird die Polizei in erhöhter Alarmbereitschaft sein. Seit Jahren gibt es hier Ausschreitungen – zum Teil gewalttätig und mit brennenden Mülltonnen und Autos.”

In der LVZ ist von einer „Abstrakten Gefährdungslage“ die Rede. Vor den obligatorischen Polizeifestspielen in Connewitz, gibt es eine Kundgebung vor dem Knast.

Verständlich, nimmt die Repression doch immer weiter zu.


Text zugesandt von: anonym

Nazis und rechte Hegemonie im Umfeld von Lok Leipzig

"Blue Side Lok"-Tag (links im Bild), mutmaßlich gesprüht mit Unterstützung des Hooligans und Neonazis Benjamin Brinsa. Screenshot: bild.de

“Stadtrat nach Autobahn-Schmiererei erwischt” titelte eine Boulevardzeitung am 10. Januar 2023 (Pressearchiv, TOR-Link). Auch die LVZ berichtete. Es geht um den Hooligan und Neonazi Benjamin Brinsa, der am Wochenende zuvor zusammen mit fünf anderen jungen Männern in der Nähe von Leipzig mutmaßlich beim Sprühen von Graffiti erwischt wurde. Während die Polizei vier von ihnen am Tatort aufgriff, wurden Brinsa und ein anderer junger Mann in der Nähe in einem Auto angehalten, in dem sich auch Sprühdosen befanden.

Auf dem Foto ist zu erkennen, dass neben dem Graffiti “Lok Ultras” auch ein “Blue Side”-Tag gemalt wurde. Anscheinend waren es Anhänger der sich als antirassistisch gebenden Ultragruppe “Blue Side Lok”, die vom Nazi-Hooligan Brinsa begleitet und unterstützt wurden. Diese befremdliche Entwicklung hat sich schon seit längerem abgezeichnet.

Wer gibt im Stadion den Ton an?

Die Ultragruppe “Blue Side Lok” (“BSL”) gründete sich im Jahr 2005. Rechte und rechtsoffene Mitglieder waren in der Minderheit, wurden zunächst aber toleriert. Dies änderte sich nach wenigen Jahren, die “Blue Side Lok” bereitete ein neues Konzept für eine “bunte” Fankurve ohne Nazis vor und trennte sich im Januar 2010 von Mitgliedern, die als rechts eingestuft wurden. Diese ehemaligen Mitglieder gründeten daraufhin zusammen mit den Nazi-Fangruppen “Scenario Lok” und “Blue Caps LE” die “Fanszene Lok Leipzig”. Eine der ersten Maßnahmen der “Fanszene” war die gewaltsame Auflösung von “Blue Side Lok”. Dabei wurden auch die Zaunfahnen der “Blue Side Lok” entwendet. All dies kann auch in GAMMA 190 (Frühjahr 2011) nachgelesen werden. Seitdem dient die “Fanszene Lok Leipzig” als Instrument der Nazis rund um “Scenario Lok”, um eine rechte Dominanz unter den Ultras und den organisierten Fans durchzusetzen, ihre neonazistische Gesinnung zu verbreiten und einen Alleinvertretungsanspruch zu propagieren.

Im Jahr 2014 formierte sich eine neue Gruppe namens “Fankurve 1966” (“FK1966”), brachte T-Shirts und Schals heraus und trat mit Graffiti, Aufklebern und Zaunfahnen in Erscheinung. Es war ein offenes Geheimnis, dass die Gruppe die Nachfolge von “Blue Side Lok” angetreten hatte. Die “Fankurve” war überregional als antirassistisch bekannt und markierte einen Bruch mit den Nazis im Stadion – nicht nur durch ihren Standort. Während die Nazis zu jener Zeit auf der Haupttribüne standen, sammelte sich die “Fankurve” in einem eigenen Block auf den Rängen hinter dem Tor. Nach ein paar Jahren gab die “Fankurve” ihren Ursprung offen zu erkennen und unterzeichnete etwa ihre Texte mit “FK66 & BSL”. Inzwischen wurde das Label “Fankurve” abgelegt und auch die Webseite umbenannt. Die Gruppe agiert spätestens seit 2019 wieder unter dem alten Namen “Blue Side Lok”.

Aufkleber “Banda Boys” der rechten Fangruppe “Banda Resoluta” neben halb abgekratzem Aufkleber “Hate Nazis” an einem Bahnhof im Leipziger Umland im Jahr 2021

Der antirassistische Anstrich hielt nicht lang. Seit dem Jahr 2017 hingen plötzlich die Fahnen der rechten Fangruppen “Fanszene” und “Banda Resoluta” mit in der Fankurve. Die einst entwendeten Fahnen der “Blue Side Lok” wurden nicht zurückgegeben, dennoch steht “Blue Side Lok” mit Nazis und den Tätern von einst gemeinsam im Block. Auch Auswärtsfahren werden seitdem zusammen angetreten, und wenn es Stress gibt, ruft man auch mal die Faschos zur Hilfe.

Ein weiteres Beispiel für diesen Schulterschluss ist das Musikvideo “Der Block steht zu Lok” des Leipziger Rappers “Spank”. Der Künstler war oder ist Mitglied der “Blue Side Lok”, hat aber keine Berührungsängste zu Nazi-Hooligans wie etwa Thomas Kuhbach. Im genannten Video wirken diverse Nazis aus der “Fanszene” mit. Aber auch im Verhältnis zu befreundeten antirassistischen und linken Fangruppen aus anderen Städten, etwa aus Dortmund oder vom italienischen Verein Ideale Bari, macht “Blue Side Lok” es Leipziger Nazis leicht, Einfluss zu nehmen und sich als Vertreter und Ansprechpersonen der Szene zu präsentieren.

Lok-Vorsänger (linkes Foto) und später Benjamin Brinsa mit dem selben Megafon (rechtes Foto) beim Regionalliga-Derby am 16. Oktober 2022. Screenshot: Ostsport.TV

Die rechte Raumnahme zeigte sich auch beim letzten Regionalliga-Derby am 16. Oktober 2022, als der Lokalrivale BSG Chemie Leipzig beim 1. FC Lokomotive Leipzig zu Gast war. In der 87. Minute, unmittelbar nach dem zweiten Tor der Gastgeber, kletterte Brinsa auf den Zaun, um von dort mit dem Megafon des Vorsängers den Lok-Fans einzuheizen. Mit auf dem Zaun saß der Nazi Nico Koppatz aus dem Umfeld der “Kameradschaft 808 Wurzen”. Nach dem gewonnenen Spiel posierte Benjamin Brinsa mit der Mannschaft für ein Foto.

Paul Günther, Moritz Schäfer, Frank Fischer und Fabian Nebe (v.l.n.r.) beim Angriff auf eine Straßenbahn in Leipzig-Leutzsch am 7. Mai 2022

Und auch vor und nach den Spielen von Lok Leipzig geben Nazis den Ton an. Etwa beim Lokalderby bei der BSG Chemie Leipzig am 7. Mai 2022: Während Thomas Kuhbach, Benjamin Brinsa und der Mallorca-Täter Johannes Herre vor dem Spiel einen Fanmarsch anführten, griff Brinsas rechte Hand Fabian Nebe zusammen mit Frank Fischer, Paul Günther, Moritz Schäfer und weiteren Neonazis nach dem Spiel eine Straßenbahn an, in der Chemie-Fans saßen. An einem anderen Überfall auf gegnerische Fußballfans im Jahr 2022 nahm Brinsa auch selbst teil.

Die mangelnde Abgrenzung nach rechts wurde auch sichtbar, als “Blue Side Lok” anlässlich der einhundertsten Ausgabe ihres Spieltagshefts ein Buch herausbrachte. Die Veröffentlichung feierte “BSL” am 17. Dezember 2022 im “Sellerhausener Treff”, einer Kneipe in der Eisenbahnstraße 189. Der “Sellerhausener Treff”, auch “Sellerhäuser Treff” genannt, ist bei Faschisten beliebt. Dazu hieß es im Aufruf zu einer Antifa-Demo im November 2019: “Am Bahnhof Sellerhausen kam es 2019 mehrmals zu Einschüchterungen und Gewaltandrohungen von Faschos rund um das Lokal Sellerhausener Treff”. So war es auch bei der Demonstration selbst, als Gäste vor dem “Sellerhausener Treff” die Antifa-Demo mit dem Gruss der faschistischen Grauen Wölfe begrüßten. Bis heute ist die Kneipe, in der “Blue Side Lok” ihr neues Buch präsentierte, in den Händen der faschistischen “Grauen Wölfe“.

Die Vereinsführung des 1. FC Lokomotive Leipzig distanzierte sich in den vergangenen Jahren von rechten Umtrieben einiger Mitarbeiter. So entließ der Club am 29. September 2022 seinen langjährigen Stadionsprecher Mirko Linke, nachdem dieser in sozialen Medien eine Grafik gepostet hatte, die die Fans der BSG Chemie ins nationalsozialistische Vernichtungslager Auschwitz wünscht. Im Mai 2018 hatte der Verein bereits die Jugendtrainer Sebastian Möller und Daniel Höber fristlos gefeuert und 15 Spieler aus dem Spielbetrieb genommen, nachdem ein Foto auftauchte, auf dem fast die ganze B1-Jugend der Herren den Hitlergruß zeigte. Gegen Höber, der im Sicherheitsgewerbe arbeitet und die Spieler zum Hitlergruß angestifet haben soll, wurde Strafanzeige erstattet.

Bei vielen Lok-Fans sind die Werte, auf die sich die Vereinsführung bei dieser Entlassung berief, jedoch noch nicht angekommen. Antisemitische Tiraden gegen den Lokalrivalen, etwa T-Shirts und Aufkleber “Juden Chemie”, werden genauso hingenommen wie Nazis in Kurve und Verein. Wenig überraschend gab es aus Fankreisen auch Solidaritätskampagnen für den entlassenen Stadionsprecher und jüngst für den inhaftierten Neonazi Peter Kühnel. Für letzteren brachte man ein Soli-Shirt “Brothers in jail not forgotten – Lokomotive Leipzig” heraus, das im Fantreff “Stellwerk” auf der Prager Straße erhältlich sein sollte. Für das T-Shirt posierte Max Schubert alias “Maximus Hemi”, ein Social-Media-Influencer, der sich bevorzugt mit Neonazis und Personen aus dem Bereich der organisierten Kriminalität umgibt.

Max Schubert bewirbt ein Solidaritäts-Shirt für Peter Kühnel (linkes Foto), Spruchband im Bruno-Plache-Stadion (rechtes Foto)

Neben einem Solispruchband (“Unsere Bombe lässt sich nicht entschärfen! Freiheit für alle blau-gelben Krieger!”) der Fankurve hing beim Lokalderby am 16. Oktober 2022 eine Zaunfahne “Freedom” im Stadion, der Buchstabe “o” in Form einer Bombe. Beides bezieht sich auf den Neonazi Peter Kühnel, Spitzname “Bombe”, der seit dem 26. September 2022 in Großbritannien in Haft sitzt. An jenem Tag fand in London das Nations-League-Spiel England gegen Deutschland statt. Vor dem Spiel überfielen rund 100 deutsche Hooligans den “Green Man Pub” nahe des Wembley-Stadions. Der Betreiber des Pubs berichtete britischen Medien, viele der Angreifer hätten Schlagringe gehabt und einige hätten auch Frauen und Kinder attackiert. Die Polizei stellte vier Tatverdächtige fest, zwei von ihnen kamen in Haft: Peter Kühnel aus Borna und der langjährige Dynamo-Dresden-Hool und Nazi Sebastian Reiche aus Dresden. Die Zaunfahne für Kühnel hängt inzwischen regelmäßig bei Lok-Leipzig-Spielen.

