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Für mehr Bewegung kämpfen - solidarisch, grenzüberschreitend, internationalistisch

Göttingen, 11.4.2015: Refugees welcome!Nachdem am 10. April 2014 AntifaschistInnen eine Abschiebung trotz brutalem Einsatz der Göttinger BFE verhindert haben, schlägt der rassistische Polizeistaat jetzt erneut zu. Acht Strafanzeigen u.a. wegen Körperverletzung und Widerstand liegen gegen GenossInnen vor und werden in der nächsten Zeit vor dem Amtsgericht verhandelt.

Dabei geht es bei den Prozessen nicht nur um viel Geld, sondern auch um eine erprobte Polizeistrategie: Ziel ist es nicht mehr nur primär, wie noch in den 1990er Jahren, Verfahren gegen ganze Gruppen mittels der §129-Verfahren zu führen, sondern darum AntifaschistInnen konstant mit Einzelverfahren wegen der noch so kleinsten und abstrusesten ‘Straftaten‘ zu nerven.
Die Repression gegen linksradikale Gruppen bindet unsere Zeit und Ressourcen und hält damit vom Politik machen ab. Die aktuelle Kriminalisierung Einzelner funktioniert individualisierend und soll unpolitisch wirken, da es ja ‘nur‘ um ‘Verfehlungen‘ Einzelner geht, die durch die Menge an Strafverfahren handlungsunfähig gemacht werden sollen.

Im Kontext prügelnder BFE, politischer Polizeiarbeit, erstarkendem Rechtspopulismus, zunehmenden Abschiebungen und Rassismus braucht es trotz und wegen staatlicher Repression starke solidarische Antworten!

Auf unseren Widerstand folgt Repression – dieser werden wir Solidarität und Entschlossenheit entgegensetzen!
Die BFE muss raus aus der Stadt – damit Göttingen wieder sicher wird!

 

Erkennungsdienstliche Behandlung | Presseinformationen | Medienberichte | Chronologischer Überblick

 

Darum gehts: Fotos von der verhinderten Abschiebung am 10.4.2014

 

Veranstaltungsberichte: Solidaritäts-Konzert

Stadtrundgang und Kunstaktionen zum 25. Todestag der Antifaschistin Conny

Innenminister-Polizei-Kaffeekränzchen besucht

 


Die antirassistischen Kämpfe in Göttingen des letzten Jahres
- Der Versuch eines chronologischen Überblicks

Wieder einmal formiert sich in Deutschland ein rassistischer Mob: jeden Montag und neuerdings auch sonntags verbreiten rassistische Initiativen ihre kruden Thesen über eine vermeintliche Islamisierung des Abendlandes und hetzen gegen Geflüchtete. Fast überall dort, wo Flüchtlingsunterkünfte geplant werden, formieren sich unter geheuchelter Besorgtheit rechte Bürgerinitiativen dagegen. Die rechtspopulistische „Alternative für Deutschland“ (AfD) verschiebt auf parlamentarischer Ebene das Feld des Sagbaren ins offen rassistische Spektrum. Im Zuge des Entstehens einer breiten rechten Bewegung kam es zu mehreren Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte und auf das Refugee-Protestcamp in Hannover. Der allgemeine rechte Rollback wird auch zur Legitimierung der hin schon praktizierten rassistischen Abschottungspolitik der Bundesrepublik und der EU.

Allerdings formiert sich auch Widerstand gegen antiislamischen Rassismus und Wohlstandschauvinismus. Fast in allen Städten, in denen Kundgebungen im Pegida-Stil geplant sind, übersteigt die Zahl der GegendemonstrantInnen die der Rassisten um ein Vielfaches. Mit genügend Nachdruck kann auch der Kampf gegen die Abschiebepraxis des Staates erfolgreich sein. Hier in Göttingen gelang es im letzten Jahr mehrfach angesetzte Abschiebungen durch Blockaden zu verhindern.
Auf diesen ersten Erfolgen dürfen wir uns aber nichts ausruhen, sondern müssen auch nicht-staatliche Akteure im Auge behalten und gegen sie vorgehen. Mit wohlstandschauvinistischen Argumenten mobilisiert eine neu gegründete Bürgerinitiative um Frank Schorkopf gegen den Bau der Unterkunft.

Hier folgt ein kurzer Überblick über die Aktivitäten des letzten Jahres.

 

Startpunkt: Prügelorgie bei verhinderter Abschiebung am 10. April 2014

Am 10. April 2014 gelang es 60 AntirassistInnen einem brutalen Polizeieinsatz der Göttinger Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) und Hundestaffel zum Trotz eine Abschiebung zu verhindern. Die AktivistInnen blockierten so entschlossen den Hausflur, dass die Polizei ihren Einsatz abbrechen musste, da der Zeitrahmen, in dem die Abschiebung durchgeführt werden konnte, verstrich. Nachdem die BFE zuvor daran scheiterte gegen den massiven Widerstand der AbschiebegegnerInnen durch die Eingangstür in den Hausflur zu gelangen, verlangte sie brachial die Öffnung eines Fensters im Souterrain. Die wachgewordene, erschrockene Familie öffnete das Fenster und sah sich mit einer gepanzerten BFE-Einheit konfrontiert, die nun durch die Privatwohnung ins Treppenhaus eindrang. Von dort prügelte und zerrte die BFE vor den Augen der geweckten Kinder die Menschen durch die Wohnung der Familie nach draußen.

Während im Haus die BFE mit Schlagstöcken, Pfefferspray und Fäusten wütete, biss sich draußen die Hundestaffel den Weg durch die vor dem Haus stehenden UnterstüzterInnen. Es kam zu zahlreichen Verletzungen, unter anderem Hundebissen, eine Person verlor das Bewusstsein während die BFE sie nach draußen prügelte. Glücklicherweise konnte die Abschiebung auch langfristig verhindert werden, da dem Betroffenen die Möglichkeit eines Kirchenasyls geboten wurde.

Die BFE stand folglich massiv in der Kritik, eine breite Göttinger Öffentlichkeit unterstützt in einem offenen Brief der Grünen Jugend die Forderung nach der Abschaffung der BFE. In der rot-grünen Landesregierung knallte es aufgrund des eskalierten Einsatzes der Polizei. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius sah sich im Mai 2014 genötigt nach Göttingen zu fahren, wo er sich mit der Göttinger BFE traf. Auf einer Pressekonferenz danach stellte er sich hinter die Göttinger BFE.

 

Die Gerichtsprozesse seit Oktober 2014

Seit Oktober 2014 laufen vor dem Amtsgericht Prozesse gegen GenossInnen.
Hier hinter steht eine schon erprobte Polizeitaktik: Es geht darum Menschen wegen scheinbar unpolitischer Bagatelldelikte zu belangen. Bei den Verhandlungen wird lediglich punktuell das Verhalten von Einzelpersonen thematisiert. Diskutiert wird, wer wann wen wie geschubst, gespuckt oder falsch geguckt hat. Die Abschiebung und die Misshandlungen durch die Polizei stehen dabei überhaupt nicht zur Debatte. Die ganze Situation wirkt vollkommen abstrus: verklagt werden die, die vorher schon von der Polizei auf die Fresse bekommen haben und die Prügelnden dürfen sich über ihre verletzten Gefühle auslassen.
Dies ist eine erprobte Polittaktik, um Prozesse zu entpolitisieren und betroffene GenossInnen zu vereinzeln. Klar ist aber, diese Repression dient der Einschüchterung und Abschreckung und wendet sich gegen notwendigen gesellschaftlichen Aktivismus.
Es wurden bereits drei Personen wegen Beleidigung zu hohen Geldstrafen verurteilt, eine Person wurde frei gesprochen. Noch bis zu sechs weiteren Prozessen können im Nachgang an den 10. April folgen.

Bei den kritischen und widerständigen Begleitungen der Prozesse griffen Justiz und Staatsanwaltschaft mit geringem Erfolg auf Drohungen und Personalienaufnahmen zurück, um ihre Autorität wieder herzustellen. So wurde unter anderem das Tragen eines Pullovers mit der Aufschrift „FCK BFE“ zur Anzeige gebracht.

 

Auch die Schreibtischtäter gehen gegen Linke vor…

Im Herbst 2014 konnten zwei weitere Abschiebungen verhindert werden, eine davon am 03.11.14. Im Anschluss daran entschieden AntirassistInnen gemeinsam zur Ausländerbehörde zu gehen, um, ausgestattet mit einer Vollmacht der Familie, das ihr noch zustehende Geld für diesen Monat abzuholen. Die Stadt Göttingen zeigte daraufhin drei AntirassistInnen an und baute Sicherheitstüren vor die Ausländerbehörde. Zudem soll ein Sicherheitsdienst nun zur Abschirmung vor KritikerInnen engagiert werden.
Wäre es nicht so ernst, wäre es fast unterhaltsam, dass ausgerechnet diejenigen, die die Polizei beauftragen im Morgengrauen in fremde Wohnungen einzudringen und Menschen gegen ihren Willen mitzunehmen, nervlich zusammenbrechen, wenn bei ihnen mal jemand zu unsanft anklopft.

