headergrafik 1headergrafik 2headergrafik 3
 

Antifademo in Eschede (bei Celle) am 21.06.2008

Die Antifa Aktion Lüneburg/Uelzen sowie die Antifa Aktion Celle organisierten eine Antifademo gegen ein Treffen von Neonazis in Eschede am 21. Juni 2008. An der Demo beteiligten sich ca. 300 AntifaschistInnen. Auch die A.L.I. aus Göttingen rief zur Demo auf hielt einen Redebeitrag.

Alle weiteren Infos findet Ihr unter www.schlussmitnahtzischeiss.tk

Im folgenden dokumentieren wir den Aufruf der Antifa Aktion Lüneburg/Uelzen und der Antifa Aktion Celle.


Schluss mit dem Na[ht]zischeiss
Nazitreffen in Eschede verhindern


Knapp 20 Kilometer nordöstlich von Celle,etwas außerhalb von Eschede liegt Hof Nahtz ein kleiner Bauernhof in der Südheide. Doch leider wird hier nicht nur Ackerbau und Viehzucht betrieben, der Hof ist seit 20 Jahren auch kontinuierlich ein Ort für Großveranstaltungen der extremen Rechten. Für den 21. Juni ist damit zu rechnen das die norddeutsche Neonaziszene dort eine Sommersonnwendfeier durchführt.

Halbjährlich finden dort Sonnwendfeiern statt, bei denen es sich keineswegs um harmlose Treffen von Freunden germanischer Rituale handelt: Sonnwendfeiern sind wie andere germanische Kulte auch Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie und wurden seit langem dazu genutzt, um das Gefühl der „Blutsgemeinschaft“ zu fördern.Die Besucherschaft dieser Treffen rekrutiert sich vor allem aus dem Spektrum der sogenannten „freien Kameradschaften“ aus Norddeutschland. Neben der Celler „Kameradschaft 73“ ist wohl vor allem die Teilnahme von Mitgliedern der „Nationalen Offensive Schaumburg“ zu erwähnen, die in den letzten Jahren durch ihre besonders brutale Vorgehensweise gegen politische Gegner und andere Menschen auch die Aufmerksamkeit vieler Medien bekommen hat. Teil dieser Gruppierung ist auch Marco Siedbürger, der 1999 in Eschede Peter Deutschmann zu Tode prügelte. Joachim Nahtz - der Besitzer des Hofs – der selbst zuletzt 2008 für die NPD kandidierte, ermöglicht so der gewaltbereiten Neonaziszene regelmäßige Treffen, deren Relevanz nicht zu unterschätzen ist.

So fanden auf seinem Hof außerdem mehrere Wehrsportlager, wie z.B. 1992 von der später verbotenen „Nationalen Liste“ aus Hamburg statt. Bei einer Hausdurchsuchung wurden bei Nahtz Waffen, SS-Liedgut und eine Reichskriegsflagge sichergestellt. Zudem war der Hof auch Veranstaltungsstätte für das Pfingstlager der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) im Jahr 2007. Diese Organisation verfolgt eine Erziehung von Kindern und Jugendlichen nach NS-Ideologie und gilt als Nachfolgeorganisation der 1994 verbotenen „Wiking Jugend“.

Es existierte im Landkreis Celle von 1979 bis 1998 bereits ein Neonazi-Schulungszentrum, auf dem eben diese Organisation ihre Lager veranstalte. Auf einem größeren Grundstück, welches den Vereinen des Neonazi-Rechtsanwaltes Jürgen Rieger aus Hamburg gehörte, trafen sich jahrzehntelang verschiedenste Naziorganisationen. Nach antifaschistischen Protesten und vielen Medienberichten über das Treiben in Hetendorf wurden zwei Vereine von Rieger verboten und das Nazizentrum geschlossen.
Die oben genannten Veranstaltungen auf Hof Nahtz sind nur einige wichtige Beispiele von bekannten Aktivitäten. Was dort – gerade aufgrund von Nahtz engem Kontakt zur gut vernetzten Kameradschaft 73 – noch für weitere Treffen abgehalten werden, bleibt im Ungewissen . Fest steht jedoch, dass all diese Veranstaltungen der Vernetzung von Kameradschaften und der Förderung von NS -Ideologie dienen und damit aktiv die Strukturen der Neofaschisten stärken.
Dies darf nicht weiter so hingenommen werden – wir treten für ein sofortiges Ende der Nazitreffen auf Hof Nahtz ein.