“Freedom”-Zaunfahne beim Lokalderby am 16. Oktober 2022. Screenshot: Ostsport.TV

Mit in England – und womöglich am Angriff beteiligt – waren Dutzende weitere rechte Lok-Fans und einige Mitglieder der sich aus dem Lok-Fanmilieu rekrutierenden Rockergruppe “Rowdys Eastside”. Darunter neben Kühnel die ebenfalls aus dem Raum Borna stammenden Robert Böttger, Stephan Geidel und Nicolas Wolf. Aus Leipzig waren mindestens Marcus Kottke, Thomas Kuhbach, Andy Maßdorf, Andreas und Dittmar Schumer sowie Dennis Wessel anwesend. Auch einige jüngere neonazistische Lok-Leipzig-Fans waren nach London gereist, darunter Felix Byczkowski, Vincent Fischer, Maximilian Richter und der Mallorca-Täter Robert Falke. Ein Gruppenfoto zeigt zahlreiche deutsche Hooligans mit einem Banner “Schwarz-rot-gold statt bunt” und homofeindlichen Piktogrammen.

Der in London festgenommene Peter Kühnel ist ein langjährig aktiver Neonazi, der sich auch am Überfall auf Connewitz am 11. Januar 2016 beteiligt hat. Er ist der neonazistischen Ultra-Gruppe “Scenario Lok” zuzuordnen. Die Fangruppe, die seit 2012 vom sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet wurde, löste sich im September 2014 offiziell auf. Diese Strategie funktionierte, der Verfassungsschutz erwähnte “Scenario Lok” und seine Neonazi-Hooligans in den Folgejahren nur noch am Rande. Doch die Mitglieder blieben aktiv und schufen informellere Strukturen und Chatgruppen, um ihren Einfluss auf die Fans sicherzustellen.

Auch Leipziger AfD-Stadträte biedern sich an den 1. FC Lokomotive Leipzig an. Screenshot: Facebook

Um das rechte Potential bei Lokomotive Leipzig weiß auch die Leipziger AfD. So zeigten sich die AfD-Stadträte Marius Beyer und Karl-Heinz Obser am 13. Dezember 2022 im Rahmen einer Sitzung des Sportausschusses für die Social-Media-Kanäle der Partei in den Räumlichkeiten des Bruno-Plache-Stadions. Posierend vor dem Logo der Vereins kündigten sie ihre Unterstützung für die Weiterentwicklung des Stadions an.

Lok-Nazis steigen in den Ring

“Schmuggelt Benjamin Brinsa rechte Fighter in den Käfig?” fragte Belltower.News im Oktober 2022, nachdem zwei von Benjamin Brinsa trainierte Kampfsportler am 23. Oktober 2022 bei einer dubiosen MMA-Veranstaltung in Rostock angetreten waren – unter den Namen von Gyms, die nicht zu existieren scheinen. Die Antwort lautet ganz offensichtlich ja.

Einer von Brinsas Schützlingen bei der Veranstaltung ist der Neonazi Paul Günther aus Wurzen. Günther wurde bereits im August 2019 bei einer Kampfsportveranstaltung in Hannover als Mitglied des „Team Brinsa“ vorgestellt und ist seit mindestens 2019 Teil des “Imperium Fight Team”. Paul Günther war auch Mitglied der “Kameradschaft 808 Wurzen”, die für zahlreiche Übergriffe und Neonazi-Graffiti in Wurzen verantwortlich war. Die Kameradschaft hat sich mittlerweile aufgelöst, ihre Mitglieder sind aber weiterhin aktiv. Dem in Wurzen wohnhaften Benjamin Brinsa wird eine große Einflussnahme auf die “Kameradschaft 808” und deren Lok-Nazi-Umfeld nachgesagt.

Wie groß dieses Umfeld ist, zeigte sich etwa beim Fußballspiel des ATSV Frisch Auf Wurzen gegen die erste Herrenmannschaft des Roten Stern Leipzig am 12. Mai 2019. Rund 40 junge Neonazis, darunter Paul Günther und weitere Mitglieder der “Kameradschaft 808”, besuchten als geschlossene Gruppe das Spiel gegen den linken Leipziger Verein. Sieben von ihnen, darunter erneut Paul Günther, machten kurz darauf erneut Schlagzeilen, weil sie am 10. August 2019 in einer Fotobox auf dem “Summerbeats Open Air” in Eilenburg gemeinsam den Hitlergruß gezeigt hatten. Beim “Summerbeats”, veranstaltet vom Verein “Freigeister Eilenburg” dürften sie dennoch willkommene Gäste gewesen sein: Der langjährige Vereinsvorsitzende Max-Erik Seehaus trainierte beim “Imperium Fight Team”. Im Jahr 2017 fiel er dadurch auf, dass er sich vom Leipziger Neonazi-Anwalt Alexander Pitzinger vor Gericht verteidigen ließ. Mittlerweile arbeitet Seehaus als Lehrer. Eine “Chilllounge” auf dem “Summerbeats” wurde präsentiert von der Wurzner “Bar Napoles”, die mutmaßlich von Benjamin Brinsas Geschäftspartner Thorsten Richter betrieben wurde.

Foto: Nazis beim Fußballspiel gegen den Roten Stern Leipzig in Wurzen. Foto: Pixelarchiv
Hitlergrüße in der Fotobox beim “Summerbeats” Open-Air in Eilenburg am 10. August 2019: Dustin Genedl, Thorben Schimkus, Vincent Fischer, Eddie Rammner (verdeckt), Felix Byczkowski, Paul Günther und Maximilian Richter. Fotos: twitter

Weiterhin stand in Rostock ein gewisser Nikolaj Burger auf der Matte, der im Vorfeld auch von Lok-Fans angefeuert wurde. Zur Unterstützung waren u.a. die Lok-Hooligans Lukas Barthold und Mathias Friederich mitgereist. Kurz zuvor, am 10. September 2022, war Friederich – erkennbar am hässlichen Doppelaxt-Tattoo auf der Brust – bei einem anderen Kampfsportevent mit “Imperium”-Beteiligung noch selbst angetreten. Beim GCP 6 (“German Cage Pioneer”) im hessischen Lampertheim wurde er dabei von Fabian Nebe betreut.

Ein weiteres verbindendes Element ist der MMA-Sportler Peter Sobotta. Er erlangte Bekanntheit als Kämpfer für die weltgrößte MMA-Organisation “Ultimate Fighting Championship” (UFC) – eine Karriere, die Benjamin Brinsa aufgrund seiner Nazi-Aktivitäten verwehrt blieb. Berührungsängste nach rechts hat Sobotta, der in Balingen (Baden-Württemberg) das “Planet Eater Gym” betreibt, trotzdem nicht. Bereits im Jahr 2012 statteten Brinsa und Sobotta sich gegenseitig Besuche in Leipzig und Balingen ab. So war es auch kein Zufall, dass ein Schüler von Sobotta am 29. September 2012 beim rechten Kampfsportevent “Sachsen kämpft” in Schildau antrat. Und auch beim “Bushido Free Fight Team Leipzig” des Sicherheitsunternehmers und früheren Lok-Hooligans Marko Zschörner stand Sobotta im selben Jahr auf der Matte. In Zschörners “Bushido Free Fight Team” trainierten mehrere Jahre lang Benjamin Brinsa und weitere Lok-Leipzig-Hooligans.

Im Jahr 2020 unterstützte Sobotta den Ex-Imperium-Kampfsportler und selbsterklärten Aussteiger Timo Feucht dabei, einen Vertrag bei der UFC zu erhalten. Ein Jahr zuvor war Sobotta nach öffentlichem Protest noch gezwungen gewesen, Timo Feucht von der Fightcard seiner Kampfsportveranstaltung “Nova FC” zu streichen. Zuletzt gab Peter Sobotta den oben genannten Neonazis – Lukas Barthold, Paul Günther, Fabian Nebe, Benjamin Brinsa und Matthias Friederich – im Mai und Juni 2022 Trainingseinheiten. Mit dabei waren weiterhin Christopher Henze sowie Leon Glaser, Nico Koppatz, Adrian Oehmigen und Moritz Schäfer aus dem Raum Wurzen und Max Lutz und Philip Mokry aus Groitzsch.

Nazi-Trainingseinheit im Jahr 2022. Stehend v.l.n.r.: Mathias Friederich, Peter Sobotta, Benjamin Brinsa, Lukas Barthold, Christopher Henze, Paul Günther, unbekannt, Leon Glaser, Moritz Schäfer, Max Lutz, unbekannt, Adrian Oehmigen. Sitzend v.l.n.r.: unbekannt (verpixelt im Original), unbekannt, Fabian Nebe, unbekannt (verpixelt im Original), Philip Mokry, Nico Koppatz.

Das wäre nur halb so interessant, wäre Peter Sobotta nicht das Aushängeschild der deutschen MMA-Kommentatoren bei DAZN. Der insbesondere bei jungen Menschen beliebte Streamingdienst überträgt MMA-Kämpfe der UFC und präsentiert den Ex-UFC-Kämpfer Sobotta dabei als erfahrenen Sportexperten. Auf Sobottas Verstrickungen ins Nazimilieu hatte die Kampagne “Runter von der Matte” bereits 2019 aufmerksam gemacht, als Timo Feucht bei Sobottas “Nova FC” antreten sollte. Auf das in Deutschland verbotene Nazi-Tattoo eines anderen Kämpfers angesprochen, erzählte Sobotta vom Lösungsvorschlag: “(…) wieder Anton angerufen, hey Digger, dein Tattoo geht halt leider nicht hier in Deutschland. Mit Photoshop, ja kein Problem, bisschen Airbrush organisieren. Der quasi vorm Wiegen und vor der Veranstaltung sein Dings zubrusht (…)”.

Nazis machen weiter wie bisher

Die Lebenswelt Lok Leipzig erweist sich weiterhin als Nährboden für Nazis, eine antirassistische Fankurve musste sich erneut der rechten Dominanz beugen. Währenddessen erscheinen die Reaktionen der Vereinsführung wie anlassbezogene Symbolpolitik. Bei Lok Leipzig können Nazis sich bis heute wohl fühlen.


Text zugesandt von: anonym

“Ostdeutschland kämpft”: Neonazis, Hooligans und rechte Rocker zu Kampfsportevent bei Leipzig erwartet

Alexander Faust, Inhaber von "Black Rainbow Security" und Mitinhaber von "A.F.S. Agentur für Sicherheit GmbH", trägt den Kranz der "Vereinigten Türsteher Ostdeutschland" bei der Beerdigung des "HooNaRa"-Gründers Thomas Haller am 18. März 2019 in Chemnitz. Foto: Tim Mönch.

Am 5. Februar 2023 soll in der “SAX Clubzone Dölzig”, einer Discothek in Schkeuditz bei Leipzig, die Kampfsportveranstaltung „Ostdeutschland kämpft“ stattfinden. Anlass ist die Gründung von “Black Rainbow Security” vor dreißig Jahren. Gleichnamige Events fanden bereits zum zwanzigsten und fünfundzwanzigsten Jubiläum statt, beide ebenfalls im “SAX Dölzig”. Und wie schon am 20. Januar 2013 und am 4. Februar 2018 werden auch dieses Mal zahlreiche Neonazis, Hools und Personen aus dem Umfeld der organisierten Kriminalität im Ring stehen und im Publikum sitzen.