 

Kein Gespräch auf Augenhöhe - erst verprügeln und klagen, dann reden...

Auch in der Landesregierung ist angekommen, dass die Abschiebemaschinerie in Göttingen nicht rund läuft. Innenminister Pistorius macht sich Sorgen um die öffentliche Anerkennung der BFE in Göttingen und lud für den 03.12.14 Parteien, Parteijugenden, den Landespolizeipräsidenten Uwe Binias, den Präsident der Polizeidirektion Göttingen Robert Kruse und Vertreter der BFE Göttingen, sowie den AK Asyl zum Gespräch „Kommunikation auf Augenhöhe – für respektvollen Umgang“ ein. Der AK Asyl lehnte dankend ab als zivilgesellschaftliches Feigenblatt instrumentalisiert zu werden.
Den Fantasien von Pistorius die linke Szene in linksliberale und linksradikale Bewegung zu spalten, konnten wir eine gemeinsame Demo entgegen setzen. Weiter endete diese Veranstaltung wie zu erwarten mit viel heißer Luft.
Noch peinlicher, Pistorius inszeniert sich als wohlwollend und besuchte die Erstaufnahmeeinrichtung in Friedland, um dort eine Weihnachtsfeier abzuhalten. Danach kann dann munter weiter abgeschoben werden.

 

Erkennungsdienstliche Behandlung

Am 07.01.15 folgte die Erkennungsdienstliche Behandlung des Genossen, der der Ausländerbehörde am 3. November mit der Tür ins Haus gefallen sein soll. Obskur ist der Vorwurf hin schon – mit der Hintergrundinformation, dass es sich bei dem Beschuldigten um denjenigen handelt, der im April von der BFE bewusstlos geprügelt wurde und daher nun vor dem Verwaltungsgericht gegen den Polizeieinsatz klagt, wird es endgültig haarsträubend. Ziel der ED-Behandlung ist es den Kläger einzuschüchtern und als kriminell abzustempeln, um ihn juristisch unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Aber auch hier wurde deutlich gemacht, dass wir uns nicht spalten lassen und unsere GenossInnen solidarisch begleiten.

Abschiebungen verhindern – auf allen Ebenen, mit allen Mitteln!

FCK BFE! Die BFE muss raus aus der Stadt – damit Göttingen wieder sicher wird!


Erkennungsdienstliche Behandlung am 07.01.2015

Transpi ED-Behandlung

Am Mittwoch den 07.01.2015 um 9.45 Uhr versammelten sich etwa 20 Menschen vor der Polizeidirektion Göttingen in der Groner Landstraße, um sich mit einem Antirassisten zu solidarisieren. Ihm wird vorgeworfen am 03.11.2014 eine Tür der Ausländerbehörde zu unsanft geöffnet zu haben, so dass sich eine Mitarbeiterin körperlich verletzt gefühlt haben soll.

Die Gruppe stellte sich mit Transparenten und Schildern vor die Polizeiwache, mit denen auf die Zusammenhänge zu den drei im letzen Jahr verhinderten Abschiebungen und den darauf folgenden aktuellen Repressionsschlägen aufmerksam gemacht wurde.

Hintergrund ist die durch zahlreiche AntirassistInnen verhinderte Abschiebung einer dreiköpfigen somalischen Familie am 03. November 2014 nach Italien. Im Anschluss erklärten sich einige der AktivistInnen bereit das der Familie noch zustehende Geld für den November in der Ausländerbehörde stellvertretend in Empfang zu nehmen, da ihr Aufenthaltsstatus zu diesem Zeitpunkt noch unklar erschien. Der gemeinsame Besuch der AbschiebegegnerInnen hat die Ausländerbehörde anscheinend in Angst und Schrecken versetzt. Ausgerechnet diejenigen, die die Polizei damit beauftragen im Morgengrauen in fremde Wohnungen einzudringen und Menschen gegen ihren Willen mitzunehmen, brechen nervlich zusammen, wenn jemand bei ihnen zu unsanft anklopft.

 

Schild Anna ArthurDiese ED Behandlung reiht sich ein in die aktuellen Verfahren gegen AntirassistInnen und ist ein weiterer Versuch der Polizei politisch motiviert gegen AktivistInnen vorzugehen, die sich der rassistischen und menschenverachtenden Praxis des Staates entgegen stellen. Besonders pikant ist dabei, dass es sich bei dem Betroffenen um den Kläger gegen den Polizeieinsatz der verhinderten Abschiebung vom April 2014 im Neuen Weg handelt. Er selbst wurde damals von der Polizei bewusstlos geschlagen. Wer das rechtmäßige Vorgehen der Polizei öffentlich in Frage stellt, wird zur Zielscheibe von Repression und Kriminalisierung!

Solidarisch zeigten sich auch die Göttinger Abgeordneten Dr. Meinhart Krischke Ramaswamy von der Piratenpartei, Patrick Humke von den Linken und Norbert Hasselmann von den Grünen. Letzterer begleitete den Betroffenen in die Polizeidirektion.

 

Spucke auf den Staatsanwalt Schilder Politiker Still not loving police

 


Soli-Ska-Konzert "Bullenhass in D-Dur"

Für mehr Bewegung kämpfen Konzert PlakatAm 13.12.2014 fand ein Soli-Konzert in der Göttinger Musa statt. Gut 200 Menschen feierten mit den Big Banders (Hamburg), Los Tres Puntos (Paris) und RSO (Göttingen).

Aus unserer Ankündigung: Am 10. April diesen Jahres haben über 60 Menschen die Abschiebung eines Geflüchteten erfolgreich verhindern können. Trotz des brutalen Einsatzes der Göttinger BFE. Die AktivistInnen blockierten das Treppenhaus und verhinderten so, dass die Bullen ins Haus gelangten. Erst durch den gewaltätigen Einsatz von Prügelbullen, die aus dem Keller stürmten, konnten sie sich Zugang zum Haus verschaffen. Und weil auf Leute einprügeln und Hunde auf Menschen hetzen noch nicht genug ist, werden die AbschiebungsgegnerInnen nun mit Gerichtsverfahren überzogen. Diese sind zum Teil gerade angelaufen und die ersten Verurteilungen bereits durch. Mit dem Konzert soll Geld für die Unterstützung der von Repression Betroffenen und für weitere Verhinderungen von Abschiebung gesammelt werden.

Der Abend wird von einer glanzvollen Mischung aus erfahrenen Ska-Bands gerockt. Den Anfang machen die Big Banders aus Hamburg, die 2014 ihr neues Album „dead right“ veröffentlicht haben. Weiter geht es mit den aus Paris angereisten Los Tres Puntos. Die französische Ska-Band ist seit 1995 in ganz Europa unterwegs und hat in dieser Zeit schon das ein oder andere Mal in Göttingen die Bude

zum Beben gebracht.

Den Abschluss machen die SchurkInnen von Rogue Steady Orchestra (R.S.O.). Mit ihrem Mix aus Reaggae, Ska und Swing-Einflüssen und der kritischen Auseinandersetzung mit politischen Themen vollenden sie den Abend.

Karten gibt es im Vorverkauf beim Roten Buchladen, bei Groovy und der Musa.

Preise VVK: 8 | AK: 10

Auf unseren Widerstand folgt Repression - dieser werden wir Solidarität und Entschlossnheit entgegensetzen!

Die BFE muss raus aus der Stadt- damit Göttingen wieder sicher wird!

 


Bericht Critical Mass und Kundgebung

„Der Innenminister kommt – wir bleiben alle!

Fahrraddemo_Pistorius_Göttingen

Nach kurzem Auftakt in der Innenstadt an der Jacobikirche ging es in einer dynamischen, lauten Critical Mass Fahrradtour zur Thomaskirche. Doch kurz bevor die Fahrraddemo dort ankam, floh der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius vor der von ihm benannten „kritischen Protestbewegung“. Vorstrukturierte Diskussion auf Augenhöhe mit kruden VertreterInnen scheint ok zu sein – sich aber den realen Verhältnissen und unserer Kritik zu stellen, scheint dann doch zu viel zu sein. Einem könnte ja aufgehen, dass die eigene rassistische Abschiebepolitik vielleicht das Problem ist – und nicht die aufgeheizte Situation in Göttingen.

