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Solidarität mit den GenossInnen aus der russischen Antifa-Szene

Lucha Amada am 8.Mai 2010 im JuzIAm 30.12.2010 veranstalteten wir ein Soli-Event für russische Antifas im JuzI: Bei der Party mit Lucha Amada Soundsystem und Molotow's Cocktailbar wurden Spenden für unsere Genossinnen und Genossen gesammelt. Sie waren auch am Tag vor Ort und haben ausführlich über die Situation in Russland berichtet.

Internationale Solidarität ist weit mehr als nur eine Floskel. Unsere Solidarität gilt den Antifaschistinnen und Antifaschisten in Russland – nirgendwo sonst zeigt sich die heutige faschistische und menschenverachtende Ideologie offener, brutaler und mörderischer als dort. Zahlreiche Antifaschistinnen und Antifaschisten wurden bedroht, angegriffen und ermordet. Zeit, dass sich was ändert!

Plakat: Solidarität mit den russischen Antifas

Am 19. Januar 2009 wurde der libertäre Aktivist Stanislav Markelov und die antifaschistische Anarchistin Anastasia Baburova von radikalnationalen Terroristen in Moskau auf offener Straße erschossen. Schon im Jahr 2008 ermordeten Nazis in Russland prominente antifaschistische AktivistInnen. So wurde am 10. Oktober 2008 Fjedor Filatov, einer der Mitbegründer der Moskauer Trojan Skin Bewegung, vor seinem Haus von einer Horde Nazis aufgelauert und erstochen. Er war allerdings nur einer von zahlreichen Opfern. Im Jahr 2008 starben, nach Angaben des Informations- und Analysezentrum „Sova“ 110 Menschen. 486 wurden verletzt. Im vergangenen Jahr wurden 60 Menschen ermordet und 306 verletzt. Unter ihnen waren, neben Markelov und Baburova, der bekannte Moskauer Antifaschist Ilja Dzhaparidze, der libertäre Aktivist und Musiker Andrej Mal’chenko aus Krasnodar und der Moskauer R.A.S.H. Ivan Chutorskoi, der am 16. November offenbar ebenfalls von einer rechten Zelle hingerichtet wurde. Der Anschlag auf den „Newski Express“ Ende November vergangenen Jahres muss ebenfalls Naziterroristen zugerechnet werden.
Angesichts der Eskalation der Ereignisse des letzten Jahres, der zunehmenden Kontakte zwischen staatsloyalen Parteien und Jugendorganisationen, die nun mehr auch mit offen rassistischen und militanten Gruppen zusammenarbeiten, sowie einer aggressiv nationalistischen Atmosphäre in Russland, ist Solidarität mehr als notwendig!

Aus diesem Grund veranstalten wir ein Soli-Event am 30.12. im JuzI. Ziel der Veranstaltung soll sein, Spenden zu sammeln für die russische Antifa-Szene. Das Geld soll gezielt an den Bedürfnissen und Wünschen der russischen AktivistInnen orientiert sein um Aufbauarbeit zu unterstützen. Es sollen antifaschistische Strukturen unterstützt werden, Informationen verbreitete sowie eine breitere Diskussion in der Öffentlichkeit über die herrschenden Zustände und die rassistischen und faschistischen Aktionen in Russland angestoßen werden.
Zeigt euch solidarisch mit Antifas aus Russland!

In the End we will win!

Siempre Antifascista!


30.Dezember 2010, JuzI Göttingen

19 Uhr Infoveranstaltung
Zur Situation der Antifa-Szene in Russland

22 Uhr Party mit Lucha Amada Soundsystem | Latinska/Reggae/Muffin/Salsa |
Molotov’s Cocktailbar

Bilder unserer letzten Party mit Lucha Amada findet Ihr hier.
Im Folgenden findet ihr unsere Stellungnahme zur Programmänderung.



Zur Programmänderung

des Konzertes aus Solidarität mit russischen Antifas

Am 30. Dezember 2010 veranstalten wir im JuzI in Göttingen eine Soli-Party und Infoveranstaltung zur Situation von Antifas in Russland. Die Band Zartako, die ursprünglich spielen sollte, wird am 30.12. nicht auftreten. Auch RASH Berlin hat ein Konzert mit Zartako abgesagt und Fire and Flames Music hat die neueste Zartako CD aus ihrem Katalog entfernt. Anlass für diese Entscheidungen ist das Lied „Palestina“ auf der neuesten Zartako CD. Der Text des Liedes ist für uns in dieser Form politisch untragbar.

Die Entscheidung fußt auf drei Teilen des Songtextes, die wir für problematisch halten und die sich außerhalb des antifaschistischen Diskurses bewegen. Im Folgenden möchten wir kurz auf die einzelnen Textstellen und unser Problem damit eingehen.