So prangt in der Mitte des Veranstaltungsplakats der gewalttätige Neonazi Martin Krause. Er trat bereits 2013 und 2018 bei “Ostdeutschland kämpft” an. Krause nahm am 11. Januar 2016 am Neonaziüberfall auf Connewitz teil. Er fiel auch beim “Querdenken”-Aufmarsch am 7. November 2020 auf, als er zusammen mit einer Gruppe Neonazis, die teils mit Messern und Schlagringen bewaffnet war, AntifaschistInnen angegriffen hatte. Zu Krauses faschistischem Treiben in seiner Heimatstadt Glauchau schrieb das Antifaschistische Infoblatt (AIB) im Jahr 2016 im Artikel Das Netzwerk des NSU zwischen Chemnitz und Zwickau:

“Während der NSU aus Zwickau seine Morde plante, entwickelte sich die Szene im Umland stetig weiter. Im 20 Kilometer von Zwickau entfernten Glauchau — die Stadt in der das Trio seine Fahrräder reparieren ließ — gründete sich um 2001 die Kameradschaft „Glauchauer Jungs“, die bis 2006 existierte. Die rund 15 Personen umfassende Gruppe wird oft in den Fanzines der Zeit erwähnt, was auf ihr musikalisches Aushängeschild zurückzuführen ist, die Band „Sperrfeuer“. Deren Gitarrist Martin Krause war 2002 einer der Haupttäter im sogenannten „Gründelpark-Überfall“. Mit den Worten: „Wenn deutsche Jungen angemacht werden, kommen deutsche Jungen, um zu helfen“ prügelten er und vier weitere Mitglieder der „Glauchauer Jungs“ auf zwei Männer ein, von denen sie annahmen, dass sie kurz zuvor Kinder im Park angriffen hätten. Das Resultat des Überfalls waren lebensgefährliche Verletzungen.”

Die tätowierten gekreuzten Hämmer auf seinem Bauch weisen Martin Krause als Mitglied der Neonazi-Bruderschaft “Hammerskins” aus. Krause bekennt sich auch zur Hooligan-Gruppe HooNaRa (“Hooligans Nazis Rassisten”), die Anfang der 1990er Jahre von dem mittlerweile verstorbenen Chemnitzer Security-Unternehmer Thomas Haller gegründet wurde. Einem “HooNaRa”-Mitglied wurde im Jahr 2000 eine Beteiligung am Mord an Patrick Thürmer nachgewiesen. Thürmer wurde am 2. Oktober 1999 in Oberlungwitz bei Chemnitz ermordet, nachdem ein Dutzend Neonazi-Skinheads und rechte Türsteher aus dem Umfeld einer Diskothek sich nachts zusammengefunden hatten, um Jagd auf Punks zu machen. Martin Krause – Spitzname “Bouncer” – arbeitet selbst als Türsteher für “Black Rainbow Security”.

Bild: Plakat für “Ostdeutschland kämpft” am 5. Februar 2023 im “SAX Dölzig”

Weiterhin für “Ostdeutschland kämpft” angekündigt ist Brian Engelmann. Auch Engelmann arbeitete für die “Black Rainbow Security”, und ebenso wie Krause beteiligte er sich am 11. Januar 2016 am Neonazi-Überfall auf den Leipziger Stadtteil Connewitz. Später ließ der angehende Jurist sich im Umfeld der extrem rechten “Identitären Bewegung” blicken und nahm etwa an einer Kundgebung des Ablegers “Kontrakultur Halle” am 11. Juli 2017 teil. Brian Engelmanns Hakenkreuztattoos sind auf dem “Ostdeutschland-kämpft”-Plakat entweder verdeckt oder wegretuschiert worden.

Links unten auf dem Veranstaltungsplakat ist Oskar Faust zu erkennen, der Sohn des langjährigen “Black-Rainbow”-Mitinhabers Alexander Faust. Oskar Faust ist in der Leipziger Neonaziszene gut vernetzt und trat im Jahr 2020 als Gesicht einer Gruppe namens “Deutsch Patriotische Gemeinschaft Leipzig” auf, die sich mit einem schwarz-weiß-roten Logo schmückte.

Ebenfalls auf dem Plakat abgebildet ist Dennis Rohner aus dem Raum Chemnitz. Auf seinem Bauch sind in Frakturschrift die Worte “Glaube Wille Tat” zu erkennen – und zwar als exakte Kopie des Logos des neonazistischen Musikhandels “Glaube-Wille-Tat-Produktionen” aus Mecklenburg-Vorpommern. Rohner trainiert im “Boxclub Chemnitz 94”, in dem auch Martin Krause aktiv war oder ist.

Nicht zuletzt zeigt das Plakat Lucas Rühlemann. Auch er hat anscheinend keine Berührungsängste zu Neonazis. Rühlemann nahm etwa im Jahr 2020 zusammen mit dem Connewitz-Angreifer Jonas Fichtler, der ebenfalls für “Black Rainbow Security” arbeitet, und dem “Imperium-Fight-Team”-Mitglied Sebastian Berger am “Holzlandlauf” teil, einer Sportveranstaltung in Thüringen.

“Vereinigte Türsteher Ostdeutschland”

Vor einigen Jahren hat “Black Rainbow Security” den informellen Verband “Vereinigte Türsteher Ostdeutschland” mit ins Leben gerufen. Neben “Black Rainbow” gehören überwiegend Sicherheitsunternehmer aus dem Raum Südwestsachsen um die Städte Chemnitz, Glauchau und Zwickau dazu. Zufall oder nicht: in der selben Region gab bzw. gibt es weitere “SAX”-Discotheken – in Chemnitz, Stollberg und Rodewisch –, und auch die Hooligangruppe “HooNaRa” (“Hooligans Nazis Rassisten”), zu der Martin Krause sich bekennt, kommt aus jener Gegend.

Zu den “Vereinigten Türstehern Ostdeutschland” gehört auch die Firma “Incognito Security” aus Quedlinburg, die in den Jahren 2012 bis 2014 drei Nazikonzerte in Nienhagen (Harz) absicherte. Das Antifaschistische Infoblatt schreibt dazu: “Die Verbindung der ‚Incognito Security‘ zur BRS [Black Rainbow Security] wird nicht nur anhand des informellen Zusammenschlusses der VTO [Vereinigte Türsteher Ostdeutschland] deutlich. Mindestens bis 2017 übernahmen beide Firmen gemeinsam Großaufträge wie z.B im Juni 2017, wo sie beide für die Sicherheit auf dem nicht-rechten Volksfest ‚Thüringentag‘ in Apolda zuständig waren. “

Bei der Beerdigung des “HooNaRa”-Gründers Thomas Haller am 18. März 2019 trug Alexander Faust einen Kranz der “Vereinigten Türsteher Ostdeutschland” mit der Aufschrift “Legenden sterben nie”. Wenig später wurde der Verband bei “Exif Recherche” im Artikel «Tiwaz 2019: Neonazis & Hooligans trainieren für Strassenkampf & “Tag X” erwähnt, wo es heißt:

“Am Einlass stand in dieser Funktion u. a. Toni Neukamm aus Glauchau bei Zwickau. Er gehört seit Jahren der lokalen, gewalttätigen Neonazi-Szene an. Schon sein Bruder gehörte zur Kameradschaft «Glauchauer Jungs», die beste Kontakte zur rechten Hooligangruppe «HooNaRa» pflegte. Ähnlich wie Tim Kühn ist Toni Neukamm im Sicherheitsgewerbe tätig, wo beide im rechten Security-Verband «Vereinigte Türsteher Ostdeutschland» organisiert sind. Neukamm gibt zudem Kraftsport-Kurse im Glauchauer «DC Gym», welches offensichtlich von dem Neonazi und Türsteher Christopher Brodhun betrieben wird.”

Wer steht hinter “Black Rainbow Security” und “Ostdeutschland kämpft”?

An wen die Einnahmen von “Ostdeutschland kämpft” in diesem Jahr fließen, ist nicht erkennbar, denn die Firma “P.E.A.S. Promotion Entertainment and Security GmbH“, die zuletzt hinter “Black Rainbow Security” stand und die Veranstaltung am 5. Februar 2023 bewirbt, wurde bereits 2019 aufgelöst.

“Black Rainbow Security” begann als GbR von Andre Kolatka und Alexander Faust. Ungefähr im Jahr 2003 überführten sie das Unternehmen in die “Black Rainbow Security GmbH“. Ende 2008 wurde die Gesellschaft nach Berlin verlegt und erhielt neue Gesellschafter und Geschäftsführer – ein üblicher Weg, um eine nicht mehr benötigte GmbH zu recyclen. Im selben Jahr übernahmen Alexander Faust und Marcus S. die Gesellschaftsanteile der 2007 gegründeten “P.E.A.S. GmbH”. Faust blieb bis zur Auflösung 2019 (Mit-)Gesellschafter, zwischenzeitlich hielten auch Thomas Pürthner und Christian S. Anteile.

Im Jahr 2009 bezog die “P.E.A.S. GmbH” Räume in der Grassistraße 12 in Leipzig. Zwischen 2011 und 2016 wurde auf der Firmenwebseite neben Faust, Kolatka und den Geschäftsführern Christian T. und Christian S. auch Thomas Baumann als Ansprechpartner genannt. Die Webseite black-rainbow-security.de wurde 2016 abgeschaltet. Schon seit 2012 war das Unternehmen verstärkt unter dem seriöser klingenden Firmennamen “P.E.A.S. GmbH” aufgetreten. Als “Black Rainbow Security” hatte es aber noch 2014 und 2015 die rechten “Imperium Fighting Championships” gesponsort.

Der ab 2014 amtierende Geschäftsführer Christian S. gründete im Jahr 2015 eine eigene Firma namens “A.F.S. Agentur für Sicherheit GmbH”. Auch hier stiegen ein Jahr später Alexander Faust und Andre Kolatka als Mitgesellschafter ein, im Jahr 2017 zudem Thomas Pürthner. Heute sind Christian S. und Alexander Faust Gesellschafter – also Eigentümer und Entscheider – der Firma. Die Firma saß bis 2022 an der selben Adresse wie die “P.E.A.S. GmbH”.

Bereits im Jahr 2012 gründeten Thomas Baumann und Mario R. die “BR Events UG”, später “BR Events GmbH“. “BR” könnte für die Nachnamen von Baumann und R. stehen – oder für “Black Rainbow”. Auch hier änderten sich die Machtverhältnisse: Im Jahr 2021 übertrug Baumann den Großteil der Gesellschaftsanteile an Thomas Pürthner und an Sylvana Faust, die Ehefrau von Alexander Faust. Auch “BR Events” saß von Beginn an in der Grassistraße 12. Im Jahr 2019 verlegte sie ihren Sitz in die “Red Bull Arena” am Sportforum, wo die Firma für Einlass und Veranstaltungssicherheit zuständig ist. “BR Events” und Baumann stehen allerdings bis heute am Briefkasten der Grassistraße 12.

Links im Bild: Thomas Baumann (“BR Events GmbH”) mit Gürteltasche und gewaltverherrlichendem T-Shirt der Nazimarke “Thor Steinar” auf einer Firmenfeier der “Black Rainbow Security” im Jahr 2014
Bild: Linkes Bild: Alexander Faust und Oskar Faust beim Arbeiten für “BR Events” in der “Red Bull Arena” im Jahr 2022. Rechtes Bild: Oskar Faust als Gesicht einer “Deutschen Patriotischen Gemeinschaft” im Jahr 2020.

Und sowohl Alexander Faust als auch sein Sohn Oskar Faust sind für “BR Events” im Einsatz. Neben ihnen und den oben genannten Martin Krause und Brian Engelmann wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche weitere Neonazis und rechtsoffene Kampfsportler in Firmenkleidung der “Black Rainbow Security” gesehen. Darunter Robert Böttger aus Borna, Benjamin Brinsa, Konrad Dyrschka, Jonas Fichtler, Marcus Kottke, Thomas Kuhbach und Hassan al-Memar (alias Hassenen Al-Memar). Außerdem Markus Wilms, ein Rädelsführer der neonazistischen Terrororganisation Oldschool Society. Im Fall von Wilms, den eine schnelle Internetsuche als gewalttätigen Neonazi enttarnt hätte, schob “Black Rainbow” die Verantwortung auf angebliche Subunternehmer.