Während in der Thomaskriche Vertreter und Vertreterinnen von BFE, zusammen mit Parteien, dem Göttinger Ordnungsamt, mit Göttinger Polizeipräsident Robert Kruse und Landespolizeipräsident Uwe Binias „auf Augenhöhe“ über unseren gelungenen Eingriff in ihre rassistische Abschiebemaschinerie rätselten, zeigten zeitgleich vor der Kirche ca. 60 AntifaschistInnen und AntirassitInnen, dass sie immer wieder Widerstand gegen ihren staatlichen Rassismus und ihre Repression leisten werden.

Eine auf die Kirche projezierte Diashow zeigte die Kontinuitäten von Repression und Polizeigewalt in Göttingen: Zu sehen waren Bilder von prügelnder BFE, Hundebissen und der verhinderten Abschiebung vom April 2014. Ergänzt wurden diese durch Bilder vom Schünemann Besuch 2012, Protesten gegen pro Deutschland 2013 und einem Video des NDR von der benannten erfolgreich verhinderten Abschiebung. Geflüchtete stellten sich gemeinsam auf, um aus vielen einzelnen Schildern ihre Forderung „We love Bleiberecht, dont love dialog“ klar zu stellen.

Farraddemo_Göttingen_PistoriusLächerliche, zynische Kommentare aus einer Pressekonferenz von Pistorius nach der verhinderten Abschiebung waren zu hören. So fragte er BFE'ler ob sie etwa auch so Schläger sind, und erklärte, dass die Polizei natürlich nicht nach Herkunft oder Hautfarbe unterscheide – Ausnahmen bestätigten die Regel.  Am Ende der Kundgebung bewegten sich duzende AktivistInnen über einen Zaun zur Rückseite des Gebäudes, wo sie unmittelbar im Angesicht der drinnen stattfindenden Gesprächsrunde Parolen skandierten und antirassistische Transparente hoch hielten.

Die Polizei war bereits den ganzen Tag über massiv mit der Göttinger BFE sowie Braunschweiger Einheiten präsent, beschränkte sich aber darauf, den Verkehr zu regeln. Als am Alten Rathaus ein rechter Passant die Fahrraddemo mit einem Hitler-Gruß provozierte, ignorierte die Polizei diese Nazi-Geste schlicht und ergreifend.

Wir konnten klar stellen, dass uns diese Polit-Inszenierung als Gesprächsbereit zu wider ist: Vor Argumenten flieht Pistorius, an der eigentlichen rassistischen und repressiven Politik soll sich nichts ändern. Wir werden immer wieder Abschiebungen verhindern und mit unserer Solidarität gegen ihre Repression vorgehen!

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Aufruf

03.12.2014 I 16.30 Uhr I Vom Jacobikirchhof zur Thomaskirche

Der Innenminister kommt – Wir bleiben alle
Wütend und widerständig gegen staatlichen Rassismus und Repression!

Der Innenminister kommt -  Fahrrad InnenstadtDer niedersächsische Innenminister Boris Pistorius kommt am 03.12.2014 nach Göttingen. Er lädt ein, um mit Parteistrukturen von CDU bis Grüne, der Polizei und dem Ordnungsamt Konflikte in Göttingen zu befrieden. Wir lassen uns jedoch nicht befrieden, solange weiter abgeschoben wird, Menschen in die Illegalität getrieben werden und GenossInnen mit Repression überzogen werden. Auf Landesebene ist angekommen, dass in Göttingen breite Teile der Gesellschaft immer wieder Widerstand gegen Polizeigewalt, Abschiebungen und Illegalisierungen leisten. Zeigen wir ihnen, dass wir immer wieder gegen ihre Repression und ihren institutionellen Rassismus vorgehen werden!

Im April 2014 wurde in Göttingen eine Abschiebung im Neuen Weg trotz brutalem Einsatz von BFE und Hundestaffel verhindert. Seit dem konnten zwei weitere Abschiebungen durch blockieren der Eingangstüren verhindert werden. Uns ist es damit gelungen ein Stück weit in die staatliche Abschiebemaschinerie einzugreifen und diese zu stören!! Nach diesem ersten Einsatz stand die Göttinger BFE massiv in der Kritik. So stehen weite Teile der Grünen Landesregierung hinter der Forderung der Abschaffung der BFEn, ein offener Brief für die Abschaffung der BFE stößt in Göttingen auf breite Unterstützung. Statt sich durch die AntirassistInnen zu prügeln ändert die Polizei nun jedoch ihre Strategie. Geflüchtete, deren Abschiebung verhindert wurde, werden auf Fahndungslisten gesetzt und somit in die Illegalität gedrängt. Auch gegen die AntirassistInnen gehen Polizei, aber auch die Stadt mit Repression vor. Viele GenossInnen stehen derzeit wegen vermeintlich unpolitischer Straftaten wie Beleidigung, Körperverletzung oder Hausfriedensbruch vor Gericht.

Es ist eine Farce, wenn der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius nun zu einer „Kommunikation auf Augenhöhe – für respektvollen Umgang“ einlädt! Dieses Vorgehen lässt sich jedoch leicht als Versuch der Spaltung von linksliberaler und linksradikaler Bewegung entlarven! Hier hinter steht die Strategie, den linksliberalen Teil der Bewegung in Göttingen zu befrieden und damit die breite Unterstützung für organisierte Regelübertritte einzudämmen. Gelingt dies, so die Idee, kann der restliche Teil der Bewegung mit Repression überzogen und zum Schweigen gebracht werden. Wenn dies erledigt ist, kann der Staat wieder zu seiner geliebten Ordnung zurückkehren und munter weiter abschieben. Dies werden wir nicht zulassen!

Es gibt nichts zu vermitteln und zu diskutieren!
Einstellung aller Verfahren jetzt!
BFE raus aus der Stadt jetzt!
Abschiebungen weiter erfolgreich verhindern – Solidarität mit allen Refugees!

Bringt alle eure Fahrräder mit, damit wir am 03.12.2014 um 16.30 Uhr gemeinsam vom Jacobikirchhof zur Thomaskirche am Leineberg fahren können, um dem Innenminister die „gesellschaftskritische Protestbewegung in Göttingen“ (Zitat Pistorius Gesprächseinladung) zu zeigen. Anfahrt mit dem Bus: Linie 80 Richtung Söseweg, Haltestelle Werrastraße.

Hier könnt ihr auch nochmal die Stellungnahme des AK Asyl zu diesem Gespräch lesen!


10.04.2014 Abschiebung blockiert und verhindert!

Demonstration am Nachmittag zur Ausländerbehörde


Presseinformationen

 

Presseinfo vom 07.01.2015

Solidarität mit Antirassisten

Begleitung zu erkennungsdienstlicher Behandlung


Am Mittwoch den 07.01.2015 um 9.45 Uhr versammelten sich etwa 20 Menschen vor der Polizeidirektion Göttingen in der Groner Landstraße, um sich mit einem Antirassisten zu solidarisieren.  
Ihm wird vorgeworfen am 03.11.2014 eine Tür der Ausländerbehörde zu unsanft geöffnet zu haben, so dass sich eine Mitarbeiterin körperlich verletzt gefühlt haben soll.

Die Gruppe stellte sich mit Transparenten und Schildern vor die Polizeiwache, mit denen auf die Zusammenhänge zu den drei im letzen Jahr verhinderten Abschiebungen und den darauf folgenden aktuellen Repressionsschlägen aufmerksam gemacht wurde.
„Dies ist ein weiterer Versuch der Polizei politisch motiviert gegen AktivistInnen vorzugehen, die sich der rassistischen und menschenverachtenden Praxis des Staates entgegen stellen!“, kommentiert eine Sprecherin der Antifaschistischen Linken International. Besonders pikant ist dabei, dass es sich bei dem Betroffenen um den Kläger gegen den Polizeieinsatz der verhinderten Abschiebung vom April 2014 im Neuen Weg handelt. „Wer das rechtmäßige Vorgehen der Polizei öffentlich in Frage stellt, wird zur Zielscheibe von Repression und Kriminalisierung!“  
Solidarisch zeigten sich auch die Göttinger Abgeordneten Dr. Meinhart Krischke Ramaswamy von der Piratenpartei, Patrick Humke von den Linken und Norbert Hasselmann von den Grünen. Letztere begleitete den Betroffenen in die Polizeidirektion.  

