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Welt - Wirtschafts - Gipfel (G8)

2006 | BergsteigerInnen

Worüber spricht der Gipfel?

Inhaltlich ist das große Thema der Gipfel die wirtschaftliche Entwicklung. Seit dem Ende der Blockkonfrontation werden vermehrt auch weitere Themen wie Umwelt, Kriminalität und Kriege besprochen.

Arbeitsgruppen besprechen derzeit konkret die Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, den internationalen Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität. Die dort erarbeiteten Empfehlungen werden bei den Gipfeln von den Staats- und Regierungschefs erörtert und fließen in die Gipfelbeschlüsse mit ein.

Wie entscheidet der Gipfel?

Der Gipfel ist - anders als der IWF oder die Weltbank - ein rein informelles Treffen. Es gibt keine öffentlichen Protokolle und keine verbindlichen Beschlüsse, nur ein allgemein gehaltenes Abschlusscommunique.

Im Vorfeld der Gipfel wird ein Abstimmungsprozess über die anliegenden Fragen in Gang gebracht, der beim Treffen in eine Endform gegossen und veröffentlicht wird. Die eigentlichen Verhandler werden "Sherpas" genannt und kommen aus der Ministerialbürokratie. Für die BRD ist das an der Spitze Dr. Bernd Pfaffenbach, Staatsekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, unterstützt von Sous-Sherpas für den Bereich globale Wirtschafts- Umwelt- und Entwicklungsfragen (Auswärtiges Amt) und Finanzpolitik (Bundesministerium der Finanzen), sowie vom Politischen Direktor des Auswärtigen Amts für Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik (Quelle: Webseite des Auwärtigen Amtes) Alle Entscheidungen werden im Konsens getroffen - jedes beteiligte Land kann also ein Veto einlegen.

Was entscheidet der Gipfel?

Die Beschlüsse der G8 haben keine rechtsverbindliche Wirkung und damit auch keine direkten Konsequenzen. In Gleneagles wurde beschlossen:

  • Die USA erkennt an, dass Klimawandel ein Problem ist, trotzdem bleibt unklar, ob das Kyoto-Protokoll ratifiziert wird => kein Ergebnis
  • Das Abschlusskommunique präsentiert eine Aufstockung der Entwicklungshilfe-Zahlungen Mrd. US-$ Aufstockung. Die Summe ist aber nur eine Präsenatation von unabhängig vorher in nationalen Parlamenten beschlossenen Zahlungen => präsentiert wird ein egebnis anderer Prozesse
  • Das einzige handfeste Ergebnis des Gipfels ist, bei den 18 ärmsten Ländern der Welt in den nächsten 10 Jahren auf die Tilgung der Schulden zu verzichten, damit verbunden ist allerdings die Einflussnahme auf die Innen- Wirtschafts- und Sozialpolitik der betroffenen Länder

Nach eigener Auskunft bemühen sich die GipfelteilnehmerInnen aber darum, sie an anderem Ort durchzusetzen:

"Die G8 bleiben auch weiterhin ein informelles Abstimmungsforum. Die Beschlüsse der Gruppe entfalten dennoch politische Bindungswirkung und werden von den G8 mit gemeinsamer Stimme in andere multilaterale Foren eingebracht." (ebenda)

Zumindest im IWF ist das einfach, hier haben die Großen 8 fast 50% der Stimmen. Auch in anderen internationalen Institutionen ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich die gemeinsame Position der Gipfelstaaten durchsetzt.

Worum geht es also beim Gipfel?

Weil nicht wirklich etwas verbindlich beschlossen wird, geht es beim Gipfel zu einem großen Teil darum, dass die sieben reichsten Staaten und Russland sich präsentieren und Kompetenz demonstrieren. Sie zeigen, dass sie etwas tun für die Wirtschaft, gegen die Kriminalität, gegen Krieg und gegen Hunger. Sie zeigen auch, dass Kapitalismus und eine nationalstaatliche Ordnung das System ist, dass Antworten auf weltweite Probleme hat. So stellen es die Vertreter der Staaten dar: Sie beraten und finden Lösungen für die Probleme der Welt.

Es geht also um zweierlei:

  1. Das G8-Treffen ist erst einmal einfach eine Konferenz, auf der strategische Ziele verhandelt werden, ein "Gremium der Global Governance" - wie das auswärtige Amt sagt. Die Macht, wirklich global zu herrschen und die politischen und ökonomischen Entwicklungen im Griff zu haben, ist aber eine Illusion - es gelingt noch nicht einmal, den Klimaschutz durchzusetzen, geschweige denn die Armut abzuschaffen.
  2. Deswegen ist das Treffen vor allem eine Propagandashow, bei der symbolisch klar gemacht wird, dass es keine Alternative zum Kapitalismus gibt. Die öffentliche Auseinandersetzung mit den Problemen der Welt - sei es nun Armut oder Krieg - lenkt davon ab, dass substanziell wenig oder gar nichts passiert und die politische Steuerungsfähigkeit in einem krisengeschüttelten Kapitalismus verloren geht.

Warum ist man also dagegen?

Die traditionelle Kritik an den Weltwirtschaftsgipfeln kritisiert, dass die mächtigsten Staaten der Erde zusammen kommen, um auszumachen, wie sie den Rest der Welt unter ihren Einfluss bringen können. Für die Welt der Blockkonfrontation, als es noch die staatssozialistische Alternative gab und teilweise im Trikont um Einflussspähren gestritten wurde, mag diese Kritik angemessen sein. Um es kurz und brutal zu sagen: Heute ist die Vorherrschaft des Kapitalismus weltweit durchgesetzt und die G8 kümmern sich wie IWF, Weltbank und WTO eher darum, die Krisenhaftigkeit des kapitalistischen Systems zu bändigen.

Zu sagen, dass die G8 den Hunger nicht bekämpfen wollen, zielt daher auch in die falsche Richtung. Selbst wenn sie es wollten, führt die Dynamik kapitalistischer Gesellschaften und die weltweite Arbeitsteilung strukturell zu Armut, die sich im System vielleicht mildern, aber nicht abschaffen lässt.

Die Banketts, Gruppenphotos und Aktionspläne sind symbolische Politik, die davon ablenkt, dass die Krise hausgemacht ist und dass Armut, Hunger und Elend so lange nicht Geschichte ist, so lange der Kapitalismus nicht Geschichte ist.

Das Ziel der Gipfelproteste ist es deswegen nicht, einen besseren Armutsbekämpfungsplan oder eine gerechtere internationale Finanziarchitektur einzufordern, sondern die Legitimität des ganzen kapitalistischen Systems weltweit anzugreifen.

Kurz gefasst: Der Gipfel ist ein Symbol für eine desaströse Weltwirtschaft, die für einen großen Teil der Menschheit Armut und für alle Menschen Unterwerfung unter die Zwänge des kapitalistischen Systems bedeutet. Dagegen zu sein heißt, gegen diese Weltwirtschaft überhaupt zu sein.

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