Nicht zuletzt standen auch Christian Pohle und Ringo Stoiber für “Black Rainbow” an der Tür. Deren Firma “CuR GbR” betrieb zur gleichen Zeit das Bekleidungsgeschäft “Fighting Catwalk” in Leipzig, in dem fast ausschließlich die Neonazimarke “Thor Steinar” verkauft wurde. Mit der Vorliebe für diese Kleidungsmarke sind sie nicht allein. In Thor-Steinar-Kleidung zeigt sich auch Thomas Baumann, der Geschäftsführer der “BR Events GmbH”. Und auch Alexander Faust, die zentrale Figur von “Black Rainbow” und “BR Events”, hat bei “Thor Steinar” bestellt – sein Name und seine Privatadresse finden sich in der 2008 gehackten Kundendatenbank des “Thor-Steinar”-Onlineshops.

Kampfsport trifft Rotlichtmilieu

Alexander Faust war es auch, der im Jahr 2007 beim Berliner “Nomads”-Chapter der “Hells Angels” angeheuert haben soll – und somit vor den Auseinandersetzungen zwischen Leipziger Türstehern und einer migrantischen Gruppe im Jahr 2008, die als “Discokrieg” Schlagzeilen machten. So schreibt es das Antifaschistische Infoblatt, deren Artikel “Verschobene Selbstwahrnehmung bei (rechten) Security Firmen?” einen lesenswerten Rückblick und eine Einordnung der Ereignisse bietet.

Dementsprechend waren es auch Berliner Hells Angels, die Ende September 2008 mit bis zu 100 Personen in der Gottschedstraße in Leipzigs Innenstadt eine Art Kontrollzone einrichteten und damit ihre Vorherrschaft demonstrierten. Die “Hells Angels” sind international aktiv, ihrer Mitglieder fallen oft durch eine Nähe zur organisierten Kriminalität auf, beispielsweise durch Schutzgelderpressung und Drogenhandel, insbesondere jedoch durch die Ausbeutung von Menschen etwa im Rotlichtmilieu, aber auch eigener Anwärter und Angestellte, und durch entsprechende Machtkämpfe.

Und sie sind auch bei “Black Rainbow” willkommen. Fotos von Firmenfeiern der letzten Jahre zeigen etwa André Sommer, den Präsidenten der Berliner “Hells Angels MC Nomads”, Arm in Arm mit Alexander Faust. Oder den im Jahr 2015 verstorbenen Peter Kairies alias “Baumi”, ein langjähriges Führungsmitglied der Leipziger “Red Devils”, des größten Supporter-Clubs der “Hells Angels”. Auch der Sicherheitsunternehmer Frank Böwe aus Thüringen, mittlerweile in der AfD aktiv und angeblich nicht mehr bei den “Hells Angels”, war mehrfach zu Gast. Als im Herbst 2022 der Berliner Hells Angel Wito Meinhardt verstarb, lud Alexander Faust über soziale Medien nachdrücklich zur Trauerfeier im Berliner “Hells-Angels”-Clubhaus ein – auch im Namen von “Black Rainbow Security”.

Auch zwei der Kampfsportclubs aus dem “Black-Rainbow”-Milieu stehen den “Hells Angels” ungewöhnlich nah. Das “Sin City Boxgym” des Neonazis Maik Kurzweil, bis Sommer 2022 noch in der Neonazi-Immobilie Kamenzer Straße 12 beheimatet, sitzt nun in der Dessauer Straße 8a, 04129 Leipzig – im ehemaligen Clubhaus der Leipziger “Hells Angels”. Dort trainiert u.a. Oskar Faust.

Gleich nebenan, in die Dessauer Straße 6, ist vor Kurzem das “Siam Gym” eingezogen. Trainer Mike Jäpel geb. Sbrzesny hatte sich am 11. Januar 2016 am Neonaziüberfall auf Leipzig-Connewitz beteiligt. Als dies Ende 2016 publik wurde, entließ das “Siam Gym” ihn, nur um ihn zwei Jahre später wieder einzustellen. Hier trainieren u.a. Odin Petzold und Andre Rummelt, die auch bei “Ostdeutschland kämpft” 2018 auf der Matte standen. Für “Ostdeutschland kämpft” 2013 hatte das Gym auch Tickets verkauft. Auch Neonazis wie Paul Günther aus Wurzen sind oder waren im “Siam Gym” gern gesehen. Der Vereinsvorsitzende Henry Emich ist in der bereits erwähnten “Thor-Steinar”-Kundendatenbank zu finden.

Die “Hells Angels Leipzig” hatten sich im Jahr 2016 offiziell aufgelöst, mutmaßlich um einem Verbot oder staatlicher Repression zuvorzukommen, nachdem eines ihrer Mitglieder ein Mitglied der “United Tribuns” in der Leipziger Eisenbahnstraße erschossen hatte. Drei weitere hatten danach auf den Sterbenden eingetreten. Die vier Mitglieder der “Hells Angels”, darunter ihr Leipziger Präsident Marcus Matz, wurden dafür im Jahr 2019 zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch die Geschäfte gehen weiter: Matz war bis zu seinem zeitweiligen Untertauchen im Jahr 2017 Geschäftsführer der “Wasserturm GmbH”, die heute den “Pandora Nightclub” bzw. “Pandora Apartments” in der Dessauer Straße 8 sowie das Bordell “FKK Saunaclub” in der Torgauer Straße betreibt.

Alleinige Gesellschafterin der “Wasserturm GmbH” ist wiederum die Firma, die auch die “Angels Tabledance Nachtbar” in der Dessauer Straße 24 betreibt. Dort stehen Neonazis wie Benjamin Schölzel an der Tür. Schölzel ist Mitglied des Leipziger Neonazi-Rockerclubs “Rowdys Eastside”.

Altbekannte Sponsoren und Vorverkaufsstellen

Auch bei den Sponsoren und den Vorverkaufsstellen für “Ostdeutschland kämpft” 2023 läuft vieles über persönliche Kontakte. Tickets sind, wie schon im Jahr 2018, im Kampfsportshop “Budowelt” von Alexander und Andreas Härtel, in der einschlägig bekannten “Metropolis Table Dance Lounge” und im “Bushido Sportcenter” des bereits erwähnten Marko Zschörner erhältlich, bei dem Martin Krause und zahlreiche weitere Neonazis trainieren.

Das Etablissement “Metropolis” und der “Bushido”-Kampfsportclub stehen auch als Sponsoren auf dem Plakat, zusammen mit einigen weiteren lokalen Unternehmen, die überwiegend aus dem Freundeskreis von Alexander Faust und seinen Geschäftspartnern stammen dürften. Darunter etwa das Tattoostudio “BEKÖ Art”, die Bowlingbahn Markkleeberg oder das Fuhrunternehmen “Leutzscher Autocenter”, dessen LKWs in Frakturschrift beschriftet sind. Über den Schkeuditzer Unternehmer Mario Walta dürften die Logos von “Indian Motorcycle Leipzig” und “Zero Motorcycles” auf dem Plakat gelandet sein. Hinter dem Logo “Trapezprofile Deutschland” steht die “On Spot Service GmbH” des Kampfsportlers Stefan Maly, der 2016 im “Bushido Fightclub” angetreten war.

Was ist zu erwarten?

Am 5. Februar 2023 im SAX Dölzig: Neonazis, Hooligans und Möchtegern-Hooligans im Publikum, dazu Leuten aus dem Rotlichtmilieu und solche, die es gern wären. Möglicherweise auch “HooNaRa”-Rufe, wenn Martin Krause aus dem Ring steigt, wie es schon bei einer Veranstaltung in Berlin im November 2016 geschehen war.

Und abseits der Großraumdisco am Stadtrand? Da braucht es eine klare Kante gegen rechte Hooligans am Einlass, gegen Neonazis im Kampfsport, und gegen die organisierte Ausbeutung von Menschen unter dem Deckmantel von Motorradclubs und Rotlicht-Attitüde. Eine klare Kante, die insbesondere die Red Bull Arena, Heimstätte des Bundesliga-Fußballvereins RB Leipzig, zeigen sollte, die “BR Events” trotz Kritik von Fans bis heute als Sicherheitsdienstleister beauftragt.


Text zugesandt von: anonym

Silvester in Connewitz – an der Pandemie war nicht alles schlecht

Prozess am Amtsgericht nach Silvester 2019

Verstrickung von Polizisten und Neonazis, Quelle https://twitter.com/ungleich_dmn/status/1334137431365472257

„Wir schreiben den 31. Dezember. Heute ist das Bild in Leipzig-Connewitz ein anderes als an den restlichen 364 Tagen im Jahr. Seit Mittag kreist hin und wieder ein Hubschrauber über das Viertel. Später am Tag setzt der öffentliche Nahverkehr aus und für die Abendstunden wird der Alkoholausschank auf dem Connewitzer Kreuz untersagt. In den vergangen Jahren wurde sogar ein Versammlungsverbot erlassen. Wenn es dunkel wird, stehen an jeder Ecke Polizist*innen in Kampfmontur und mit Knüppeln in der Hand. Eine Straße weiter stehen Wasserwerfer und Räumpanzer. Einige Tage vor Silvester werden die Anwohner*innen aufgefordert, das „Connewitzer Kreuz zu meiden und ihre Autos woanders zu parken“. Für den Fall der Nichteinhaltung hat die Polizei die letzten Jahre darauf hingewiesen, dass Schlagstock, Tränengas und Pfefferspray jede*n treffen können.“

Hieß es in einem Aufruf für eine Kundgebung 2017.

Zwei Jahre später sollte der Silvester-Abend in Connewitz zum bundesweiten Politikum werden. Bundespolitiker*innen meldeten sich zu Wort, die Justiz ermittelt wegen versuchten Mordes, eine Belohnung in Höhe von 90.000 Euro wurde vom LKA ausgelobt, es gab Schnellverfahren, zwei Pressesprecher der Polizei Leipzig wurden versetzt und auch der Polizeipräsident verließ später Leipzig. Sicherlich ging der Polizeipräsident nicht nur wegen Connewitz, aber Silvester 2019 spielte sicherlich auch eine Rolle, in der ZEIT sprach Polizeipräsident Torsten Schultze von: „Die Gewalttaten begannen vonseiten von Linksextremisten, von Verbrechern, von Unmenschen.“

Wie wäre die Entwicklung in den letzten Jahren wohl verlaufen, hätte es keine Pandemie gegeben?

Wir haben es verlernt, unter Polizeiaufsicht zu feiern

Leipzig, welches hin und wieder als das „bessere Berlin“ bezeichnet wird, macht einige Prozesse mit erheblichen Zeitverzögerungen nach oder versucht es jedenfalls. So brachten sich im Jahr 2020 einige Politiker*innen parteiübergreifend in Stellung und überlegten mit Kultureinrichtungen aus Connewitz für das nächste Silvester eine Konzert am Kreuz zu veranstalten. Ähnliche ordnungspolitische Konzepte gegen „Gewalt“ sind in Berlin seit vielen Jahren zur Walpurgisnacht im Prenzlauer Berg oder am 1. Mai in Kreuzberg zum Einsatz gekommen. Für Politiker*innen ist dies immer eine gute Gelegenheit sich zu profilieren, wie Herr Kirchner aus Berlin Prenzlauer Berg aus dem Video gezeigt hat. Für andere geht es um das Image eines Stadtteils, welches sich öffentlich verändern soll.