Weitere Informationen zum Hintergrund der verhinderten Abschiebungen und der darauf folgenden aktuellen Repressionswelle finden Sie in unserer Pressemitteilung vom 05.01.2015.  
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung

 

Presseinfo vom 28.11.2014

Tumult im Gerichtssaal nach Urteil

Polizei stürmt Besuchertribüne wegen "FCK BFE“" Pullover

Am heutigen Freitag (28.11.) wurde der Prozess gegen einen Antirassisten vor dem Göttinger Amtsgericht fortgesetzt und das Urteil verkündet. Der Betroffene wurde dabei wegen „"tätlicher Beleidigung"“ zu 75 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt. Die Antifaschistische Linke International (A.L.I.) solidarisiert sich mit dem Antirassisten und beurteilt den Schuldspruch als Ausdruck politischer Justiz. „"Politisch besonders engagierte Aktivistinnen und Aktivisten sollen mit harten Strafen abgeschreckt werden."“ so die Sprecherin der Antifa-Gruppe zu dem Urteil.

Im Gerichtssaal spionierten während der Verhandlung mindestens vier Polizeibeamte von Staatsschutz und die BFE in zivil. Kritische BeobachterInnen des Prozesses hielten während der Urteilsverkündung ein Spruchband hoch, so dass die rhetorische Frage "„Who let the dorgs out?!"“ zu lesen war. Dazu war über einen Lautsprecher das gleichnamige Lied von Baha Men zu hören. Der Prozess wurde darauf hin kurzzeitig unterbrochen und das Gericht drohte Personalienfeststellungen an. Justizbeamte und Polizei gingen darauf hin ZuschauerInnen im Gerichtssaal an. Gericht und Staatsanwaltschaft ignorierten erneut komplett den Kontext des Beleidigungsvorwurfes, als im April diesen Jahres die Polizei brutal versuchte eine Abschiebung im Neuen Weg durchzusetzen. Dass der Betroffene von einem Polizeihund gebissen wurde, spielte nur am Rande eine Rolle, wurde aber lediglich vom Verteidiger als Auslöser der Eskalation benannt. Die Sprecherin der A.L.I. stellt daher die Frage: "„Wer hat die Hunde los gelassen?“ "

Nach Ende der Verhandlung stürmte die Polizei den Zuschauerbereich und zwang BeobachterInnen gewalttätig nach draußen. Dabei wurden Schmerzgriffe und andere körperliche Gewalt angewendet. Auch der eben verurteilte Antirassist wurde besonders rabiat von einem Justizbeamten des Gerichts in Zivil zu Boden geworfen und aus dem Gebäude befördert. Den Tumult kommentiert die Sprecherin der A.L.I.: "„Der Staat kann es nicht lassen. Die Verhandlung heute gab es nur wegen der frei drehenden Polizei. Heute hat sie gleich vor Ort demonstriert, warum sie selbst das Problem sind und nach einem politischen Urteil auch noch eine martialische Machtdemonstration hingelegt.“ "

Von einem Besucher wurden erneut die Personalien festgestellt, nachdem er unter Armhebeln und Schmerzgriffen aus dem Saal gezerrt wurde. Grund dafür soll sein Pullover gewesen sein. Von dem darauf abgebildeten Schriftzug "„FCK BFE"“ hatte sich ein ziviler BFE-Polizist beleidigt gefühlt und ein neues Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die ständigen Beleidigungsvorwürfe bezeichnete die Sprecherin der A.L.I. als "„Farce. Anscheinend spielt der Staat und die Polizei ganz schön schnell die beleidigte Leberwurst."“ Die A.L.I. kündigte an, dass das betreffende Motiv mit dem Schriftzug bereits in einer Auflage von 10.000 Exemplaren als Aufkleber vorliegt und in den nächsten Tagen in der Stadt verteilt werden wird. Zu bekommen ist es in linken Zentren und Strukturen.

 

Presseinfo vom 20.11.2014

Urteil gegen Antirassisten vertagt

Polizei und Justiz leiden unter „Kontrollverlust“

Der heutige (20.11.) Prozess gegen einen Antirassisten vor dem Amtsgericht Göttingen ist nach mehrfachen Unterbrechungen vertagt worden. Der nächste Termin für die Plädoyers und die Urteilsverkündung ist am Freitag, den 28. November 2014 um 9:00 Uhr. Die Antifaschistische Linke International (A.L.I.) ruft weiterhin dazu auf, sich mit dem Betroffenen solidarisch zu zeigen und auch den weiteren Prozesstag kritisch zu begleiten.

Im martialisch abgesicherten Verhandlungssaal hatten mehrere duzend solidarische Menschen den Prozess begleitet. Zu Beginn und Ende der Verhandlung wurde im Publikum mit auf Stoff gemalten Einzelbuchstaben die Botschaft „Solidarität“ hoch gehalten. An Weihnachtsmützen im Publikum störte sich der Richter. Die Staatsanwaltschaft reagierte immer wieder nervös und gereizt auf Zwischenrufe. Die verwirrten und teilweise widersprüchlichen Aussagen der geladenen PolizeizeugInnen hatten im Publikum für höhrbare Empörung gesorgt. In der chaotischen Situation ließ das Gericht von zwei BesucherInnen die Personalien feststellen und drohte ein Ordnungsgeld an. Die Sprecherin der A.L.I. bewertet die Situation im Gericht heute folgendermaßen: „Der Justizapparat musste heute erleben, dass ihre Repression nicht heimilch still und leise einfach formal durchexerziert werden kann. Politische Justiz sorgt für Empörung und die artikulieren Menschen auch im Gerichtssaal.“

Einzig die Verteidigung versuchte heute durch ihre Fragen die Gesamtsituation vom April 2014 vorm Neuen Weg aufzuklären, während die Staatsanwaltschaft und das Gericht spührbar nur eine schnelle Verurteilung erreichen wollten. Die Beweise stützen sich dabei außschließlich auf die völlig verunsicherten Aussagen von zwei PolizeihundeführerInnen. Diese ergingen sich immer wieder darin, zu beschreiben, wie überfordert sie mit der Situation waren, statt konkrete Hergänge rekonstruieren zu können. Ein Zeuge räumte wörtlich in seiner Aussage ein, dass die Polizei die Situation vor dem Neuen Weg „zu keinem Zeitpunkt unter Kontrolle“ gehabt hätte. Dazu die Sprecherin der Antifa-Gruppe: „Für das organisierte Chaos können sich die Hundeführer bei ihrer eigenen Polizeileitung bedanken. Die hat im April brutal versucht die Abschiebung durchzusetzen und hat die Situation eskalieren lassen; offenbar irgend einen Sinn und Verstand.“

Moralisch besonders verwerflich ist die Gegenüberstellung des Geschehens am Neuen Weg. Während sich Staatsanwaltschaft und Gericht wiederholt besonders dafür interessiert haben, wie sich die Polizeizeugin gefühlt hat, als sie angeblich angespuckt worden währe, versuchten sie immer wieder davon abzulenken, dass der Angeklagte von dem Hund des anderen Polizeizeugen gebissen wurde. Dazu die Sprecherin abschließend: „Wer von Gewalt reden will, darf von Polizeichaos und Hundebissen nicht schweigen!“

 

Presseinfo vom 18.11.2014

Juristisches Nachtreten gegen AntirassistInnen

Solidarität mit Angeklagten, Prozesse kritisch begleiten

am kommenden Donnerstag, den 20. November 2014 findet vor dem Amtsgericht Göttingen ein weiterer Prozess gegen einen antirassistischen Aktivisten statt. Hintergrund sind die Auseinandersetzungen von April diesen Jahres, als im Neuen Weg in Göttingen eine Abschiebung durch eine Blockade verhindert wurde. Dem Aktivisten wird eine Beleidigung vorgeworfen. Die Antifaschistische Linke International (A.L.I.) ruft dazu auf, sich mit dem Betroffenen zu solidarisieren und den Prozess kritisch zu begleiten.

Der Prozess ist der zweite in einer Reihe von Anklagen gegen die BlockiererInnen und andere AntirassistInnen. Bereits im Oktober wurde ein anderer Aktivist von der Anschuldigung der versuchten Körperverletzung frei gesprochen, nachdem sich die Aussage des angeblich geschädigten Polizisten durch ein eigenes Polizeivideo vom Geschehen als falsch herausgestellt hatte. Eine Sprecherin der A.L.I. stellt dazu fest: „Die jetzt aufkommende Kriminalisierung dient einzig und alleine dazu, im Nachhinein den brutalen Versuch zu legitimieren, eine Abschiebung mit frei drehenden BFE-Polizisten durchzusetzen.“

Der Einsatz der BFE zur Durchsetzung der versuchten Abschiebung hatte im April für Empörung gesorgt. Die BeamtInnen drangen durch die Wohnung einer Flüchtlingsfamilie im Sutterrain in den Hausflur ein, in dem sie die BlockiererInnen unter Einsatz von Pfefferspray, Schlägen und Tritten durch ein Fenster aus dem Haus zwangen. Draußen wurden AktivistInnen von Polizeihunden gebissen. Es gab mehrere Verletzte, ein Aktivist verlor zwischenzeitlich das Bewusstsein, mindestens drei mussten im Krankenhaus behandelt werden.

