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Plakat der Roten Hilfe: 18.3.2007Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Zum 18. März 2007 veröffentlichte die A.L.I. ein Statement zur öffentlichen Diskussion um Christian Klar. "Die Solidarität mit allen politischen Gefangenen, auch und gerade denen des bewaffneten Widerstandes, muss als ein Grundprinzip linker Politik begriffen und artikuliert werden." Die Grußbotschaft von Christian Klar zur Rosa-Luxembnurg-Konferenz 2007 findet ihr hier.

 

 

 

Stellungnahme der A.L.I. zur öffentlichen Diskussion um Christian Klar (Gefangener aus der RAF seit 1982)

Solidarität mit Christian Klar!

Christian Klar, 1992.

Anlässlich der Rosa-Luxemburg-Konferenz Mitte Januar erschien in der Jungen Welt eine Grußbotschaft Christian Klars. In dieser macht er deutlich, dass er auch weiterhin dem Kapitalismus alles schlechte wünscht und die systemüberwindende Perspektive nicht aus den Augen verloren hat. Europa wird eine imperialistische Macht genannt, und er bezieht sich positiv auf die neueren Entwicklungen in Lateinamerika.

Wurde schon vorher vielerorts über Christian Klar und dessen Gnadengesuch diskutiert, brach der Sturm der Entrüstung über die Beharrlichkeit, mit der das ehemalige RAF-Mitglied seine antikapitalistische Position zum Ausdruck bringt, jetzt erst richtig los. Es dauerte etwa sieben Wochen, bis die Grußbotschaft auf breiter Front thematisiert wurde, dann schien aber jeder und jede etwas dazu sagen zu müssen. Konservatives "Keine Gnade!"-Gebrüll und theologisches Reue-Philosophieren füllt Sondersendungen und die Kommentarspalten der Zeitungen. Das Lager der Links-SPDler, Grüner und Alt-68er, die sich kollektiv der Erinnerung an die damaligen innerlinken Debatten verweigern, tut sich hier durch ihre vermeintlich abgewogenen Feuilletons, naiv bis (gewollt?) begriffsstutzig, besonders hervor. Alle, alle reden über Klar. Wirklich alle? Nein, eine kleine Linksradikale leistet hartnäckig Widerstand und zwingt sich sehr zögerlich zu einer Stellungnahme.

Das erstaunt, war doch seit Beginn des bewaffneten Widerstands in Deutschland die breite Unterstützung der Kampagnen für Zusammenlegung und Freilassung der Gefangenen immer essentieller Bestandteil, auch und gerade autonomer Bewegungen. Vor diesem Hintergrund muss man das lange Stillhalten als ängstliche aber bewusste Entsolidarisierung verstehen. Was war geschehen?


Wem gehört das Recht?

Der bürgerliche Staat ist in seiner Rolle als ideeller Gesamtkapitalist Mittel der Klassenherrschaft. Seine Aufgabe ist die möglichst erfolgreiche Verwaltung der Kapitalselbstverwertung unter Zuhilfenahme von Arbeitskraft. Nach außen bedeutet das, sein heimisches Kapital im Weltwettbewerb möglichst weit nach vorne zu bringen. Nach innen bedeutet das, die Wertvergesellschaftung vor Selbstzerstörung, sozialem Unfrieden und Angriffen auf Privateigentum zu schützen. Der Staat ist keine neutrale Instanz, die klassenversöhnend den Widerspruch, der Kapitalismus nun mal bedeutet, auffängt. Er verwaltet das große Ganze im Sinne der GewinnerInnen, gegen die VerliererInnen. Die Justiz ist Teil dessen, gewissermaßen ein Drittel, dient dem selben Zweck und ist somit ebenfalls Mittel der Klassenherrschaft, ist Klassenjustiz.

Diese Definition wird der Komplexität des Themas Staatstheorie nicht gerecht, beschreibt aber die Stellung der Justiz zu sozialen Kämpfen, die Frontstellung von bürgerlicher Herrschaft und revolutionärer Bewegung. Beruft man sich auf den Staat, seine Justiz und dessen rechtsstaatliche Grundsätze, beruft man sich auf "Kapitalismus mit menschlichem Antlitz".

Alle DiskussionsteilnehmerInnen sehen den demokratischen Rechtsstaat als das höchste Gut und berufen sich auf ihn und somit auf das von ihm verteidigte gesellschaftliche Verhältnis. Nicht nur oben erwähnte FeuilletonistInnen sondern auch Stoiber, Beckstein und Konsorten mit ihren unverhohlen geäußerten Rachegelüsten nach dem Motto "zerstört den Mann bis nichts mehr von ihm übrig ist" verlassen nicht den Rahmen einer rechtsstaatlichen Debatte. Wischt man ihnen den Schaum vom Mund, sprechen sie nur das aus, was Ziel und Zweck von Strafe in Deutschland ist - das sogenannte Vergeltungsprinzip: Rache. Das Einzige, was man ihnen vom Standpunkt eines Rechtsstaatsgläubigen vorwerfen kann, ist, dass die Prozesse, Ermittlungen, Beweisführungen, Urteile, auf die sie sich berufen, außerhalb dieses ihres Rahmens stattfanden.