Für die Behörden ist solch eine Situation eine Gelegenheit, die „Veranstalter*innen“ für jede Eskalation verantwortlich zu machen, die sie überhaupt erst erzeugen. Ebenfalls werden „Ordner*innen“, gerne Menschen aus dem Stadtteil engagiert, die sich mit den „problematischen Klientel“ auseinandersetzen sollen – in Kreuzberg seit vielen Jahren gängige Praxis. Menschen, die schon immer mal den eigenen Bullen in sich raus lassen wollen, bekommen so ihre Chance. Die Cops bekommen so zusätzlich die Möglichkeit, ihre langjährige Kampagne mit dem Stadtteil um eine Facette zu erweitern, Konflikte zwischen den Bewohner*innen zu schüren.

Eine Kritik an einem repressiven Ausnahmezustand (Kontrollbereich, Überwachung, Versammlungsverbote, Polizeigewalt, Löschen von Feuerwerksbatterien mit BFE-Zügen, mediale Hetze…) sind nie Teil solcher geplanten Veranstaltungen und Konzerte. Die Polizei hatte zu Silvester 2019 nicht nur Lügen verbreitet, sondern auch Cops mit Verbindungen zur lokalen Neonaziszene im Einsatz.

Die Pandemie vereitelte die Pläne vom Konzert am Connewitzer Kreuz zu Silvester. Dennoch baute die Polizei ihr Konzept in den letzten Jahren weiter aus. Nach der Dauervideoüberwachung vom Kreuz, welche letztes Jahr abgebaut wurde und dafür regelmäßig durch eine Kamera auf dem Dach der HTWK bei Versammlungen und zu Silvester ersetzt wird, kam es in den vergangen Jahren zum Einsatz von Tränengas, willkürlichen Kontrollen, mediale Hetze, klassischen Einsatzkonzepten („Durchmischung“) von BFE wie in Berlin Kreuzberg, wahllosen Verhaftungen, Übergriffen durch die Polizei, Versammlungsverboten, Einsatz des Wasserwerfer, Böllerverbotszonen…

Im letzten Jahren wurden Flutlichtanlagen und Hamburger Gitter aufgestellt, Parks gesperrt sowie die Präsenz im Stadtteil erhöht. Der neue Polizeipräsident von Leipzig, René Demmler, hat von seinen Vorgängern gelernt, sich medial nicht mehr in Szene zu setzen. Über verbreitete Fake-News seiner Presseabteilung will er wohl nicht mehr stolpern.

No cops, no stress

Die Polizei gibt für Leipzig jedes Jahr drei Einsatzschwerpunkte aus: Connewitz, Innenstadt und die Eisenbahnstraße. Hier verteilen sich jedes Jahr die Einheiten der Bereitschaftspolizei. Jedes Jahr schafft es auch mal eine kleine Meldung von den Silvesterfeierlichkeiten von Neonazis in Sachsen in die Presse – Repression müssen sie jedoch nicht fürchten. Für Politik, Behörden und Medien sind seit über 30 Jahren Menschen in Connewitz oder eben Migrant*innen die Feinde von Sachsen. Die Idee, die Menschen einfach in Ruhe mit Freund*innen Silvester feiern zu lassen, scheint jedenfalls so abwegig, dass nicht mal Politiker*innen und andere Akteur*innen in Connewitz auf die Idee kommen, dies zu fordern. Sie wollten lieber ein „Konzert“ veranstalten, mit Polizei und Behörden, zum Glück kam eine Pandemie dazwischen.


Text zugesandt von: anonym

Faschistischer Aufmarsch am 26. November in Leipzig

Blockade von Antifas am 7.11.2022 in Leipzig

In Leipzig wird es am 26. November 2022 einen überregionalen rechten Aufmarsch geben, auf dieser Seite werden alle neuen Informationen veröffentlicht und gesammelt, schaut regelmäßig vorbei.

-> Update#1 & Mobistuff auf Indymedia / knack.news

Anmeldung der Faschos

Ab 14 Uhr wollen sich Neonazis am Leipziger Hauptbahnhof (Ostseite) sammeln und mit einem Aufmarsch (“Zubringerdemo”) durch die Stadt zur Auftaktkundgebung zum Simsonplatz ziehen. Es wird sicherlich mehrere größere Neonazigruppe am Samstag geben, die durch die Stadt vor dem angemeldeten Aufmarsch ab 15:30 Uhr durch Leipzig laufen werden.

Am 26. November ab 15: 30 Uhr Kundgebung auf dem Simsonplatz, danach Demonstration um das US-Konsulat, zum Abschluss soll es ein Feuerwerk geben.

Angemeldete Route der Neonazis: Simsonplatz – Karl-Tauchnitz-Straße – Friedrich-Ebert-Straße – Westplatz – Käthe-Kollwitz-Straße – Marschnerstraße – Edvard-Grieg-Allee – Karl-Tauchnitz-Straße – Simsonplatz

Antifaschistischer Protest?

Vorabend-Demo: 25.11. ab 19 Uhr Rabet

Von “Leipzig nimmt Platz” ist folgender Gegenprotest angekündigt:

  • Süden ab 14 Uhr: Vom Connewitzer Kreuz zum Neuen Rathaus.
  • Osten ab 14 Uhr: Vom Rabet zum Westplatz.
  • Westen ab 14 Uhr: (mit dem Fahrrad): Lindenauer Markt zum Kreisverkehr Herzliya-Pl.
  • Stationärer Gegenprotest sammelt sich ab 15 Uhr am Simsonplatz / Harkortstraße.

Anreise von Antifaschist*innen aus anderen Städten am 26. November nach Leipzig:

Was kann ich dagegen tun?

Informiere dich und andere über die Strukturen, die nach Leipzig kommen werden und in den letzten Monaten in Erscheinung getreten sind. Finde dich mit Freund*innen zusammen und überlegt, was ihr machen möchtet. Dieser faschistische Aufmarsch wird in Leipzig sehr groß werden und kann nur durch viele Antifaschist*innen verhindert werden. „Online-Aktivismus“ wird nicht ausreichen, aber er wird bei einer erfolgreichen Mobilisierung unterstützen, daher überlege was du noch tun kannst, damit möglichst viele Menschen vom rechten Aufmarsch erfahren. Mit der Einstellung, sich an dem Tag mit Freund*innen zu treffen und „mal zu schauen, was so geht“, wird jedoch zu wenig sein um einen überregionalen Aufmarsch von Neonazis zum Desaster werden zu lassen. Antifaschismus bleibt Handarbeit.

Informiert euch, organisiert euch und viele andere Menschen. Es ist nicht hinzunehmen, dass Tausende Neonazis und alle möglichen Rechten sich in Leipzig versammeln. Wenn ihr euch nicht an angemeldeten Gegenveranstaltungen beteiligen möchtet und keine Blockaden organisieren möchtet oder könnt, dann beschäftigt euch mit dem „dezentralen Konzept“. Es lebte schon immer von der Eigeninitiative, schaut nicht nur was andere eventuell machen, sondern überlegt euch eigene Aktionsformen. Fallt nicht auf Fake-News herein. Orientiert euch an antifaschistische Accounts wie https://twitter.com/ourstreets_le oder https://twitter.com/platznehmen

Wie immer wird es in Leipzig einen Ermittlungsausschuss geben. Alle Informationen finden sich auf der Webseite des EA und der Roten Hilfe Leipzig.

Wer kommt nach Leipzig?

Leipzig steht ein weiterer rechter Großaufmarsch bevor. Unter dem Motto „Ami go home“ mobilisiert das extrem rechte Compact-Magazin um Jürgen Elsässer zusammen mit den Freien Sachsen, Thüringer Patrioten und auch Teilen der AfD in Thüringen um den Faschisten Höcke für den 26. November 2022 nach Leipzig.weiterlesen

Es hat bereits Veranstaltungen der rechten Szene gegeben, die als Mobilisierungsveranstaltungen für den Aufmarsch in Leipzig gewertet werden können:

Auf Twitter unter #EF1211 und #WB3110 gibt es Videos und Bilder dazu. Mehr:

Einschlägiges Szene-Treffen / Extrem rechte Immobilie im Burgenlandkreis reaktiviert

Vom Querfront-Magazin zum Sprachrohr der “Neuen Rechten” / Compact-Magazin Hand in Hand mit Rechtsextremen

Jürgen Elsässer oder: Welche Farbe hat das Chamäleon? / »Meine Zielgruppe ist das Volk«

24.11.2022 Endstation Rechts: Das „Compact-Magazin“: „Ami-go-Home-Großdemo“ und Kampagnen-Journalismus

Recherche

Neonazis in und um Leipzig und darüber hinaus, mit denen für den 26. November gerechnet werden muss, weil diese in den letzten Jahren auf Demonstration oder Aktionen gewesen sind. Es lohnt sich noch einmal in vergangene Veröffentlichungen zu schauen:

Veröffentlichungen von Antifaschist*innen für den 26. November 2022

Leipzig: Rechte wollen Sozialproteste vereinnahmen

Für den 5. September 2022 planen unterschiedliche extrem rechte Gruppen und Parteien in Leipzig an einer Versammlung der Partei die Linke auf dem Augustusplatz teilzunehmen, diese wird veranstaltet von Sören Pellmann.

Ein größerer Aufmarsch der rechten Szene in der Stadt ist daher am Montag zu erwarten. Umso wichtiger wird es sein, dass Antifaschist*innen versuchen diese Inszenierung der rechten Szene als „soziale Protestbewegung“ von Anfang an zu zerschlagen, wie es für Legida seinerzeit beschrieben wurde. Es muss deutlich werden, dass eine Beteiligung von Rechten an sozialen und linken Protesten niemals möglich sein wird. Die bisherigen Statements aus der Linkspartei, aber auch von anderen Organisator*innen von Demonstrationen am 5. September machen deutlich, dass es am Montag auch auf Antifaschist*innen ankommen wird, dass die rechte Szene keinen Fuß auf den Boden bekommt.

Welche Versammlungen an dem Tag geplant sind (wird weiter ergänzt):

Linkspartei auf dem Augustusplatz um 19 Uhr, Motto “Preise runter – Energie und Essen müssen bezahlbar sein!” Erwartet werden 3000 bis 4000 Teilnehmer*innen

Demonstration: Augustusplatz, Opernseite (Sammlung & Auftakt) – Grimmaische Straße – Neumarkt – Reichsstraße – Salzgäßchen – Markt (Zwischenkundgebung) – Katharinenstraße – Brühl – Am Hallischen Tor – Willy-Brandt-Platz (Innenring) – Georgiring (Innenring) – Augustusplatz (Abschluss & Beendigung)

Initiative “Soziale Kämpfe” am Südplatz um 17:30 Uhr, Motto “Wir zahlen nicht für eure Krise! Kein Fußbreit den Faschisten”. Erwartet werden 150 Teilnehmer*innen

Demonstration: Südplatz (Sammlung & Auftakt) – Karl-Liebknecht-Straße – Peterssteinweg – westl. Wilhelm-Leuschner-Platz (Straße) – Petersstraße – Grimmaische Straße – Augustusplatz, Opernseite (Beendigung und Anschluss an die Versammlung der Linkspartei)

Das Aktionsbündnis “Leipzig nimmt Platz” am Alexis Schumann Platz um 17:30 Uhr, Motto “Für einen konsequenten Antifaschismus”. Erwartet werden 150 Teilnehmer*innen.

Demonstration: Alexis Schumann Platz (Auftakt) – Karl- Liebknecht-Straße – Leuschnerplatz – Petersstraße – Markt- Neumarkt – Reichsstraße – Hallesches Tor – Willy-Brandt-Platz – Kleiner Wilhelm-Leuschner-Platz

Die “Bewegung Leipzig” (Rechte, Corona-Leugner*innen, Reichsbürger*innen, Putin-Fans) am Mendebrunnen auf dem Augustusplatz um 19 Uhr, Motto “Für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung”. Erwartet werden 300 Teilnehmer*innen.