Bei dem nun Angeklagten handelt es sich selbst um einen der Verletzten. Bereits in einem Ermittlungsverfahren 2011 erregte der Betroffene öffentliche Aufmerksamkeit, als er sich einer angeordneten DNA-Entnahme entzogen hatte. Die A.L.I. sieht in der anhaltenden Verfolgung eine Strategie der Repressionsorgane, besonnders engagierte politische AktivistInnen andauernd mit Anzeigen wegen Banalitäten zu drangsalieren, um sie so mundtod zu machen. „Dass unmenschliche Abschiebungen anscheinend nicht mal mehr mit der ganzen Härte staatlicher Gewalt durchzusetzen sind, lässt die Polizei nicht auf sich sitzen. Mit der Kriminalisierung antirassistischer Aktivistinnen und Aktivisten tritt sie jetzt übel nach.“ kommentiert dazu die Sprecherin der Antifa-Gruppe.

Der Prozess beginnt am Donnerstag um 9:00 Uhr im Raum B16 des Amtsgerichts. Für die kritische Prozessbegleitung gibt es ein Treffen um 8:30 Uhr vor dem Gerichtsgebäude.

 

Presseinfo vom 06.10.2014

Aufruf zur kritischen Prozessbegleitung

Nach Polizeigewalt folgt Repressionswelle gegen AntirassistInnen in Göttingen

Am 09.Oktober 2014 um 11 Uhr findet vor dem Amtsgericht Göttingen ein Prozess wegen einer verhinderten Abschiebung statt. Dies ist der erste in einer Reihe von Prozessen gegen AntirassistInnen, die am 10. April 2014 eine Abschiebung im Neuen Weg durch eine Blockade und aktives Handeln unmöglich machten.

Eine Sprecherin der Antifaschistischen Linken International (A.L.I.) wertet das Vorgehen der Göttinger Staatsanwaltschaft und der Polizei als nachträglichen Versuch die Gewalt durch die Göttinger BFE zu rechtfertigen. Zurecht sei die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) in die öffentliche Kritik gekommen, erklärt die Sprecherin der Antifa-Gruppe weiter. Den Räumungsversuch der Göttinger BFE im Neuen Weg, bei dem es zu brutalen Angriffen gegen DemonstrantInnen kam, kommentiert sie mit den Worten „So brutal und rücksichtslos, wie wir die Göttinger BFE schon oft erleben durften.“ Während des Einsatzes im Neuen Weg kam es in mehren Fällen zu willkürlichem Einsatz von Pfefferspray und Faustschlägen gegen die BlockiererInnen. Einzeln wurden die AktivistInnen die Treppe herunter in den Keller geschliffen. In mehreren Fällen wurden AktivistInnen minutenlang von Mitgliedern der BFE verprügelt. Mindestens zwei Menschen verloren dabei ihr Bewusstsein und mussten durch den Rettungsdienst vor Ort sofort behandelt werden. Vor dem Haus wurden mehrere AktivistInnen von Polizeihunden gebissen.

Den Aussichten, die Göttinger BFE zur Verantwortung ziehen zu können, räumt die Sprecherin der A.L.I. wenig Chancen ein, obwohl es mehrere Anzeigen gegen sie gibt. Dies sei leider meistens der Fall erklärt sie. „Da es in Niedersachsen keine Kennzeichnungsplicht gibt, ist es fast unmöglich den Täter zu identifizieren. “ Daher sei jetzt Solidariät und eine kritische Öffentlichkeit gefragt, um die Betroffenen von Repression zu unterstützen. Weiterhin sei die Einführung der Kennzeichnungspflicht dringend notwendig, um in Zukunft derartige Polizeieinsätze zu verhindern. Abschließend stellt sie fest: „Aktiver Widerstand gegen die menschenunwürdige Abschiebepolitik ist notwendig und legitim. In diesem Fall außerdem auch nachhaltig erfolgreich.“

 

Presseinfo vom 10.04.2014

60 AntifaschistInnen verhindern Abschiebung in Göttingen


Gegen 5 Uhr versammelten sich etwa 60 AntifaschistInnen im Neuen-Weg um eine angekündigte Abschiebung zu blockieren. Die Polizei versuchte trotz des Widerstandes, die staatliche Zwangsmaßnahme durchzusetzen. Nachdem sie über eine Stunde versuchte, den Hauseingang aufzubrechen, öffneten sie ein Fenster einer Souterrainwohnung auf der Hausrückseite und stürmten durch ein Schlafzimmer durch den Keller in das Treppenhaus. „Unfassbar, beschämend und brutal“ beschreibt die Sprecherin der Antifaschistischen Linken International (A.L.I.) die Situation vor Ort.

In der Wohnung, durch die sich die Polizei Zugang verschaffte, schliefen zu diesem Zeitpunkt eine Mutter mit ihrem Kind. Im engen und nicht
beleuchteten Flur setzten die Beamten der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE, 5.BPH Göttingen) Pfefferspray und Faustschläge gegen die BlockierInnen ein. Einzeln wurden die AktivistInnen die Treppe runter in den Keller geschleift. In mehreren Fällen wurden AktivistenInnen für mehrere Minuten verprügelt. Mindestens zwei Menschen verloren dabei ihr Bewusstsein und mussten von Rettungssanitätern vor Ort sofort behandelt werden.

Hinter dem Haus wurden die Proteste dennoch von den AktivistInnen fortsetzt. Die Polizisten setzten Polizeihunde Maulkorb gegen die protestierenden Menschen ein. „Dabei kam es zu jagdartigen Szenen, bei denen ein Mensch von zwei Hunden auf einmal angegriffen wurde“ berichtet die Sprecherin der Göttinger Antifa-Gruppe. Weiter führt sie aus, dass die Hundeführer der Polizei „sichtlich überfordert“ mit der Aggressivität der Hunde waren. Später zog die BFE immer wieder Einzelpersonen aus der Menge der Demonstrierenden und stellte
Personalien fest.

Auf Grund des massiven Widerstands, der später auch weiter um das Haus herum fortgesetzt wurde, verzögerte sich die geplante Abschiebung immer weiter. Gegen 8:30 Uhr wurde die Abschiebung dann von der Polizei offensichtlich abgebrochen. „Wiederstand lohnt sich!“ kommentiert die Sprecherin der A.L.I. diesen Erfolg. „Wir werden es weiter nicht dulden, dass gepanzerte und bewaffnete Prügeltruppen im Morgengrauen Wohnungen in diesem Land stürmen, um Menschen aus ihrem zu Hause zu verschleppen!“

Bilanz des Morgens sind mindestens 3 Verletzte durch Hundebisse, zwei Personen werden derzeit im Krankenhaus versorgt und mehrere mussten notärztlich mit Verletzungen an den Augen durch Faustschläge und Pfefferspray behandelt werden. Abschließend stellt die Sprecherin der Antifa-Gruppe fest: „Dies ist nur einer von vielen unfassbar brutalen Einsetzten der seit 2012 in Göttingen stationierten BFE“. Seither ist eine verstärkte Zahl an Verletzungen bei Polizeieinsätzen festzustellen. „ Kennzeichnungsplicht für Polizeibeamte können diese Fälle praktisch nicht aufgeklärt werden“.


Medienberichte

Rund 100 Aktivisten verhindern Abschiebung in Göttingen

03.11.2014, Göttinger Tageblatt


Eine für Montag, 3. November, geplante Abschiebung einer jungen Familie aus Somalia nach Italien ist am Morgen in Göttingen zunächst nicht ausgeführt worden. Knapp 120 Abschiebungsgegner hatten sich gegen 7.30 Uhr vor dem Haus im Maschmühlenweg, in dem die Familie wohnt, eingefunden und gegen die Abschiebung protestiert.

Nach Angaben von Polizei-Sprecherin Jasmin Kaatz blieb es friedlich. Es habe keine Probleme gegeben. Die Landesaufnahmebehörde Braunschweig habe die Maßnahme bereits im Vorfeld abgebrochen und die Polizei darüber informiert. Die Polizei sei vor Ort nicht präsent gewesen.

Die Forderung an die Göttinger Ausländerbehörde und das hauptverantwortliche BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge), "die Abschiebung auf Grund der menschenunwürdigen Zustände für Geflüchtete in Italien abzusagen", sei im Vorfeld nicht erfüllt worden, teilte die Grüne Jugend Göttingen mit.