Doch ein Ende dieser Treffen kratzt nur an der Oberfläche all der Probleme, vor denen unsere Gesellschaft steht. Denn nationalistische, rassistische, antisemitische und sexistische Denk- und Verhaltensweisen werden tagtäglich in der Mitte unserer Gesellschaft reproduziert. Die Einteilung in „lebenswürdige“ und „lebensunwerte“ Menschen wird nicht nur den Kindern auf dem HDJ-Treffen in Eschede beigebracht. Staatlicher Rassismus schickt Jahr für Jahr Menschen anderer Herkunft in den Tod oder in Folterknäste, weil sie in Deutschland kein Asyl bekommen und wieder in die Länder abgeschoben werden, aus denen sie geflohen sind.
Die Gleichberechtigung der Frauen ist noch lange nicht erreicht, so sieht nicht nur der Nationalsozialismus die Frauen am liebsten als Mutter und Hausfrau – noch immer fallen die Löhne der Frauen häufig deutlich geringer aus als die der Männer obwohl sie zudem meist einer Doppelbelastung durch Familie und Lohnarbeit ausgesetzt sind. Auch die Hartz-Reformen verstärken die Position der Frauen am Herd. Grundsätzlich zählt in der kapitalistischen Gesellschaft nur die Leistung, die der Einzelne für die Wirtschaft erbringen kann, wer nicht mithalten kann hat verloren. Menschen, die keinen Beruf haben werden als „asozial“ abgewertet und sozial ausgegrenzt. Diejenigen, die sich nicht in gewöhnliche Arbeitsverhältnisse integrieren lassen oder wollen, werden in Zwangsjobs mit einem zynischen Lohn von 1€ pro Stunde gesteckt.
Doch eine Gesellschaft sollte nicht von der Verwertbarkeit menschlicher Arbeitskraft, nicht von der Einteilung in bessere und schlechtere Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechts oder ihres Aussehens bestimmt werden. Wir kämpfen für eine Gesellschaft Rassismus, sexistische Rollenaufteilungen, den Zwang zur Lohnarbeit.
Es ist also nicht nur notwendig, den Nazis das Leben so schwer wie möglich zu machen - es gilt auch, die Ursachen zu bekämpfen, die zur Entwicklung rechter Einstellungen führen. Dazu ist es wichtig, die Perspektive einer emanzipatorischen Gesellschaft zu formulieren und voranzutreiben.

„Die Vernichtung des Faschismus mit seinen Wurzeln, der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“


Redebeitrag der Antifaschistischen Linken International A.L.I. aus Göttingen

während der antifaschistischen Demonstration am 21. Juni 2008 in Eschede

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter!

Was hier auf dem Hof Nahtz in Eschede geschieht ist kein Einzelfall. Seit einiger Zeit etablieren sich Neonazis überall in den ländlichen Regionen und versuchen dort ihre Strukturen zu organisieren. Ob hier im Celler Umland oder bei Göttingen aus dem Harz heraus, verfolgen die Faschisten im ruhigen Hinterland weitgehend ungestört und zunehmend offensiver ihre Strategie "vom Land aus die Städte zu erobern".

Um aus der reinen Defensive gegen faschistische Strukturen heraus zu kommen und die Initiative zurück zu gewinnen gilt es daher den Faschisten dorthin nach zu setzen, wo sie sich organisieren und ihnen kein ruhiges Hinterland zu lassen!

Auf diese Weise konnte hier im Landkreis Celle beispielsweise bereits die Schließung des Nazizentrums in Hetendorf durchgesetzt werden. In Bad Lauterberg im Harz gelang die Belebung der antifaschistischen Kräfte vor Ort in einem Bündnis aus über 20 Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen. Vorläufiger Höhepunkt der dortigen Kampagne war eine von der A.L.I. initiierte Bündnisdemonstration mit über 700 AntifaschistInnen aus ganz Norddeutschland.

Diese Bündnisarbeit ist - bei allen Widersprüchen - wichtiges und notwendiges Mittel um gegen Neonazistrukturen und ihre Rückzugsräume vorzugehen, antifaschistische Kräfte handlungsfähig zu machen und eine antifaschistische Kultur gegen die rechte Dominanz zu etablieren.

Aufgabe ist die Stärkung der antifaschistischen Strukturen vor Ort, die solidarische Zusammenarbeit und die übergreifende Organisierung des antifaschistischen Widerstandes!

Ebenso wichtig wie die pragmatische Zusammenarbeit in Bündnissen ist es jedoch, sich nicht mit einer "Alle gegen Nazis"-Losung zufrieden zu geben! Das ruhige "Hinterland für Neonazis" kommt nicht von ungefähr! Es entspringt einem gesellschaftlichen Klima des Wegsehens, des Verschweigens, der mehr oder weniger heimlichen Zustimmung. Dieses Klima ist eingebettet in eine staatliche Politik rassistischer Abschottung und tödlicher Abschiebepraxis. Die Faschisten werden dabei - so wie heute auch hier - immer wieder geschützt durch die Polizei und die staatlichen Ordnungsbehörden und mitfinanziert durch den Verfassungsschutz!

Ziel antifaschistischer Initiative muss es sein, die Konfrontation mit diesen Verhältnissen auf allen Ebenen zu forcieren. Die radikale Linke mit ihrem Ansatz des konfrontativen Antifaschismus muss daher auch ihre Bündnisse zu Schauplätzen der Auseinandersetzung mit diesen gesellschaftlichen Verhältnissen machen. Antifaschistischer Kampf heißt immer auch Kampf dem nationalistischen Chauvinismus, Rassismus und Antisemitismus aus der Mitte dieser Gesellschaft!

Daher gilt:

Gemeinsam gegen das faschistische Treiben auf dem Hof Nahtz in Eschede! Gegen den alltäglichen staatlichen Rassismus und Überwachungswahn!Für eine starke antifaschistische Kultur! Zusammen, auf allen Ebenen, mit allen Mitteln! Die Ruhe im Hinterland ist vorbei!

Bottom Line