Demonstration: Augustusplatz (Innenring) – Roßplatz (Innenring) – Wilhelm-Leuschner-Platz (Innenring) – Martin-Luther-Ring (Innenring) – Dittrichring (Innenring) – Tröndlinring (Innenring) – Willy-Brandt-Platz (Innenring) – Goethestraße – Augustusplatz (Mittelfahrbahn) – Augustusplatz, Mendebrunnen (Abschluss und Beendigung)

Patriotische Stimme für Deutschland” vor dem Paulinum auf dem Augustusplatz um 19 Uhr Kundegbung, Motto: Freiheit für Deutschland”. Erwartete 300 Teilnehmer*innen.

Der AfD-Kreisverband Leipzig hat eine Kundgebung in der Permoserstraße in Paunsdorf von 16.30 bis 18 Uhr angemeldet, zu der sich unter dem Motto “Sachsen braucht eine bessere Politik” rund zehn Menschen versammeln sollen. Der Kreisverband mobilisiert aber auch für den Montagabend zum Augustusplatz, ohne dort eine eigene Veranstaltung angemeldet zu haben.

Bisher erschienene Texte und Beiträge zum 5. September 2022 in Leipzig:

Hausdurchsuchung: Allein, machen sie uns ein.

Foto aus der NIKA Bremen: Broschüre.

Die letzte, uns bekannte Hausdurchsuchung bei Genoss*innen in Leipzig fand am 15. Juni 2022 in Connewitz statt. In einem Text des Solidaritätsbündnis Antifa Ost (SAO) zu dieser Hausdurchsuchung heißt es:

Erfreulich an diesem düsteren Tag war, dass sich innerhalb kurzer Zeit viele Unterstützer:innen einfanden, welche die vollen 8 Stunden ausharrten, um mit Musik, Transparenten, Reden und schlicht mit ihrer Anwesenheit Kraft gespendet haben.

Die konkrete Anwesenheit von Unterstützer*innen wird folglich von Betroffenen von Hausdurchsuchungen nicht nur wahrgenommen, sondern kann auch situativ Kraft spenden. Entsprechend ist es eine wichtige und solidarische Praxis, die es fortzusetzen, zu intensivieren und perspektivisch besser zu koordinieren gilt. Uns sollte bewusst sein, dass weitere Hausdurchsuchungen folgen werden, teilweise auch parallel zueinander. Hierfür sollten und können wir uns in unseren jeweiligen Kontexten vorbereiten.

In diesem Text geht es konkret darum, was aus unserer Sicht zu tun wäre, wenn Hausdurchsuchungen stattfinden und nicht ihr oder eure konkrete Gruppe davon betroffen seid, sondern Genoss*innen aus linken Kontexten oder Menschen in eurem Stadtteil.

Vor-Absprachen in eurer Gruppe I: Wie erfahrt ihr von der Hausdurchsuchung

Sprecht euch in euren Gruppen ab, wie ihr untereinander kommuniziert, wenn ihr von Hausdurchsuchungen in der Stadt erfahrt: Etabliert Meldeketten, klingelt beieinander, ruft euch an oder vereinbart etwas, was für euch in Frage kommt. Zentral ist, dass möglichst viele von euch, möglichst frühzeitig von etwaigen Hausdurchsuchungen erfahren, um:

  • gegebenenfalls vor Ort unterstützen zu können,
  • weiteren Personen Bescheid zu geben,
  • mit den zur Verfügung stehenden und bestätigten Informationen an die Öffentlichkeit zu gehen (via Indymedia oder euren Social-Media-Kanälen).

Infos verbreiten, Spekulation vermeiden

Über den gesamten Verlauf der Hausdurchsuchung(en) gilt, möglichst breit über diese und das Verhalten der Cops auf den zur Verfügung stehenden Kanälen zu informieren und Personen zu animieren, sich solidarisch zu zeigen und vor Ort zu unterstützen. Jedoch sollte es vermieden werden, Spekulationen anzustellen, Aussagen der Behörden 1 zu 1 zu übernehmen, sowie diese und andere Gerüchte zu verbreiten. Damit ist keiner Person geholfen, weder Unterstützer*innen vor Ort, noch den Betroffenen selbst.

Vor-Absprachen in eurer Gruppe II: Organisiert notwendiges im Vorfeld

Wir können auf Hausdurchsuchungen vorbereitet sein, auch als Unterstützerinnen. Wie im Text des SAO angemerkt, waren Personen mit “Musik, Transparenten, Reden” vor Ort. Das alles lässt sich vorbereiten. Erstellt im Vorfeld eine Playlist mit passenden Songs, aber auch Stücken, die ihr gerne hören würdet, wenn ihr betroffen von Hausdurchsuchungen wärt. Solche Songs, die euch in der Situation Kraft geben würden, könnt ihr auch in euren Zusammenhängen teilen, dann wissen eure Genoss*innen, was zu spielen ist, falls ihr einmal betroffen sein solltet.

Schreibt als Einzelpersonen oder als Gruppe Redebeiträge, die sich mit Hausdurchsuchungen befassen und an die Betroffenen wenden, aber auch an die Anwohner*innen oder die anwesenden Cops. In diesen Beiträgen könnt ihr, je nach Adressatin, eure Anteilnahme und Solidarität ausdrücken, aber auch eure Wut und euren Hass. Aber sie können auch informativ an die Nachbar*innenschaft gewandt sein, um diese für das Vorgehen der Repressionsbehörden zu sensibilisieren.

Ihr könnt im Vorfeld zudem thematische Transparente anfertigen und zu Hausdurchsuchungen mitbringen. So helfen diese nicht nur den Unterstützer*innen vor Ort vor Blicken und Videoaufnahmen der Cops, sondern auch vor Fotos der Presse. Zugleich machen sie Passant*innen und andere vorbeikommende Personen darauf aufmerksam, was hier gerade passiert.

Zum notwendigem Material, was es im Vorfeld zu organisieren gilt, sodass es schnell verfügbar ist, gehört auch Technik. Mindestens eine Box, mit welcher über den Zeitraum der Hausdurchsuchung Lieder abgespielt werden können. Aber auch ein Mikro sollte anschließbar sein, um Redebeiträge verlesen zu können. Letzteres wäre aber auch mit einem Megaphone machbar. Überlegt, wo ihr so etwas herbekommen bzw. anfragen könntet und holt es euch, wenn es gebraucht wird.

Als Unterstützer*innen vor Ort Vor Ort gilt es bei einer Hausdurchsuchung auf diese aufmerksam zu machen und zu schauen, wie die Betroffenen unterstützt werden können. Ein wichtiger Punkt ist heraus zu finden, ob Anwält*innen vor Ort sind. Ist das nicht der Fall, versucht das zu organisieren.

Entsprechendes Equipment für eine solidarische Begleitung habt ihr bestenfalls. Entkoppelt davon empfiehlt es sich, mit anderen Anwesenden abzusprechen, was alle gerade bereit wären zu geben. Ist es erst einmal nur Dasein und vielleicht Transparente halten; ist es je nach Lage und Ausstattung auch der Einsatz von Musik und Reden; sind es eventuell auch abgesprochene und laute Sprechchöre.

Etwaige Sprüche für die Sprechchöre könnten im Vorfeld gesammelt und bestenfalls ausgedruckt mitgebracht werden. So muss nicht lange überlegt werden, was gerufen werden könnte, sondern es gäbe bereits Vorschläge.

Über den Tag hinweg gilt vor Ort: Keine Gespräche mit der Presse, keine Gespräche mit Cops. Vor allem letztere sind unsere Feinde! Haltet Ausschau nach auffälligen Fahrzeugen und notiert euch die Kennzeichen, notiert euch bestenfalls auch die Kennzeichen der Zivilfahrzeuge der Cops.

Fotografiert gegebenenfalls auffällige Personen im Umfeld, die möglicherweise Cops in zivil sind. Sprecht die Menschen an, bei denen ihr denkt, es könnten “Zivis” sein. Bevor ihr diese Bilder jedoch irgendwo veröffentlicht, gilt es vorher zu prüfen, ob es nicht doch solidarische Anwohner*innen oder Genoss*innen sind. Sprecht daher unbedingt mit linken Strukturen, bevor Menschen leichtfertig als “Zivis” geoutet werden. Teilt nicht einfach ungeprüft “Outings” von “Zivis”, oft genug wurden Falschmeldungen verbreitet.

Was auch wichtig ist!

Kommt zum Ort der Hausdurchsuchung, auch wenn ihr nur kurz Zeit habt. Je mehr wir sind, desto eher können wir vor Ort agieren und unsere Solidarität artikulieren, ohne uns von den Cops einschränken und einschüchtern lassen zu müssen. Zudem ist es auch gerne gesehen, wenn solidarischen Personen Getränke oder Essen vorbeigebracht wird, gerade wenn die Hausdurchsuchungen über viele Stunden dauern. Dies kann jederzeit geschehen und nimmt nicht viel Zeit in Anspruch, ist aber ein ebenso wichtiger und solidarischer Akt. Dies gilt auch für (Geld)Spenden, denn jede Durchsuchung geht mit “Beschlagnahmungen” und Zerstörungen einher. Wartet nicht bis zu nächsten Soli-Aktion. Denkt daran, wie es euch gehen würden, wenn Laptop, Handy, Router, etc. mitgenommen und Sachen in eurer Wohnung zerstört werden.

Am Ende der Hausdurchsuchung

Wenn die Soli-Aktion der Unterstützer*innen bei einer Hausdurchsuchung beendet wird, geht nicht sofort, sondern fragt, ob ihr gegebenenfalls helfen könnt, sei es beim Aufräumen oder Abtransport des genutzten Materials oder anderem.

Koordination bei parallel stattfindenden Hausdurchsuchungen

Sollte es zeitgleich mehrere Hausdurchsuchungen im Stadtteil / der Stadt geben, ist mehr Kommunikation untereinander erforderlich. Was wird wo noch gebraucht, wo stehen Menschen, wo überhaupt nicht? Gibt es überall Anwält*innen? Eine solidarische Begleitung mehrerer Hausdurchsuchungen gelingt uns mit einem höheren Grad der Organisierung, Vorbereitung auf diese Form der Repression und der Kommunikation untereinander.

Danach: Politische Antworten

Hausdurchsuchungen sind staatliche Angriffe auf Bewohner*innen des Stadtteils, linker Strukturen und Personen. Sie bedürfen einer politischen Antwort und sollten nicht einfach hingenommen werden. Eine Reaktion auf der Straße ist wünschenswert, zeigt den Betroffenen, dass sie nicht alleine sind und macht deutlich, dass wir nicht ohnmächtig den Repressionsbehörden ausgeliefert sind. Ob die Reaktion immer noch am selben Tag erfolgt oder etwas später, liegt letztendlich an uns allen.

An unserer Vorbereitung, Organisierung, Spontanität, schlicht unserer Solidarität mit den Betroffenen. Die Vielzahl an Hausdurchsuchungen der letzten Jahre in Leipzig macht jedoch deutlich, dass es sinnvoll ist, sich schon auf zukünftige vorzubereiten. Wartet nicht darauf, dass andere Menschen alles vorbereiten, organisieren und die Verantwortung übernehmen, sondern überlegt, was ihr euch wünschen würdet und zu einer politischen Antwort auf ihre Repression beitragen könnt.

United we stand. Divided we fall.


Text zugesandt von: anonym

Rechte Umtriebe in Leipzig und Umgebung: Ein Überblick im Juli 2022

Ben Heller (weinrotes Poloshirt), Leopold Böhm (schwarze Trainingsjacke) und Pascal Lohse (blaues T-Shirt) beim Naziaufmarsch am 1. Mai 2022 in Zwickau. Foto: Pixelarchiv.