Die Eltern und ihre drei Monate alte, in Deutschland geborene Tochter waren von der Göttinger Ausländerbehörde aufgefordert worden, sich am Montag zwischen 7.30 und acht Uhr "für die Rückführung nach Italien zur Verfügung zu halten". Der 22 Jahre alte Vater war nach Angaben von Unterstützern aus Somalia zunächst nach Italien und von dort später weiter in die Bundesrepublik geflüchtet.

Nach den sogenannten Dublin-Verordnungen müssen Flüchtlinge ihr Asylverfahren in demjenigen Land betreiben, über das sie nach Europa eingereist sind. Ein Sprecher der Stadt Göttingen sagte auf epd-Anfrage, die Kommune habe zwar im Rahmen der Amtshilfe das Schreiben an die Familie verfasst, sei für die Abschiebung selbst aber nicht zuständig.

Das Verfahren zur Rückführung werde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie von der Landesaufnahmebehörde betrieben.

"Die Familie hielt sich um 7.30 Uhr im Maschmühlenweg bereit und widersetzte sich damit nicht den Vorgaben der Abschiebeankündigung. Die Vollstreckung der Abschiebung wurde von mehr als 120 solidarischen Menschen verhindert, indem der Zugang zur Wohnung der Familie blockiert wurde", hieß es weiter.

Das Ehepaar aus Somalia sei "vom Krieg, der Alltäglichkeit von Gewalt und der jahrelangen Flucht" traumatisiert, hatte der Arbeitskreis Asyl im Vorfeld mitgeteilt.

"Unsere Forderung ist das Bleiberecht und ein unbefristeter Aufenthaltsstatus für die Familie in Deutschland", teilte die Grüne Jugend mit.

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Massiver Polizeischutz: Erster Prozess in Göttingen führt zu Freispruch

Göttinger Tageblatt, 09.10.2014


Unter massivem Polizeischutz hat das Amtsgericht das erste Verfahren gegen einen der Aktivisten verhandelt, die am 10. April am Neuen Weg die Abschiebung eines Flüchtlings verhindert haben. Dem 33 Jahre alten Angeklagten war vorgeworfen worden, versucht zu haben, einen Polizeibeamten zweimal mit der Faust ins Gesicht zu schlagen. Der Prozess endete mit Freispruch.

Der Beschuldigte war es nicht. Das bewies ein von der Polizei erstelltes Video.

Eigentlich, so wunderte sich Amtsrichter Lars Malskies, ging es um nicht viel. Dennoch hatten mehr als 100 Polizisten den Gerichtskomplex eingekreist. 35 Mitglieder der linken Szene hatten Sitzplätze im Verhandlungssaal ergattert, noch einmal so viele demonstrierten mit Transparenten vor der Tür gegen das Auftreten der Bereitschaftspolizei an jenem 10. April.

Das Opfer im verhandelten Fall, ein Mitglied der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE), will den Angeklagten als den wiedererkannt haben, der ihn zweimal mit der Faust zu treffen versucht hatte. Verteidiger Rasmus Kahlen jedoch präsentiert eine Videosequenz vom Vorfallszeitpunkt.

In der sieht man einen lang- und rothaarigen Demonstranten, der sich in vorderster Reihe mit Beamten der Polizeiabsperrung eine Rangelei liefert. Auch der rotgelockte Angeklagte ist in derselben Bildsequenz zu sehen – später und am Rande des Geschehens. Dabei trägt er einen Rucksack und weiße Turnschuhe.

„Verwechslungen passieren“

Der Mann aber, der in vorderer Reihe aktiv war, hat dunkle Schuhe und keinen Rucksack. „Das ist tatsächlich ein ganz anderer“, sagt der Richter. Der Angeklagte hingegen „kommt ganz ruhig gelatscht“ in dem Film – mit hängenden Schultern, so wie jetzt im Gerichtssaal.

Warum er dieses Beweismittel nicht gleich vorgelegt habe, will der Richter wissen. Man hätte sich den Aufwand ersparen können. Es sei ein Film der Polizei, kontert der Anwalt, den er nur im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren zufällig erhalten habe. „Wie kann das sein,“ fragt er, „dass sich ein solch klarer Entlastungsbeweis nicht in den Akten befindet?“

Das werfe „ein Licht auf die Arbeitsweise in solchen Verfahren“. Dem begegnet der Richter: „Verwechslungen passieren.“ Dazu sei ein Ermittlungsverfahren ja da, das aufzuklären. Es gehöre sich aber, dass schon im Vorverfahren alles auf den Tisch komme. Man hätte sich die Verhandlung ersparen können.

Kommentar: Peinliches Scheitern

Der Prozess am Donnerstag, 9. Oktober, ist nicht der erste gegen einen Linksaktivisten, mit dem sich Polizei und Staatsanwaltschaft die Finger verbrannt haben. Wie in anderen Fällen auch hätte eine penible und neutrale Ermittlungsarbeit schon vor Anklageerhebung zu dem Schluss kommen können, dass es sich bei dem Angeklagten nicht um den Täter handeln kann.

Aber auch die Verteidigung hat sich in dem Verfahren am Donnerstag nicht mit Ruhm bekleckert: Der erst in der Verhandlung vorgelegte entlastende Videobeweis war derart eindeutig, dass sich der Eindruck aufdrängt, die Verteidigung habe sich ein öffentliches Forum für das peinliche Scheitern der Anklage schaffen wollen.

Dennoch liegt die Hauptschuld bei der Polizei, die schließlich zuerst über das Video verfügte, das ihre Vorwürfe zu Fall brachte. Dass ein solches Verhalten nicht gerade das Vertrauen in eine neutrale Ermittlungsarbeit der Polizei stärkt, dürfte klar sein.

Dazu passt dann auch der Auftritt der Ordnungshüter vor dem Gerichtsgebäude mit einem guten Dutzend Mannschaftswagen gegen eine komplett friedliche Aktivistenschar.

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Junge Welt, 08.10.2014

Abschiebungsgegner vor Gericht

»Wir setzen hauptsächlich auf die Öffentlichkeit«


Am heutigen Donnerstag steht ein Aktivist vor Gericht, der im April in Göttingen die Abschiebung eines Somaliers verhindert hat. Gespräch mit Markus Krause
Am heutigen Donnerstag wird vor dem Amtsgericht Göttingen ein Prozess gegen einen Antifaschisten geführt, der mitgeholfen hat, am 10. April eine Abschiebung zu verhindern. Worum geht es?

Es ist der Auftakt einer ganzen Reihe von Verfahren, die in dem Zusammenhang gegen Antirassisten laufen. Der Aktivist hat sich an der Blockade gegen die versuchte Abschiebung eines Somaliers nach Italien im April beteiligt. Ihm wird vorgeworfen, einen Polizisten körperlich angegriffen zu haben. An diesem Tag im Frühjahr versammelten sich etwa 60 Protestierende um vier Uhr in der Frühe im Hausflur vor der Wohnungstür des Somaliers in Göttingen. Daraufhin ist die Polizei angerückt und hat versucht, die Haustür aufzubrechen – was sie aber nicht geschafft hat, da auch dort Leute blockiert hatten. Für die Abschiebung war eine Frist bis sechs Uhr gesetzt. Unser Ziel war zu erreichen, dass unser somalischer Freund diese übersteht; und dann ein geordnetes Asylverfahren durchlaufen kann.

Es wird jetzt gegen den Aktivisten verhandelt – bei der Blockade war aber hauptsächlich die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit der Polizei, BFE, wegen brutaler Übergriffe in öffentliche Kritik geraten …

Die Polizei ist damals durch das Fenster von Nachbarn ins Haus eingedrungen. Bewaffnete Polizisten standen plötzlich im Schlafzimmer einer migrantischen Familie, die kein Deutsch sprach und gar nicht verstanden hat, was los war. Im Hausflur griffen sie Antifaschisten mit Pfefferspray an und prügelten sie raus. Sie schlugen einzelne bewusstlos und hetzten ihre Hundestaffel auf sie. Die Göttinger BFE ist schon seit langem für ihre gewaltsamen Prügelattacken bekannt; unter anderem bei einem Besuch des niedersächsischen CDU-Innenministers Uwe Schünemann an der Uni Göttingen im Januar 2012.

Sie werten den Prozess als Auftakt einer Repressionswelle gegen Abschiebungsgegner – was ist zu befürchten?