Keine falschen Vergleiche

Z.: „The victims are now the executioners, murderers they have become … you follow in the footprints of the Nazis, acting as they did“

Obwohl Vergleiche mit dem deutschen Faschismus eine unfassbare, aber regelmäßige Erscheinung auch in linker Propaganda sind, bleiben sie historisch falsch, sind politisch gefährlich und relativierend. Angesichts der derzeitigen Situation sind Kritik und Widerstand gegen die Besetzung, Kollektivbestrafung, staatlich organisierte Morde und die Militärpräsenz selbstverständlich legitim und angebracht. Gleichzeitig ist die Situation in Palästina/Israel aber in keinster Weise vergleichbar mit dem industriell organisierten Massenmord, der die Shoah war. Derartige Vergleiche zu ziehen, reduziert die Shoah zu einem „ethnischen Konflikt“, zu einem „Kriegsverbrechen unter vielen“ und relativiert und verschleiert damit die Singularität des industriell organisierten Massenmords durch einen modernen westlichen Staat, mitgetragen durch große Teile der Bevölkerung.

Nationalstaaten abschaffen

Z.: „Death to Israel“

Während eine wenig reflektierte anti-nationalistische Haltung meinen könnte, dass diese Forderung genauso berechtigt ist, wie sich den Tod Deutschlands, Frankreichs, der USA oder jedes anderen Staates zu wünschen, ist die Forderung in der heutigen Situation zu vereinfacht. Es ignoriert konkret den historischen Kontext der Gründung Israels sowie die derzeitige politische Situation vor Ort und die realen Folgen, die eine Umsetzung dieser Forderung heute für Millionen Jüdinnen und Juden hätte.

Der Staat Israel ist eine direkte Folge der Shoah und repräsentiert auch heute noch eine der wenigen Garantien dafür, dass Pogrome und organisierter Massenmord an Jüdinnen und Juden nie wieder in solchen Ausmaßen organisiert werden können. Selbstverständlich sollte das Ziel in der Region sein, wie PFLP Kämpferin Leila Khaled formulierte, „Palästina zu einem menschlichen Paradies für Araber, Juden und alle Liebhaber der Freiheit“ zu machen. So lange Antisemitismus existiert und Schutz von jüdischen Menschen vornehmlich über den Nationalstaat Israel realisiert wird, muss das Recht von Juden auf Selbstbestimmung geachtet werden, egal ob dies zu einer Ein-, Zwei-, oder Kein-Staaten Lösung führt. Die Forderung nach Israels Tod negiert das Recht auf Leben der Millionen Menschen, die dort wn und bewegt sich ganz klar außerhalb einer akzeptablen Position zum Thema.

Für einen emanzipatorischen Kampf

Z.: „When our mothers cry, when our brothers bleed, when our lands are brutally occupied... what can I do other than sacrifice my soul?!“

Wir stellen ernsthaft in Frage, ob die Interpretation dieser Liedzeile mit der Meinung der Band in Einklang steht. Im Kontext des gesamten Liedes ist es aber zumindest nicht abwegig hierin eine Rechtfertigung für Selbstmordattentate zu erkennen.

Die Idee, sich selbst zu opfern, ist inhärent reaktionär und obskur. Es kann nicht von einem besseren Leben nach diesem ausgegangen werden, und das einzige Paradies, das es zu schaffen gilt, ist hier auf Erden. Die „Opferung der Seele“ wurde durch die gesamte Geschichte hindurch als reaktionäre Idee zur Kontrolle und Herrschaft von Menschen über Menschen genutzt.

Internationale Solidarität

Wir verstehen uns als Teil einer breiten, internationalen, radikalen, außerparlamentarischen Linken. Wir sind uns bewusst, dass politische Diskurse in anderen Ländern unterschiedlich verlaufen. In Situationen, in denen unsere Diskurse konträr verlaufen, setzen wir weiterhin auf Kooperation und Diskussion statt auf Isolation. Unserer Erfahrung nach ist es viel effektiver, Probleme solidarisch zu thematisieren, statt zu vereinfachen und zu verurteilen.

Wir haben weiterhin großen Respekt für die GenossInnen von Zartako und ihre Rolle im antifaschistischen Kampf ist uns genauso bekannt wie ihr Konflikt mit dem spanischen Staat wegen ihrer kompromisslosen Haltung zu baskischer Selbstbestimmung und Sozialismus. Wir hoffen, sie sehen diesen Text als die solidarische Kritik, die er ausdrücken soll, so dass wir eine Diskussion beginnen können in der Hoffnung auf zukünftige Kooperation. Genauso hoffen wir auf Verständnis dafür, dass diese Diskussion nicht unter Zeitdruck und mit einem Termin im Nacken fruchten kann, dass wir uns mit einer derartigen Sicht auf Palästina/Israel nicht anfreunden können und dass das der Grund für die Absage des Konzertes und die Rücknahme der CDs aus dem Versand war.

Unsere Position ist an der Seite derjenigen ist, die gegen Unterdrückung und Herrschaft kämpfen und eine Perspektive kann demnach nur sein, sich auf die progressiven Kräfte in Israel/Palästina zu beziehen, die gegen reaktionäre Elemente in der Gesellschaft und für emanzipatorische und säkulare Alternativen kämpfen.

Gegen Antisemitismus, Rassismus und Militarismus.

Für die soziale Revolution

Bottom Line