Nazi-Aktivitäten gehören zum Alltag in der Region Leipzig. Davon zeugen eine Vielzahl rechter Versammlungen, Angriffe und Einschüchterungsversuche gegen von ihnen als Feinde markierte Menschen ebenso wie rechte Raumnahme in Form von Schmierereien und Stickern. Das vorliegende Dossier setzt sich zur Aufgabe, aktuelle Nazistrukturen und Personen-Umfelder im Großraum Leipzig zu thematisieren und die AkteurInnen zu benennen. Entsprechende ProtagonistInnen sind teils seit einigen Jahren in der Nazi-Szene aktiv oder kommen aus dem unmittelbaren Umfeld langjährig aktiver Nazis.

JN-Nachwuchs im Leipziger Umland

Seit Ende des Jahres 2020 macht auf Social-Media-Plattformen eine Gruppierung auf sich aufmerksam, die sich selbst großspurig als „Messestadtaktivisten“ bezeichnet. Dieser Gruppierung aus mehr oder minder aktiven Jung-Nazis kann ein loses Personenumfeld zugerechnet werden, welches neben Leipzig und dem Landkreis Leipzig hauptsächlich in Nordsachsen lokalisiert ist und durch eine Vielzahl an (Internet-)Aktivitäten auf sich aufmerksam macht. Auch im Demonstrationsgeschehen zeigen sie hin und wieder Präsenz. Die Gruppe kann de facto als regionaler Ableger der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ (JN) im Raum Leipzig verstanden werden. Als aktiver und lenkender Kader in diesem Umfeld sticht der langjährig aktive ehemalige JN-Bundesvorsitzende Paul Rzehaczek aus Eilenburg hervor, der in den vergangenen Jahren einen losen Haufen heranwachsener Jungnazis aus dem ländlichen Raum Leipzigs um sich scharte. Neben Rzehaczek tritt der Wurzener Nazi Ben Hannes Heller, wohnhaft in der Eduard-Schulze-Straße 14 in Wurzen, als treibende Kraft hinter den „Messestadtaktivisten“ in Erscheinung. Darüber hinaus können die Nazis Dominik Siegel, Benjamin Schwelnus, Nele George, Lucas Zahner und Franz Dittberner aus dem Raum Wurzen, Luisa Böttcher und Pierre Roch aus Borna sowie Stefan Eckhardt und Leopold Böhm aus Leipzig als aktiver Teil des Umfelds ausgemacht werden.

So läuft am 18. April 2022 eine sechsköpfige Gruppe aus dem Umfeld der JN-Nazis am Rande einer Versammlung der extrem rechten Gruppierung „Bewegung Leipzig“ mit. In der Gruppe werden unter anderem Benjamin Schwelnus, Lucas Zahner, Stefan Eckhardt und Leopold Böhm erkannt. Am 1. Mai 2022 besuchen einige ProtagonistInnen der genannten Gruppierung den „III. Weg“-Aufmarsch in Zwickau, darunter Ben Heller, Pierre Roch, Benjamin Schwelnus, Dominik Siegel und Lucas Zahner.

Unter der Eigenbezeichnung „Zukunft Deutschland“ firmiert seit Februar 2022 im Raum Wurzen eine vermeintlich neue Gruppe. Neben der Teilnahme und Bewerbung vorrangig Corona-leugnender Versammlungen wird zu einer Versammlung am 19. Mai 2022 auf dem Wurzener Jacobsplatz gegen den parallel stattfindenden IDAHIT*-Aktionstag in Wurzen aufgerufen. Als Anmelder tritt der Nazi und „Messestadtaktivist“ Ben Hannes Heller auf, begleitet unter anderem von Pierre Roch, Franz Dittberner und Lucas Zahner.

Pascal Lohse (blaues Basecap), Leopold Böhm (schwarze Trainingsjacke) und Dominik Siegel (rechts) auf einem Naziaufmarsch am 1. Mai 2022 in Zwickau. Foto: Recherche Nord.
Unbekannte Person, Ben Heller, Dominik Siegel, Lucas Zahner und Pierre Roch (v.l.n.r.) auf einem Naziaufmarsch am 1. Mai 2022 in Zwickau. Foto: Recherche Nord.
Pierre Roch, Dominik Siegel und der Bornaer Nazi Roland Schwarz auf einem Naziaufmarsch am 1. Mai 2022 in Zwickau. Foto: Recherche Nord.
Benjamin Schwelnus (Mitte) auf einem Naziaufmarsch am 1. Mai 2022 in Zwickau. Foto: Johannes Grunert.
Lucas Zahner, Pierre Roch und Franz Dittberner auf der Kundgebung von „Zukunft Deutschland“ am 19. Mai 2022 in Wurzen. Foto: Kili Weber.
Ben Hannes Heller auf einer Nazi-Versammlung in Naumburg (Saale) am 24. Juli 2020. Foto: Pixelarchiv.

Charakteristisch für das Umfeld der „Messestadtaktivisten“ ist, dass die JN-Gruppierung in Teilen sowohl der NPD als auch der Nazipartei „Der III. Weg“ nahesteht und es diesbezüglich auf der individuellen Ebene Unterschiede gibt. Gemein haben sie oftmals den Wohnort und den Freundeskreis – insbesondere Wurzen, Eilenburg und Borna sind hier neben Leipzig als Hotspots zu nennen. Im Vordergrund stehen gemeinsame Saufabende und die Teilnahme an Nazi-Aktivitäten. Großkotzig werden selbstgedruckte „Messestadtaktivisten“-Shirts beworben und vertrieben. Dem Zeitgeist der „dauerstudierenden, Tofu essenden und genderneutralen Subjekte“ wolle man sich nicht hingeben, betonen die selbsternannten „Messestadtaktivisten“. Sie seien Teil einer Jugend, die sich dem „pseudointellektuellen Gewäsch der Gleichheit“ entgegenstelle. Regelmäßig nehmen Personen aus dem Umfeld des Leipziger Ablegers auch an überregionalen Versammlungen der JN teil und betreiben Vernetzungsarbeit. So findet Anfang September 2021 ein „überregionaler Gemeinschaftstag“ der JN in Ostbrandenburg statt. Am 3. Oktober 2021 beteiligt sich die Gruppierung außerdem an einer Wanderung der Organisation zur Burg Gnandstein im Landkreis Leipzig. Nicht zuletzt verdeutlicht sich die Nähe zur Mutterpartei NPD. So werden immer mal wieder NPD-Stammtische im Raum Leipzig beworben. Hierbei interessant: Franz Dittberners Vater Falko Dittberner ist im Kreisverband der NPD im Landkreis Leipzig aktiv und saß zeitweise im Gemeinderat von Thallwitz.

Falko Dittberner (ganz rechts) auf einem Naziaufmarsch in Wurzen am 14. November 2010. Foto: Screenshot von der Naziwebseite “Aktionsbüro Nordsachsen”.

Ziele und Inhalte der JN-Gruppierung? Klar, das Abarbeiten an der verhassten Antifa und deren vermeitlichen Auswüchsen in der Zivilgesellschaft. So kommt es am 20. September 2021 zum Versuch einer Störaktion einer geplanten Veranstaltung eines Demokratieprojekts in Eilenburg. Eine Kleingruppe von JN-Nazis, darunter Paul Rzehaczek, Lucas Zahner und Dominik Siegel, versucht eine ohnehin schon nicht stattfindende Vortragsveranstaltung zu stören. Im Nachgang profilieren sie sich mit Fotos von sich und ihrem mitgeführten „Die spinnen die Linken“-JN-Transparent. Regelmäßig wird auch der Schulterschluss zum Leipziger „Querdenken“-Umfeld gesucht. So begleiten JN-AktivistInnen regelmäßig Versammlungen der „Bürgerbewegung Leipzig 2021“ und brüsten sich mit Gruppenfotos, so geschehen am 11. Oktober 2021 und am 25. Oktober 2021 sowie im Zuge bundesweit mobiliserter „Querdenken“-Proteste am 6. November 2021 in Leipzig. Hier wird eine 24-köpfige Personengruppe aus dem JN-Umfeld einer polizeilichen Maßnahme unterzogen und an der Versammlungsteilnahme gehindert. Die Leipziger JN-Nazis echauffieren sich im Nachhinehin auf ihren Social-Media-Kanälen darüber, dass „dutzende Systemwächter“ sie aufgrund eines Böllers einer solchen Maßnahme unterzogen hätten, und posten (wieder einmal) ein Gruppenfoto.

Im Umfeld der „Messestadtaktivisten“ bewegen sich auch Jungnazis mit zwischenzeitlich gewechselter Parteizugehörigkeit. Das in Borna-Nord lebende Pärchen Pierre Roch und Luisa Böttcher ist im Februar 2021 noch als Teil der „Jungen Nationalisten“ auf dem Dresdner Nazi-Trauermarsch zu sehen. Im Februar 2022 kommen beide dort in Begleitung des „III. Weg“-Aktivisten David Dschietzig an. Roch und Böttcher sind seit Mitte 2021 Teil des „III. Weg“ und dort offenbar Teil der „AG Jugend“ des „Stützpunktes Mittelland“. Trotzdem sind beide Teil des „Messestadtaktivisten“-Mobs am 6. November 2021. Im Jahr 2021 nimmt neben Luisa Böttcher auch ihr Bruder Dominik Böttcher am jährlichen Naziaufmarsch in Dresden teil. Dominik Böttcher war bereits 2016 an einem rassistischen Aufmarsch in Borna beteiligt und bewegt sich offensichtlich ebenfalls im Bornaer Nazi-Umfeld. Am Beispiel Rochs und Böttchers verdeutlicht sich, dass die Symphatien zur NPD oder dem „Dritten Weg“ keineswegs ein Ausschlusskriterium sind, um im losen JN-Verbund der „Messestadtaktivisten“ Teil sein zu können. So feiert Pierre Roch am 19. März 2022 in großer Nazi-Runde seinen Geburtstag in Wurzen. Das verbindende Element besagten Umfelds sind – neben der Nazi-Ideologie – also viel eher lose Freundschaften und das Wohnen in nahegelegen Orten.

David Dschietzig und Luisa Böttcher auf dem jährlichen Naziaufmarsch in Dresden am 13. Februar 2022. Foto: Recherche Nord.
Luisa Böttchers Bruder Dominik Böttcher (links im Bild) auf dem jährlichen Naziaufmarsch in Dresden am 13. Februar 2021. Foto: Pixelarchiv.

Zwischen Strukturaufbau und Reste-Rampe: „Neue Stärke Leipzig“ (NSL)

Seit 2021 sucht die – aus einer Nazigruppierung in Erfurt entstandene – Parteistruktur „Neue Stärke“ nach Aufmerksamkeit. „Neu“ ist hier eigentlich gar nichts. Viele Gesichter innerhalb der Parteistruktur sind alte Bekannte, oft aktiv gewesen in zahlreichen vorangegangenen Organisationsansätzen, jedes Mal aufs Neue an sich selbst gescheitert und nicht unumstritten in der eigenen Szene. Am 16. Februar 2022 berichtet die „Neue Stärke“, dass sich Ableger in sechs Städten im Aufbau befänden, darunter in Leipzig. Tatsächlich tritt seit Beginn des Jahres ein entsprechendes Personenumfeld mit qualitativ und quantitativ eher minder erfolgreichen Versammlungen und Aktionen in Erscheinung. Neben dem einheitlich getragenem „NSL“-Logo auf Mützen und Schlauchschals tauchen zudem erste Social-Media-Videos und Gruppenfotos auf, die gern in Vorbereitung oder im Nachgang einzelner Veranstaltungen angefertigt und geteilt werden.

Die genannte Gruppe fühlt sich noch unbeobachtet in Leipzig. Das ändert sich jetzt!