Wir wissen von sechs Strafbefehlen mit Forderungen von 600 bis 1.000 Euro, die verschickt wurden, sowie insgesamt elf vorgeworfenen Straftaten: unter anderem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung, Sachbeschädigung und Beleidigung. Es gibt den kuriosen Vorwurf des versuchten Diebstahls einer Dienstwaffe: Während er aus dem Hausflur gezerrt wurde, soll ein Aktivist versucht haben, diese zu entwenden. Gegen all dies haben die Aktivisten Widerspruch eingelegt, es wird also zu Verfahren kommen. Zwei Aktivistinnen haben Polizisten angezeigt und sind ihrerseits Opfer von deren Anzeigen geworden. Eine weitere Person, der die Polizei ein blaues Auge verpasst hatte, hat es mit einer Anzeige wegen vermeintlicher Sachbeschädigung zu tun. Sie soll die Eingangstür beschädigt haben, was absurd ist: Die Glasscheibe der Tür war bereits kaputt. In Niedersachsen gibt es keine Kennzeichnungspflicht für Polizisten. Die Einheiten der BFE treten vermummt auf, mit Helmen und Sturmhauben.

Wie kann eine kritische Öffentlichkeit die Betroffenen unterstützen?

Wir wünschen zunächst eine kritische Begleitung der Prozesse, damit die Beklagten dort nicht allein sind. BFE-Beamte setzen sich ganz bewusst in Prozesse gegen Linke, um diese vor Gericht durch ihre Anwesenheit in Uniform einzuschüchtern. In einem Fall waren es bis zu 30 Polizisten, die es sich als Schulungsmaßnahme abrechnen ließen. Wir fordern, die BFE-Einheiten abzuschaffen. Sie sind nur dazu da, das Demonstrationsrecht einzuschränken.

Was erwarten Sie von der Justiz?

Nicht viel. Aber wir akzeptieren nicht, dass die Antwort auf unseren Widerstand Repression ist. Wir setzen allerdings hauptsächlich auf die Öffentlichkeit. Es geht darum, Blockaden gegen Abschiebungen bundesweit zu einer gängigen Praxis zu entwickeln. Für den Somalier haben wir es geschafft, ein ordentliches Asylverfahren durchzusetzen. Nachdem wir die Abschiebung verhindert hatten, bekam er Kirchenasyl. Jetzt wird er in Deutschland bleiben können.

Prozess am heutigen Donnerstag, 11 Uhr, Amtsgericht Göttingen

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Göttinger Tageblatt, 16.09.2014

Gericht erhöht Strafe: Göttinger Linksaktivist muss mehr zahlen

Ein Göttinger Linksaktivist, der bereits wiederholt durch Straftaten in Erscheinung getreten ist, hat sich am Dienstag erneut vor dem Amtsgericht Göttingen verantworten müssen.

Der 24-Jährige hatte zunächst wegen Polizistenbeleidigung einen Strafbefehl von 40 Tagessätzen zu je 20 Euro (insgesamt 800 Euro) erhalten. Da er den Strafbefehl nicht akzeptieren wollte, kam es zur mündlichen Verhandlung. Der Prozess endete mit einer deutlich höheren Strafe. Das Amtsgericht verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30 Euro (insgesamt 1500 Euro).

Der 24-Jährige, der bereits wiederholt wegen Polizistenbeleidigung verurteilt wurde, soll beim Ausstieg aus einem Göttinger Linienbus einem Polizisten „Scheiß BFE“ zugerufen haben. Der Beamte habe sich als Angehöriger der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) der Bereitschaftspolizei in seiner Ehre gekränkt gefühlt und Strafanzeige erstattet, sagte ein Justizsprecher.

Erst vor einem Jahr hatte das Landgericht Göttingen den 24-Jährigen wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, weil er einem Jura-Studenten das Nasenbein gebrochen hatte. Das Gericht setzte die Strafe zur Bewährung aus. Vor drei Jahren geriet der Angeklagte in die Schlagzeilen, weil er sich keine DNA-Probe entnehmen lassen wollte und deshalb bis vor das Bundesverfassungsgericht zog. Die Karlsruher Richter nahmen seine Verfassungsbeschwerde allerdings nicht an.

Gegen den 24-Jährigen ist bereits wieder ein weiteres Verfahren anhängig. Er soll im April bei einer Aktion von Abschiebungsgegnern, die eine von der Stadt Göttingen veranlasste Rückführung eines Somaliers nach Italien verhindern wollten, eine Polizistin bespuckt haben. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb einen Strafbefehl über 1200 Euro wegen Beleidigung beantragt.

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NDR, 10.04.2014

Mehrere Verletzte bei versuchter Abschiebung

Etwa 50 Mitglieder der linken Szene in Göttingen haben am Donnerstagmorgen eine Abschiebung in der Stadt vorerst verhindert. Die Demonstranten blockierten den Zugang zu der Dachgeschosswohnung eines 30-jährigen Somaliers, der nach Italien abgeschoben werden sollte. Sowohl Demonstranten als auch die Polizei sprechen von einem "aggresiven Auftreten" der jeweils anderen Seite. Die Einsatzkräfte versuchten zunächst, durch die Haustür einzudringen. Als dies scheiterte, verschafften sich die Beamten dann über eine Kellerwohnung Zugang zum Treppenhaus.
Behörde bricht Abschiebung ab

Mehrere Personen wurden von der Polizei aus dem Haus geholt. Es kam zu Rangeleien, bei denen die Polizei Hunde einsetzte. Nach Angaben einer Sanitäterin gab es mehrere Verletzte mit Bisswunden. Die Polizei gibt an, dass mehrere Beamten verletzt wurden, mindestens einer werde für längere Zeit dienstunfähig sein. Die Ausländerbehörde der Stadt Göttingen brach die Abschiebung nach Angaben der Demonstranten ab, weil es nicht mehr möglich gewesen wäre, den Betroffenen in das entsprechende Flugzeug zu setzen. Die Stadt erklärte, sie sei verpflichtet gewesen, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angeordnete Rückführung des Somaliers nach Italien durchzusetzen. Diese sei nun "wegen der massiven Behinderungen vor Ort ausgesetzt worden".
Somalier möchte in Deutschland bleiben

Der 30-jährige Somalier bemüht sich nach eigenen Angaben derzeit um eine Verlängerung seiner Duldung. Er sei als Bootsflüchtling nach Italien gekommen und hätte dort ein Visum erhalten. Im Juni 2013 sei er dann nach Deutschland gekommen. "Ich möchte hier bleiben", sagte der 30-Jährige gegenüber NDR 1 Niedersachsen, "in Italien gibt es keine Wohnung, kein Essen, keine Bewegungsfreiheit für mich." Nach Angaben der Stadt ist der Mann "ausreisepflichtig", da sein Eilantrag gegen Ablehnung seines Asylantrages vor dem Verwaltungsgericht Göttingen bereits im Februar gescheitert sei.

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Göttinger Tageblatt, 10.04.2014

Protest gegen Abschiebung: Schwere Auseinandersetzungen in Göttingen


Zu schweren Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Abschiebungsgegnern ist es am frühen Donnerstagmorgen in einem Mehrfamilienhaus im Neuen Weg in der Göttinger Weststadt gekommen. Dabei wurden auf beiden Seiten mehrere Menschen verletzt.

Die 40 bis 50 Aktivisten hatten ab 5 Uhr versucht, die Abschiebung eines Mannes aus Somalia nach Italien zu verhindern. Dabei blockierten sie die Zufahrt, Eingangstür und das Treppenhaus des Hauses. Die Polizei versuchte mit Beamten der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE), die Blockade aufzulösen.

Dabei setzten diese Pfefferspray und nach Angaben der Aktivisten auch Schlagstöcke und Faustschläge ein. Mindestens zwei Polizeihundeführer mit ihren Hunden, Aktivisten sprechen von vier, waren im Einsatz, wie Polizeisprecher Joachim Lüther bestätigt. Dabei sei ein Demonstrant gebissen worden, die Antifaschistische Linke International (A.L.I.) spricht von mindestens drei Verletzten durch Hundebisse.

Nachdem ein Versuch der Polizei, durch die Haustür in das Haus zu gelangen, gescheitert war, drangen die Beamten durch das Fenster eines Kinderzimmers im Erdgeschoss ein, in dem zu dem Zeitpunkt noch eine Mutter mit ihrem Kind schlief. Das berichten unabhängig von einander Aktivisten und Hausbewr gegenüber dem Tageblatt. Anwr sprechen von einem "unheimlich aggressiven Vorgehen" der Polizei.