Ihr wollt über damals reden? Reden wir über damals.

Kontaktsperren, Sondergesetze bis hin zur Debatte über die Todesstrafe, Isolationsfolter und ungeklärte Todesfälle in Hochsicherheitstrakten und in Bad Kleinen offenbarten, dass der demokratische Rechtsstaat mit seinen Garantien, die im Zweifelsfall sehr schnell über Bord gehen, eben nur eine Form bürgerlicher Herrschaft ist. Das Ziel, sie und mit ihm den Kapitalismus zu überwinden, ist uns mit den bewaffneten Organisationen gemein.

Wir wollen unsere GenossInnen raus aus dem Knast, nicht weil bei ihren Festnahmen, Prozessen und Knastaufenthalten geltendes Recht mit einer Selbstverständlichkeit gestrichen wurde, die schwindelig macht, nicht weil Theorie und Praxis der RAF unsere wären, sondern weil es unsere GenossInnen im Kampf für ein besseres Leben sind. Staat und Justiz haben sich in der Auseinandersetzung mit ihnen noch unverhohlener als Instrument der Klassenherrschaft präsentiert. Christian Klar und alle anderen inhaftierten MitgliederInnen aus dem bewaffneten Widerstand sind politische Gefangene.

Der Staat bleibt für uns kein Ansprechpartner sondern ist Verwalter dessen, was wir abschaffen wollen. In diesem Kampf gibt es keine neutrale Partei, an die wir im blinden Glauben an die Spielregeln um die Einhaltung dieser bitten, sondern eine Konfliktlinie zwischen Menschen, die mit ihren Mitteln um Befreiung kämpften und kämpfen und den repressiven Maßnahmen einer Institution, deren Zweck die Aufrechterhaltung des Zerstörenswerten ist.


Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Die Theorie und Praxis der RAF ist nicht unsere. Darum geht es aber nicht. Jenseits aller Kritik ist der bewaffnete Widerstand Teil der linksradikalen, Teil unserer Geschichte. Die Solidarität mit allen politischen Gefangenen, auch und gerade denen des bewaffneten Widerstandes, muss als ein Grundprinzip linker Politik begriffen und artikuliert werden. In diesem Sinne:

Freiheit für Christian Klar, Eva Haule, Brigitte Mohnhaupt und Birgit Hogefeld, für alle politischen Gefangenen!

Kapitalismus abschaffen!


Grußbotschaft von Christian Klar, Gefangener aus der RAF seit 1982 zur Rosa Luxemburg Konferenz 2007

Liebe Freunde,

das Thema der diesjährigen Rosa-Luxemburg-Konferenz »Das geht anders« bedeutet so verstehe ich es vor allem die Würdigung der Inspiration, die seit einiger Zeit von verschiedenen Ländern Lateinamerikas ausgeht. Dort wird nach zwei Jahrzehnten sozial vernichtender Rezepte der internationalen Besitzerklasse endlich den Rechten der Massen wieder Geltung gegeben und darüber hinaus an einer Perspektive gearbeitet.
Aber wie sieht das in Europa aus? Von hier aus rollt weiter dieses imperiale Bündnis, das sich ermächtigt, jedes Land der Erde, das sich seiner Zurichtung für die aktuelle Neuverteilung der Profite widersetzt, aus dem Himmel herab zu züchtigen und seine ganze gesellschaftliche Daseinsform in einen Trümmerhaufen zu verwandeln. Die propagandistische Vorarbeit leisten dabei Regierungen und große professionelle PR-Agenturen, die Ideologien verbreiten, mit denen alles verherrlicht wird, was den Menschen darauf reduziert, benutzt zu werden.
Trotzdem gilt hier ebenso: »Das geht anders«. Wo sollte sonst die Kraft zu kämpfen herkommen? Die spezielle Sache dürfte sein, daß die in Europa ökonomisch gerade abstürzenden großen Gesellschaftsbereiche den chauvinistischen »Rettern« entrissen werden. Sonst wird es nicht möglich sein, die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden und die Tür für eine andere Zukunft aufzumachen.
Es muß immer wieder betont werden: Schließlich ist die Welt geschichtlich reif dafür, daß die zukünftigen Neugeborenen in ein Leben treten können, das die volle Förderung aller ihrer menschlichen Potentiale bereithalten kann und die Gespenster der Entfremdung von des Menschen gesellschaftlicher Bestimmung vertrieben sind.

Bottom Line