Eine führende Rolle innerhalb des Leipziger „Neue Stärke“-Ablegers nimmt der Nazi Jens Maske ein, der genau wie seine Beziehungspartnerin Sara Jessica Isabell Storch regelmäßig an Aktionen der Gruppe teilnimmt. Beide wohnen im Leipziger Stadtteil Liebertwolkwitz, Maske dort in einem Mehrparteienhaus in der Carl-Munde-Straße 2. Storch teilt sich aktuell noch eine Klingel mit ihrem Ex-Partner und Nazi Stefan Lange in der Teichmannstraße 21. Maske nahm in der jüngeren Vergangenheit regelmäßig an Versammlungen der „Neuen Stärke“ teil, darunter am 11. Dezember 2021 in Gera, am 22. Januar 2022 in Magdeburg, am 5. März 2022 in Chemnitz sowie am 26. März 2022 in Gera. Den Naziaufmarsch in Dresden am 13. Februar 2022 besuchte er ebenfalls, genau wie vereinzelt Versammlungen von „QuerdenkerInnen“, so geschehen am 19. Februar 2022 und am 2. April 2022 in Leipzig. Die seit November 2021 mit Maske liierte dreifache Mutter Sara Storch kommt aus Bremerhaven, wohnte zeitweise im Raum Sondershausen und ist mitlerweile in Leipzig wohnhaft. Genau wie Maske nimmt sie regelmäßig an Versammlungen der „NSL“ teil. Beide erwarten im September 2022 ein gemeinsames Kind.

Vorgestellt sei des Weiteren der Leipziger Nazi Daniel Schellknecht, geboren am 1987. Der Vater zweier Kinder trat unter anderem am 26. März 2022 beim versuchten Aufmarsch in Gera öffentlich in Erscheinung und gehört zum festen Kern des Leipziger „Neue Stärke“-Ablegers.

Sebastian Krause, unbekannte Person, Jens Maske, Sara Storch, Dominic Häger und Chris Reinhardt bei einer gescheiterten Aktion der „Neue Stärke Leipzig“ am 19. Februar 2022. Foto: Pixelarchiv.
Daniel Schellknecht (ganz rechts) beim gescheiterten „Neue Stärke“-Aufmarsch am 26. März 2022 in Gera. Foto: Mixi.

Ebenfalls Teil der Gruppe ist der im Jahr 2000 geborene Tom Wagner, dessen Nazi-Vater Maik Querengäßer in der „Neuen Stärke Gera“ mitwirkt. Wagner macht sich hinsichtlich seiner Aktivitäten vor allem als Selbstdarsteller bemerkbar, ist darüber hinaus aber ideologisch fest verortet.

Dem Kern der Leipziger Ortsgruppe ebenfalls zuzuordnen ist der Nazi Chris Reinhardt. Reinhardt lebt mit seiner Partnerin in der Kulkwitzer Straße 19 in Leipzig-Kleinzschocher. Er besuchte u.a. am 21. März 2022 in Begleitung von Jens Maske, Daniel Schellknecht und Tom Wagner einen Prozesstag gegen die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck in Berlin.

Das beste Beispiel dafür, dass es sich bei der „Neuen Stärke“ um eine Art Resterampe handelt, ist Michael Mayerl, welcher ab 2015 in der Partei „Die Rechte“ aktiv war und dann über eine Zwischenstation beim „III. Weg“ Anschluss beim örtlichen Ableger der „Neuen Stärke“ fand. Der bekennende Dynamo-Dresden-Fan war bei den letzten beiden Veranstaltungen der „Neue Stärke Partei“ am 26. März 2022 in Gera und am 1. Mai 2022 in Erfurt dabei und wohnt in der Jupiterstraße 35 im Leipziger Stadtteil Grünau-Nord.

Chris Reinhardt, Tom Wagner und Jens Maske bei einer gescheiterten Aktion der „Neue Stärke Leipzig“ am 19. Februar 2022. Foto: Pixelarchiv.
Michael Mayerl beim gescheiterten „Neue Stärke“-Aufmarsch am 26. März 2022 in Gera. Foto: Mixi.

Als nacheifernder Jungnazi im „Neue Stärke“-Umfeld kann Tom Stampfer aus Leipzig-Schönefeld verstanden werden, der aktuell eine Ausbildung bei der Supermarktkette Konsum absolviert und privat gern seine Zeit in einem „FitX“-Fitnesstudio verbringt. Seine ersten rechten Demo-Erfahrungen sammelte Tom Stampfer bei den montäglichen Aufmärschen der „Bürgerbewegung Leipzig 2021“. Dort konnte er z.B. im November 2021 mehrfach in Begleitung seines Schönefelder Kumpels Andreas Meissner angetroffen werden. Beide waren auch am 22. Januar 2022 neben weiteren Nazis auf einer Demonstration der „Bürgerbewegung Leipzig 2021“ zu sehen.

Den selben organisations-strategischen Weg wie Tom Stampfer schlug auch der Nazi Kevin Axt ein, der spätestens ab September 2021 zahlreiche Montagsdemonstrationen in Leipzig besuchte. Axt wohnt in der Saxoniastraße 43 in Leipzig-Althen. Er ist inzwischen ebenfalls Teil der Leipziger Ortsgruppe der „Neue Stärke Partei“. Mitlerweile konnte Kevin Axt auf mehreren rechten Aufmärschen im einheitlichen Outfit der Neuen Stärke gesichtet werden und bewegte sich dort zwischen den anderen LeipzigerInnen. An einer Versammlung der „Neue Stärke Partei“ in Erfurt am 01. Mai 2022 nehmen u.a. Jens Maske, Kevin Axt, Tom Stampfer und Tom Wagner teil.

Seit Anfang 2022 nimmt zudem der Nazi Dominic Häger aus Regis-Breitingen an Versammlungen der „Neuen Stärke Leipzig“ und anderen rechten Aufmärschen in Leipzig teil. So etwa an einem Aufzug der verschwörungsideologischen „Bewegung Leipzig“ am 20. Juni 2022, wo er Nahaufnahmen von Gegendemonstrant*innen macht.

Andreas Meissner (Mitte) und Tom Stampfer (rechts) auf einem Aufzug der extrem rechten „Bürgerbewegung Leipzig 2021“ am 22. Januar 2022. Foto: Pixelarchiv.
Der langjährig aktive Leipziger Nazi Kai Mose zusammen mit Stefan Eckhardt, Kevin Axt und Tom Stampfer am Rande eines gescheiterten Aufzugs der extrem rechten „Bürgerbewegung Leipzig 2021“ am 5. Februar 2022. Foto: Pixelarchiv.

In der Anfangszeit sehr aktiv in Erscheinung getreten und um Bewerbung der neugegründeteten „Neue Stärke Leipzig“ bemüht gewesen ist auch der Jungnazi Sebastian Krause aus Delitzsch. Am 13. Februar 2022 in Dresden trug er noch das Fronttransparent des „Neue Stärke“-Blocks, konnte aber seitdem kaum noch öffentlich bei Aktionen wahrgenommen werden. Während er weiterhin Fußballspiele des 1. FC Lokomotive Leipzig besucht, ist unklar, was zu seiner öffentlichen Inaktivität bei der NSP führte. Ein politischer Sinneswandel ist es nicht.

Viel heiße Luft: „Vereinigte Nationalisten Leipzig“ (VNL)

Im Juli des Jahres 2021 betritt eine Gruppierung namens „Vereinigten Nationalisten Leipzig“ die Bühne Leipzigs. Neben dem Anbringen extrem rechter Propaganda in Form von Stickern und Tags werden zwei Mal Banner mit rechten Botschaften aus einem leerstehenden Gebäudekomplex eines Bahnhofsgebäudes in Leipzig-Stötteritz gehangen. Stötteritz, der Leipziger Osten, aber auch Randbezirke im Leipziger Westen wie Grünau-Nord und Miltitz stellten die wesentlichen „Aktionsräume“ dieser Gruppe dar. Wobei der Begriff „Gruppe“ hier eher irreführend als zweckmäßig ist, handelt es sich vordergründig vielmehr um eine Einzelperson namens Justin Hecht, welcher sich als wesentlicher Akteur und treibende Kraft hinter den „VNL“ ausmachen lässt und Am kleinen Feld 20 in Leipzig-Miltitz wohnt. Im direkten Wohnumfeld Justin Hechts lassen sich regelmäßig extrem rechte Sticker, metergroße Hakenkreuz-Schmierereien, schwarz-weiß-rote Flaggen und „Lina Töten“-Tags ausmachen.

Justin Hecht trat das erste Mal beim jährlich stattfinden Nazi-Trauermarsch in Dresden 2021 in Erscheinung, nimmt seitdem an diversen extrem rechten Veranstaltungen in Mitteldeutschland teil und zählt sich auch selbst zur Fanszene des 1. FC Lok Leipzig. Letzteres scheint ein verbindendes Element zwischen Hecht und den anderen, überwiegend noch sehr jungen Menschen in seinem aktionistischem Umfeld zu sein. So scheinen sich auch frühere Weggefährten wie Fritz Danetzki und Pascal Lohse lieber in der Fanszene von Lok Leipzig auszutoben oder anderweitig aktiv geworden zu sein, als Hecht zu folgen. Interessant: Pascal Lohse ist der Sohn des Leipziger Nazis Alexander Lohse, Fritz Danetzki der Sohn der Leipziger Nazi-Akteurin Yvonne Danetzki.

Auch Maria Marschall, welche zunächst viel mit Justin Hecht unterwegs war, fand recht schnell den Weg zur „JN“. Rückblickend ist das anfänglich der Gruppe zugemessene Maß an zu erbringender Aufmerksamkeit nicht begründbar. Die kaum frequentierte Instagram-Seite der „VNL“ ist darüber hinaus seit März des Jahres 2022 nicht mehr auffindbar. Justin Hecht ist mittlerweile Teil des „Neue Stärke“-Umfelds und nahm am 25. April 2022 in Erfurt auch an einem „Aktionstag“ der Partei teil.

Justin Hecht (mit „US Army“-Jacke) auf dem Nazi-Trauermarsch am 13. Februar 2021 in Dresden. Foto: Pixelarchiv.
Mutmaßlich Fritz Danetzki beim versuchten Angriff auf eine*n Journalist*in in Leipzig am 21. Dezember 2020. Die Kleidung des Angreifers passt zu der von Danetzki. Foto: Bananenpresse.
Maria Marschall auf dem Naziaufmarsch am 22. Januar 2022 in Magdeburg. Foto: Recherche Nord.

Nazis aus der Deckung holen!

Trotz einer gewissen Kurzweiligkeit der genannten Nazi-Strukturen als solche verdeutlichen sie eines: Nazis in und um Leipzig sind aktiv. Die thematisierten ProtagonistInnen sind um Organisierung bestrebt, gewalttätig, und sie fühlen sich sicher. In einigen Fällen sind sie noch sehr jung, großkotzig und darauf aus, sich selbst zu beweisen. Sie sind eine Gefahr für alle, die nicht in ihr menschenfeindliches Weltbild passen. Gemeinsam gilt es kreativ zu werden und Nazis auf allen Ebenen das Leben schwer zu machen. Weiterführende Informationen und Feedback erreichen die Autor*innen des Artikels unter der E-Mail-Adresse rechte-umtriebe-leipzig-2022 [ät] riseup.net (PGP-Key).

Anmerkung: Für die genannten Personen der Extremen Rechten wird im Artikel bewusst das Binnen-I verwendet, da das binäre Geschlechterrollenbild konstitutiv für die Weltanschauung dieser Personen ist. Des Weiteren wird im Zusammenhang mit den im Artikel erwähnten Nazis bewusst auf das häufig vorangestellte “Neo” verzichtet, da ein Bruch mit alter Nazi-Ideologie im Werdegang der genannten AkteurInnen nicht zu erkennen ist, der eine solche Bezeichnung rechtfertigen würde.


Text zugesandt von: anonym