Polizeieinsatz abgebrochen

Im Treppenhaus sei es dann zu weiteren Auseinandersetzungen gekommen, bei denen nach Angaben der A.L.I. zwei Menschen das Bewusstsein verloren hätten. Sie wurden von Rettungssanitätern versorgt. Viele Demonstranten seien herausgetragen worden. Auf Seiten der Polizei habe es laut Lüther vier Verletzte mit Handverletzungen und Prellungen gegeben.

Ein Polizist sei von einem Demonstranten gebissen worden. Die Polizei brach den Einsatz, in die Wohnung des Mannes gelangt zu sein, gegen 8.30 Uhr nach Rücksprache mit der Ausländerbehörde Stadt Göttingen ab, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Den Mann aus Somalia haben sie nicht mit genommen. Er berät sich derzeit mit seiner Anwältin.

Die Stadtverwaltung teilte am Donnerstag mit, "dass sie weder die  Entscheidung für die Rückführung getroffen hat noch für die Bearbeitung des Asylbegehrens" für den Mann aus Somalia. Andererseits sei sie aber "zur Zusammenarbeit verpflichtet, um die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angeordnete Rückführung umzusetzen".

Nur die Rückführung des Mannes nach Italien ermögliche nach der europäischen Rechtsordnung ein rechtsstaatliches Verfahren, "da deutsche Behörden, also auch die Stadt Göttingen, für sein Asylverfahren nicht zuständig seien", heißt es in der Stellungnahme.

Für den heutigen Donnerstag ist eine Demonstration angekündigt. Beginn ist um 13.30 Uhr an der Jacobikirche.

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HNA, 10.04.2014

Abschiebung verhindert: Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten


Beim Versuch, einen 29-jährigen Mann aus Somalia nach Italien zurückzuschicken, ist es am frühen Donnerstagmorgen in Göttingen-Grone zu erheblichen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Die Ausländerbehörde verzichtete daraufhin bis auf weiteres auf die Rückführung.

Die Darstellungen von Demonstranten und Polizei, die Amtshilfe für die Ausländerbehörde der Stadt Göttingen leistete, unterscheiden sich stark. Unstrittig ist nur, dass die Aktion am Mehrfamilienhaus Neuer Weg 3 von 6 bis gegen 8.30 Uhr dauerte und dass sich rund 50 Polizeibeamte und etwa ebenso viele Demonstranten heftige Auseinandersetzungen leisteten, bei denen mehrere Personen verletzt wurden.

Die Demonstranten, die den Zugang zur Wohnung des Somaliers blockierten, kritisieren vor allem, dass sich die Polizei durch eine Souterrain-Wohnung, in der eine Mutter mit Kind geschlafen habe, Zugang zum Treppenhaus verschafft habe. Dort hätten sie Pfefferspray eingesetzt und mehrere Aktivisten bis zur Bewusstlosigkeit verprügelt. Hinter dem Haus hätten zwei Polizeihunde mindestens drei Demonstranten gebissen.

Die Polizei verweist darauf, dass die Demonstranten mit erheblichen Widerstand den Zugang zur Wohnung des Somaliers versperrt hätten. Die Beamten hätten vereinzelt Pfefferspray eingesetzt und mehrere Störer aus dem Treppenhaus ins Freie getragen.

Hinter dem Haus, so die Polizei weiter, seien zwei Polizeihundeführer mit Schlägen und Tritten massiv angegriffen und dabei bespuckt worden: „Irgendwann haben die Hunde dann zugebissen.“ Mindestens zwei Personen seien in Hand und Oberarm gebissen wurden. Näheres zu den Verletzungen lasse sich nicht sagen, da die Betroffenen sich entfernt hätten.

Auf Seiten der Polizei gab es vier Verletzte. Mindestens einer von ihnen sei dienstunfähig.

Für Donnerstagmittag kündigten Demonstranten einen Protestmarsch zur Ausländerbehörde an. Treffpunkt ist um 13.30 Uhr am Protestzelt vor der Jakobikirche. (p)
Stadt verpflichtet zur Rückführung

Verwaltung schildert Vorgeschichte des Somaliers

Im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die geplante Rückführung des aus Somalia stammenden S.W. nach Italien, die am Donnerstag zunächst ausgesetzt wurde, hat die Stadt Göttingen erklärt, dass sie weder die Entscheidung für die Rückführung getroffen habe noch für die Bearbeitung des Asylbegehrens von S.W. zuständig sei. Sie sei aber verpflichtet, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angeordnete Rückführung nach Italien umzusetzen.

Die Vorgeschichte stellt sich aus Sicht der Stadt so dar:

Einreise in die Bundesrepublik Deutschland am 15. Juli 2013. S.W. stellte am 22. Juli 2013 einen Asylantrag und wurde für die Dauer der Bearbeitung am 24. Juli 2013 der Stadt Göttingen zugewiesen. Hier erhielt er fortlaufend Duldungen sowie eine Unterkunft im Neuen Weg 3.

Am 2. Dezember 2013 stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), dass sich S.W. bereits zuvor in Italien aufgehalten hatte und die Zuständigkeit für das Asylverfahren nach dem sogenannten Dubliner Abkommens damit bei Italien liegt. Mit Bescheid vom 6. Januar 2014 gab das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge S.W. bekannt, dass sein Asylverfahren in Deutschland unzulässig sei und er daher nach Italien zurückgeführt werde.

Gegen diesen Bescheid stellte S.W. erfolglos einen Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Göttingen. Damit war er ab 5. Februar 2014 ausreisepflichtig. Mit Schreiben vom 12. Februar 2014 wurde ihm die Möglichkeit eröffnet, die Bundesrepublik freiwillig zu verlassen und mit finanzieller Unterstützung in seine Heimat Somalia zurückzukehren. Die bis zum 28. Februar 2014 gesetzte Frist für eine Rückmeldung über eine Ausreise lies S.W. verstreichen.

Mit Schreiben vom 26. Februar 2014 ordnete das Bundesamt die Rückführung nach Italien an. Ein erster, schon für Ende März vorgesehener Termin für die Rückführung, musste wegen eines Streiks am Flughafen Frankfurt verschoben werden. Diese Rückführung im Rahmen des Dublin-Verfahrens, so die Stadt sollte jetzt am 10. April erfolgen, musste aber wegen der massiven Behinderung vor Ort ausgesetzt werden. (p)


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Göttinger Tageblatt, 07.04.2014

Flüchtlinge bauen Protestzelt in der Göttinger Fußgängerzone au
f

Elf Jahre alt ist die Tochter von Fatemeh Gadivy Asli. „Ich wollte nicht, dass meine Tochter Rechte aufwächst“, sagt die vom Islam zum Christentum konvertierte und deshalb mit Ehemann und Tochter aus dem Iran geflüchtete Frau. Mit einer nur bis Ende April verlängerten Duldung lebt die Familie in einer Unterkunft der Stadt Göttingen.

Was das bedeutet, schildern die Flüchtlinge aus Afghanistan und dem Iran in einem Protestzelt an der Jacobi-Kirche, das dort auf unbestimmte Zeit täglich aufgebaut wird: keine Arbeit, keine Beschäftigung, keine Aussicht auf eine reguläre Wohnung, „die Vermieter wollen keine Mieter mit dreimonatigen Duldungen“, erzählen die Protestierenden.

Die elfjährige Mana wollte sich in der Bibliothek Bücher ausleihen. Auch das scheiterte an der befristeten Duldung der aus dem Iran stammenden Schülerin.

Die Gründe, warum ein Mensch fluchtartig seine Heimat verlässt, werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Verwaltungsgerichten oft nicht anerkannt – seien es Zwangsehen oder Verfolgung aus politischen oder religiösen Gründen.

Wie bei Jamila Farasaie aus Afghanistan, die einen Mann mit viel Einfluss und Beziehungen zum Regime heiraten sollte und davor floh. Oder bei Ismail Ibrahimi, ehemaliger Informatik-Student und Christ aus dem Iran, bei dem die Flucht und ein Leben unter dem Druck von Duldungen, Residenzpflicht und Dublin-Verordnung Depressionen und zwei Suizidversuche auslösten. „Wir sind Menschen. Wir wollen arbeiten, wir wollen reisen“, sagt der 28-Jährige.

Die Flüchtlinge fordern menschenwürdige Unterkünfte. „Göttingen ist da mit seinem Konzept schon recht forstschrittlich“, sagt zwar Sigmar Walbrecht vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat. Dennoch seien Familien oft auf beengtem Raum untergebracht.

Die Flüchtlinge möchten mit ihrem von antirassistischen Initiativen unterstützten Protest in der Innenstadt außerdem erreichen, dass die Gründe für ihre Flucht anerkannt und das Problem befristeter Duldungen behoben wird.

Weitere Informationen unter goezelt.blogsport.eu

 

Bottom Line